Johannes 1,29 Gott sprengt deine Box → „Am nächsten Tag bemerkte Johannes, dass Jesus zu ihm kam. Da rief er: »Seht, das ist Gottes Opferlamm, das die Sünde der Menschen wegnimmt“

Fettgedrucktes für schnell Leser…

Einleitender Impuls:

Manchmal wünsche ich mir einen Gott, der mit Löwenstärke eingreift – stark, deutlich, sichtbar. Doch Johannes zeigt auf Jesus und nennt ihn ausgerechnet das „Lamm Gottes“ (Johannes 1,29). Ein Lamm! Sanft, still, scheinbar schwach. Kein Donner, kein Sturm, keine schnelle Lösung. Wenn ich ehrlich bin, irritiert mich das manchmal. Denn wer will schon ein Lamm, wenn eigentlich ein Löwe gebraucht wird? Aber vielleicht ist genau das unser Problem: Wir verpassen Gott nicht, weil er nicht da ist, sondern weil er anders ist, als wir denken. Die Stärke Gottes zeigt sich in radikaler Hingabe, nicht in roher Gewalt.

Und genau darin liegt die tiefe Kraft dieses Satzes. Das Lamm Gottes trägt die „Sünde der Welt“ – nicht nur meine einzelnen Fehler, sondern die gesamte Trennung, alles, was zwischen mir und Gott steht. Theologisch gesprochen bedeutet das, Gott nimmt meine Last endgültig weg. Und doch merke ich, wie ich im Alltag oft weiter kämpfe, Schuldgefühle herumtrage oder mich innerlich anstrenge, um Gott etwas zu beweisen. Es ist absurd, aber irgendwie menschlich: Ich bekomme Freiheit geschenkt, packe sie aber nicht aus. Jesus hat alles getan – doch warum lebe ich manchmal so, als würde das nicht ausreichen?

Vielleicht wäre es gut, wenn ich heute anfange, Gott weniger nach meinen eigenen Vorstellungen zu suchen und mehr darauf achte, wo er wirklich handelt. Vielleicht wäre es besser, mich endlich zu trauen, meine eigenen Erwartungen loszulassen und mich auf das einzulassen, was Gott tatsächlich ist: Das Lamm, das genug getan hat, damit ich frei sein kann. Und vielleicht könnte genau das meinen Alltag wirklich verändern – nicht weil alle Probleme verschwinden, sondern weil ich begreife, dass ich sie nicht alleine tragen brauche. Die größte Stärke ist am Ende nicht Kontrolle, sondern Vertrauen – und die Erkenntnis, dass das Lamm Gottes genug ist. Das ist nicht immer easy, aber könnte sich definitiv lohnen.

Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:

  1. Wo in deinem Leben erwartest du einen „Löwen“, während Gott sich als „Lamm“ zeigt?
  2. Welche Ängste oder Zweifel halten dich davon ab, wirklich loszulassen und Gott zu vertrauen?
  3. Was wäre anders, wenn du heute begreifen würdest, dass Jesus deine Schuld bereits getragen hat – ganz real, ohne Restschuld?

Parallele Bibeltexte als Slogans mit Anwendung:

Jesaja 55,8-9 – „Meine Wege sind höher.“ → Gott sprengt Erwartungen – vielleicht ist sein Weg größer, als du denkst.

Matthäus 11,29 – „Lernt von mir: Ich bin sanftmütig.“ → Wahre Stärke liegt in Sanftmut und Vertrauen, nicht in Kontrolle.

1. Korinther 1,27-28 – „Gott erwählt das Schwache.“ → Gottes Kraft zeigt sich oft in dem, was wir für unscheinbar halten.

Offenbarung 5,5-6 – „Der Löwe ist ein Lamm.“ → Jesu Sieg sieht anders aus, als die Welt ihn erwartet.

Wenn du wissen willst, warum wahre Stärke im Loslassen liegt und warum Jesus als Lamm gekommen ist – und nicht als Löwe –, dann nimm dir 20 Minuten und tauche tiefer ein – vielleicht ändert sich dein Blick auf Gott für immer.

Die Informationen für den Impuls hole ich mir meistens aus BibleHub.com damit auch du es nachschlagen kannst.


Schön, dass wir uns heute Zeit nehmen, um Johannes 1,29 genauer zu betrachten. Bevor wir in diesen kraftvollen Moment eintauchen, lass uns mit einem Gebet beginnen:

Liebevoller Vater, als Johannes den Täufer an jenem Tag am Jordan stehen sah, sprach er Worte, die wie ein Echo durch die Jahrhunderte hallen: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!“ Diese Worte sind gewaltig – sie tragen das ganze Evangelium in sich. Doch oft überfliegen wir sie, ohne wirklich zu begreifen, was sie bedeuten. Öffne unser Herz und unseren Verstand, damit wir heute tiefer eintauchen können. Zeige uns, was Johannes in diesem Moment sah, und wie es unser eigenes Leben verändern kann.

In Jesu Namen beten wir,

Amen.

Und jetzt? Jetzt beginnt eine Reise, die mehr ist als ein historischer Bericht. Denn wenn Johannes das Lamm Gottes sieht, dann geht es nicht nur um ihn – es geht um dich. Um mich. Um alles. Schnall dich an, denn wir stehen am Rand eines tiefen Geheimnisses, das dein Bild von Jesus für immer verändern könnte. Bereit? Dann los.

Der Text:

Zunächst werfen wir einen Blick auf den Text in verschiedenen Bibelübersetzungen. Dadurch gewinnen wir ein tieferes Verständnis und können die unterschiedlichen Nuancen des Textes in den jeweiligen Übersetzungen oder Übertragungen besser erfassen. Dazu vergleichen wir die Elberfelder 2006 (ELB 2006), Schlachter 2000 (SLT), Luther 2017 (LU17), Basis Bibel (BB) und die Hoffnung für alle 2015 (Hfa).

Johannes 1,29

ELB 2006 Am folgenden Tag sieht er Jesus zu sich kommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!

SLT Am folgenden Tag sieht Johannes Jesus auf sich zukommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt!

LU17 Am nächsten Tag sieht Johannes, dass Jesus zu ihm kommt, und spricht: Siehe, das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt!

BB Am nächsten Tag sieht Johannes Jesus zu sich kommen. Da sagt er: »Seht doch! Das ist das Lamm Gottes. Es nimmt die Sünde dieser Welt weg!

HfA Am nächsten Tag bemerkte Johannes, dass Jesus zu ihm kam. Da rief er: »Seht, das ist Gottes Opferlamm, das die Sünde der Menschen wegnimmt.

Der Kontext:

In diesem Abschnitt geht es darum, die grundlegenden Fragen – das „Wer“, „Wo“, „Was“, „Wann“ und „Warum“ – zu klären. Das Ziel ist es, ein besseres Bild von der Welt und den Umständen zu zeichnen, in denen dieser Vers verfasst wurde. So bekommen wir ein tieferes Verständnis für die Botschaft, bevor wir uns den Details widmen.

Kurzgesagt: Johannes 1,29 ist ein Wendepunkt. In einem einzigen Satz kollidieren Jahrhunderte alter Erwartung mit einer radikalen Realität. Johannes der Täufer, der letzte Prophet des Alten Bundes, zeigt auf Jesus und ruft: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!“ Und damit wirft er eine Bombe in die Vorstellung der Menschen.

Previously on… Seit Jahrhunderten wartet Israel. 400 Jahre Stille seit Maleachi. Kein Prophet, keine Stimme. Nur Sehnsucht. Doch die Erwartungen könnten nicht unterschiedlicher sein: Die einen hoffen auf einen königlichen Befreier, der die Römer aus dem Land jagt. Die anderen erwarten einen göttlichen Lehrer mit überirdischer Weisheit. Und dann gibt es noch diejenigen, die einfach nur wollen, dass Gott endlich sichtbar eingreift.

In diese aufgeladene Atmosphäre hinein kracht Johannes der Täufer – ein Mann, der aussieht, als wäre er aus Jesajas Zeiten in die Gegenwart teleportiert worden. Kamelhaar-Kleidung, Heuschrecken auf dem Speiseplan, eine Stimme wie Donner. Seine Botschaft? „Kehrt um! Bereitet den Weg für den, der kommen wird!“ Und die Leute kommen. Scharenweise. Pharisäer, Soldaten, Zöllner, einfache Bauern – alle lassen sich taufen und fragen: „Was sollen wir tun?“

Dann passiert es. Ein Mann tritt aus der Menge. Kein Blitz. Kein Feuer. Kein himmlischer Chor. Nur Jesus. Johannes hält inne. Alle Blicke ruhen auf ihm. Was wird er sagen? Wird er Jesus als zukünftigen König ankündigen? Als Wundertäter? Als göttlichen Richter?

Doch dann sagt er etwas völlig Unerwartetes: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!“ Moment mal. Ein Lamm? Erwartet hatten sie einen Löwen. Einen Krieger. Einen Herrscher mit göttlicher Feuerkraft. Stattdessen? Ein Lamm.

Und genau hier liegt die Spannung. Im Tempel floss täglich Blut. Priester opferten Lämmer, um die Sünden des Volkes zu sühnen. Jeder Jude wusste: Ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung. Aber Johannes zeigt nicht auf einen Altar. Er zeigt auf einen Menschen. Und erklärt: Er ist das Opfer. Ein einziges, endgültiges Opfer. Kein Priester mehr nötig, der opfert. Kein endloses Ritual mehr. Ein einziger Akt, der alles verändert.

Diese Aussage ist revolutionär – und brandgefährlich. Wenn das wahr ist, dann braucht es keinen Tempel mehr, keine Vermittler, keine Tieropfer. Mit einem Satz stellt Johannes die komplette religiöse Struktur auf den Kopf. Und genau hier beginnt unsere Reise.

Warum ein Lamm? Warum nicht ein Löwe, ein König, ein Engel? Und was genau bedeutet es, „die Sünde der Welt wegzunehmen“? Mach dich bereit – es wird tief.

Die Schlüsselwörter:

In diesem Abschnitt wollen wir uns genauer mit den Schlüsselwörtern aus dem Text befassen. Diese Worte tragen tiefere Bedeutungen, die oft in der Übersetzung verloren gehen oder nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Wir werden die wichtigsten Begriffe aus dem ursprünglichen Text herausnehmen und ihre Bedeutung näher betrachten. Dabei schauen wir nicht nur auf die wörtliche Übersetzung, sondern auch darauf, was sie für das Leben und den Glauben bedeuten. Das hilft uns, die Tiefe und Kraft dieses Verses besser zu verstehen und ihn auf eine neue Weise zu erleben.

Johannes 1,29 – Ursprünglicher Text (Nestle-Aland 28):

Τῇ ἐπαύριον βλέπει τὸν Ἰησοῦν ἐρχόμενον πρὸς αὐτὸν καὶ λέγει· ἴδε ὁ ἀμνὸς τοῦ θεοῦ ὁ αἴρων τὴν ἁμαρτίαν τοῦ κόσμου.

Übersetzung Johannes 1,29 (Elberfelder 2006):

„Am folgenden Tag sieht er Jesus zu sich kommen und spricht: Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt.“

Semantisch-pragmatische Kommentierung der Schlüsselwörter

  • βλέπει (blepei) – „sieht“: Das griechische Verb βλέπω bedeutet mehr als nur physisches Sehen. Es trägt die Bedeutung eines bewussten Wahrnehmens, eines geistlichen Erkennens. In Johannes 9,39 sagt Jesus selbst: „Ich bin zum Gericht in diese Welt gekommen, damit die, die nicht sehen, sehen werden und die, die sehen, blind werden.“ Dieses „Sehen“ ist also nicht nur optisch – es geht darum, mit den Augen des Herzens zu begreifen, wer Jesus wirklich ist.
  • Ἰησοῦν (Iēsoun) – „Jesus“: Die griechische Form des Namens „Jeschua“ bedeutet „Der Herr rettet“. Das ist nicht zufällig: Schon in Matthäus 1,21 wird gesagt, „Er wird sein Volk retten von ihren Sünden.“ Johannes ruft also nicht einfach einen Namen aus, sondern macht mit einem Wort deutlich, dass hier die Erfüllung des Erlösungsplans Gottes steht.
  • ἐρχόμενον (erchomenon) – „kommen“: Dieses Partizip beschreibt eine aktive Bewegung Jesu auf Johannes zu – und das ist entscheidend. Jesus kommt nicht zufällig, sondern absichtlich. Es erinnert an Mal 3,1: „Siehe, ich sende meinen Boten, der den Weg bereiten soll vor mir her, und plötzlich wird zu seinem Tempel kommen der Herr, den ihr sucht.“ Johannes ist dieser Bote, Jesus ist der Erwartete.
  • λέγει (legei) – „sagt“: Johannes „sagt“ nicht einfach, er verkündet. Im Alten Testament wurde ein prophetisches Wort oft mit einer Realität verknüpft: „Es werde Licht“ – und es ward Licht (Gen 1,3). Johannes spricht mit prophetischer Autorität – seine Worte schaffen eine neue Realität, indem sie Jesus als das Lamm Gottes deklarieren.
  • ἴδε (ide) – „siehe“: Dieses Imperativwort ist ein Aufruf zur vollen Aufmerksamkeit. „Siehe!“ bedeutet nicht nur „Schau mal hin“, sondern „Erkenne die Wahrheit über diese Person!“ Im biblischen Sprachgebrauch ist dieses Wort oft eine dringliche Aufforderung, geistlich zu begreifen, was geschieht.
  • ἀμνὸς (amnos) – „Lamm“: Ein hoch aufgeladenes Wort. Im jüdischen Tempelkult war das Lamm das zentrale Opfertier – sowohl im täglichen Morgen- und Abendopfer (2. Mo 29,38-42) als auch am Passahfest. Hier gibt es eine direkte Verbindung zu Jesaja 53,7, wo der Messias als „Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird“ beschrieben wird. Johannes identifiziert Jesus mit diesem leidenden Gottesknecht, der sich freiwillig für die Sünde opfert.
  • θεοῦ (theou) – „Gottes“: Der Genitiv zeigt, dass dieses Lamm nicht aus Menschenhand kommt, sondern direkt von Gott gesandt ist. In Römer 8,32 heißt es: „Er hat sogar seinen eigenen Sohn nicht verschont, sondern ihn für uns alle hingegeben.“ Jesus ist Gottes eigenes Opferlamm, das Er selbst bereitstellt – das ultimative Zeichen göttlicher Liebe.
  • αἴρων (airōn) – „wegnimmt“: Wörtlich bedeutet αἴρω „aufheben, tragen, fortschaffen“. Dieses Wort ist doppeldeutig – es meint sowohl das aktive Tragen als auch das endgültige Entfernen. Jesus nimmt die Sünde der Welt auf sich (Jes 53,4-5: „Er hat unsere Krankheit getragen…“), um sie wegzutragen. Die Verbindung zu Lev 16,22, dem Sündenbock, der die Sünden des Volkes in die Wüste trägt, ist hier offensichtlich. Jesus ist das wahre Opfer, das die Sünde nicht nur „deckt“, sondern endgültig beseitigt.
  • ἁμαρτίαν (hamartian) – „Sünde“: Der Begriff ἁμαρτία bedeutet nicht nur einzelne Sünden, sondern den gesamten Zustand der Trennung von Gott. In Römer 5,12 wird gesagt, dass durch Adam die Sünde in die Welt kam – und hier sehen wir, dass Jesus sie aus der Welt nimmt. Es geht nicht nur um die Schuld des Einzelnen, sondern um die gesamte menschliche Rebellion gegen Gott.
  • κόσμου (kosmou) – „der Welt“: Hier liegt eine radikale Dimension: Das Opfer Jesu ist universal. In 1. Johannes 2,2 heißt es: „Er ist die Sühnung für unsere Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.“ Das bedeutet, dass Jesu Opfer nicht auf Israel begrenzt ist – es gilt jedem Menschen, jeder Kultur, jeder Zeit.

ok, nun haben wir einen semantischen und theologischen Einblick. Doch was bedeutet das nun theologisch? Welche Auswirkungen hat diese Offenbarung auf unser Gottesbild, unser Verständnis von Sünde und Erlösung? Genau das wird unser nächster Schritt sein.

Ein Kommentar zum Text:

Johannes steht mitten in der staubigen Landschaft am Jordan, die Sonne brennt vom Himmel, und um ihn herum eine Menschenmenge, die auf jedes seiner Worte wartet. Und dann – dieser eine Satz, der die Theologie auf den Kopf stellt: „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!“ (Johannes 1:29). Ein Satz, so oft zitiert, dass man fast darüber hinwegliest – aber warte mal. Lamm Gottes? Warum nicht „der Löwe von Juda“ oder „der König Israels“? Warum ein Opferlamm – das sich nicht verteidigt, sondern geschlachtet wird? Ist das wirklich der Messias, auf den Israel gewartet hat?

Die Antwort liegt tief in der jüdischen Geschichte verborgen. Der Ausdruck „Lamm Gottes“ – ὁ ἀμνὸς τοῦ θεοῦ (ho amnos tou theou) – war für Johannes‘ Zuhörer keine poetische Floskel, sondern ein Wort, das das Zentrum des jüdischen Glaubens berührte. Jeden Morgen und Abend wurde im Tempel ein fehlerloses Lamm geopfert (2. Mose 29:38-42). Warum? Weil die Sünde Trennung von Gott bedeutete, und Blut war das Mittel, um diese Trennung zu überbrücken (3. Mose 17:11). Aber – und das ist der Knackpunkt – diese Opfer waren niemals genug. Die Schuld war nie vollständig getilgt.

Jetzt zeigt Johannes auf einen Mann und sagt: „Hier ist das wahre Opferlamm. Kein Tier, keine Wiederholung, keine Notlösung – sondern ein endgültiges, perfektes Opfer.“ Diese Aussage ist radikal. Wenn Jesus wirklich das ultimative Lamm ist, dann ist der gesamte Tempelkult hinfällig. Genau das greift der Hebräerbrief auf: „Denn es ist unmöglich, dass das Blut von Stieren und Böcken Sünden wegnimmt.“ (Hebräer 10:4). Und dann der Gamechanger: „Wir sind geheiligt durch das ein für alle Mal geschehene Opfer des Leibes Jesu Christi.“ (Hebräer 10:10). Johannes sagt also nicht nur, dass Jesus ein weiteres Opfer ist – er ist das letzte Opfer.

Aber Moment. Wenn Gott Liebe ist, warum fordert er dann ein Opfer? Warum dieses Blutvergießen? Ist das nicht ein archaisches Konzept? Hier kommt αἴρων (airōn) – „wegnimmt“ ins Spiel. Dieses Wort bedeutet sowohl „aufheben“ als auch „forttragen“. Jesus „nimmt die Sünde der Welt weg“, indem er sie auf sich nimmt (Jesaja 53:4-5). Er ist nicht nur das Opfer – er ist auch der Hohepriester, der sich selbst darbringt (Hebräer 7:27). Das Kreuz ist also nicht das Opfer eines wütenden Gottes, sondern die Selbsthingabe eines liebenden Gottes.

Doch Johannes geht noch weiter. Er sagt nicht, dass Jesus „die Sünden“ wegnimmt – sondern „die Sünde“ (ἁμαρτίαν – hamartian) der Welt. Singular. Es geht nicht nur um einzelne Verfehlungen, sondern um die gesamte Trennung zwischen Gott und Mensch. Adam brachte die Sünde in die Welt (Römer 5:12), Jesus trägt sie hinaus. Hier zeigt sich ein Konzept, das Paulus später entfalten wird: Jesus ist der „zweite Adam“ (ὁ δεύτερος Ἀδάμ – ho deuteros Adam), der alles rückgängig macht, was der erste Adam zerstört hat (1. Korinther 15:45).

Und dann das letzte Puzzlestück: κόσμος (kosmos) – „die Welt“. Johannes beschränkt Jesu Erlösungswerk nicht auf Israel. Das Lamm Gottes trägt nicht nur die Sünde eines Volkes, sondern die Last der gesamten Menschheit. Das ist ein Hammerstatement. In einer Zeit, in der Heiden sich außerhalb des göttlichen Bundes wähnten, verkündet Johannes, dass dieses Opfer für alle gilt (1. Johannes 2:2).

Aber Moment – wenn Jesus „die Sünde der Welt wegnimmt“, warum gibt es dann immer noch Sünde? Warum ist die Welt nicht bereits erlöst? Hier liegt ein spannendes theologisches Paradox: Jesu Werk ist bereits vollbracht – aber noch nicht in seiner ganzen Fülle sichtbar. Theologen sprechen hier vom „Schon jetzt – Noch nicht“-Prinzip (Already but not yet). Das Reich Gottes ist gekommen, aber noch nicht vollendet. Jesus spricht selbst davon: „Das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lukas 17:21), aber wir beten immer noch „Dein Reich komme.“ (Matthäus 6:10).

Ein weiteres faszinierendes Bild finden wir in Offenbarung 5:5-6. Dort wird Jesus zunächst als „der Löwe von Juda“ angekündigt – aber als Johannes hinsieht, sieht er keinen Löwen, sondern ein Lamm, das wie geschlachtet aussieht. Ein bewusster Kontrast. Der Sieg Jesu kommt nicht durch Macht und Gewalt, sondern durch sein Opfer.

Und genau hier wird die Frage spannend: Wenn Jesus die Sünde wegnimmt, was bedeutet das für dich? Wenn das Kreuz real ist, warum leben wir oft noch so, als wären wir gefangen? Warum kämpfen wir mit Schuld, mit Zweifel, mit Angst? Hat das Kreuz eine reale Auswirkung auf dein Leben – oder bleibt es nur eine theologische Theorie?

Genau das schauen wir uns jetzt an – mit einer SPACE-Anwendung, die uns hilft, den Text praktisch zu machen.

Die SPACE-Anwendung*

Die SPACE-Anwendung ist eine Methode, um biblische Texte praktisch auf das tägliche Leben anzuwenden. Sie besteht aus fünf Schritten, die jeweils durch die Anfangsbuchstaben von „SPACE“ repräsentiert werden:

S – Sünde (Sin)

Es gibt eine Sünde, die sich durch diesen Text zieht – eine, die so alt ist wie die Menschheit selbst und trotzdem heute noch genauso aktuell ist: Die falsche Vorstellung davon, wer Gott ist und wie er handelt. Die Menschen zur Zeit Jesu erwarteten einen machtvollen Befreier, einen politischen Messias, der ihre Feinde vertreibt. Stattdessen kam Jesus als Lamm. Nicht bewaffnet, nicht mit königlicher Autorität – sondern als Opfer.

Das Problem? Wenn wir ein falsches Bild von Gott haben, dann verpassen wir ihn. Das war nicht nur das Dilemma der Pharisäer oder der Volksmengen damals – es ist unser Dilemma. Wir stellen uns Gott oft so vor, wie wir ihn gerne hätten: den Problemlöser auf Abruf, den moralischen Aufpasser, den stillen Beobachter im Himmel. Doch Jesus kommt und stellt unser Denken auf den Kopf. Was, wenn Gott nicht in erster Linie daran interessiert ist, unsere Umstände zu ändern – sondern unser Herz? Genau hier liegt die Herausforderung. Schon Paulus beschreibt, dass Menschen sich ihr eigenes Bild von Gott formen: „Sie haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht“ (Römer 1,22-23). Das ist die Sünde, vor der wir aufpassen sollten: Gott nach unserem Bild zu formen, anstatt ihn so zu erkennen, wie er wirklich ist.

P – Verheißung (Promise)

Und hier kommt die unglaubliche Verheißung: Gott gibt uns nicht das, was wir erwarten – er gibt uns das, was wir wirklich brauchen. Jesus ist nicht gekommen, um ein politisches System zu verändern oder die Römer zu stürzen – er ist gekommen, um die eigentliche Gefangenschaft zu beenden: die Trennung von Gott. Und er trägt nicht nur unsere individuelle Schuld, sondern „die Sünde der Welt“ – alles, was zwischen uns und Gott steht.

Hier schließt sich ein großer Bogen: Das Lamm Gottes ist das wahre Passah-Lamm. Damals, in der Nacht des Exodus, wurde das Blut eines Lammes an die Türpfosten gestrichen – und die Israeliten wurden vor dem Gericht bewahrt (2. Mose 12). Jetzt ist Jesus dieses Lamm – nicht nur für Israel, sondern für die ganze Welt (vgl. 1. Korinther 5,7). Sein Blut bedeutet nicht nur Rettung aus Ägypten, sondern aus dem Kreislauf von Sünde und Trennung. Und das Beste: Niemand ist ausgeschlossen. Es gibt keine „zu weit gegangen“-Grenze, kein „für mich ist es zu spät“. Diese Verheißung gehört genau dir.

A – Aktion (Action)

Wenn das wahr ist, dann stellt sich die Frage: Was machen wir damit? Ein erster Schritt wäre, unser Bild von Gott zu hinterfragen. Erkenne ich ihn wirklich, oder halte ich an einer verzerrten Vorstellung fest? Stell dir vor, du bist am Flughafen und suchst jemanden, den du noch nie gesehen hast. Wenn du nach der falschen Person Ausschau hältst, kannst du direkt an ihr vorbeigehen – und glaubst am Ende, sie sei gar nicht gekommen. So ist es auch mit Jesus. Viele sagen, Gott sei nicht da – aber vielleicht suchen sie einfach an der falschen Stelle.

Zweitens: Lass die Last los. Jesus nimmt „die Sünde der Welt weg“ – doch viele von uns tragen ihre eigene immer noch herum, als ob er sie vergessen hätte. Das ist, als würdest du ein Geschenk bekommen, es aber nie auspacken. Wenn Jesus wirklich die Sünde trägt, dann bedeutet das: Du musst sie nicht mehr tragen. Aber wie oft halten wir noch an Schuld, an Selbstzweifeln, an einem Leistungsdenken fest, das uns glauben lässt, wir müssten uns Gottes Annahme erst verdienen? Jesus hat es auf sich genommen – also warum versuchen wir, es selbst zu tragen?

Eine Möglichkeit, diesem Jesus auf die Spur zu kommen, ist, das Johannes-Evangelium bewusst zu lesen – und sich jedes Mal zu fragen: „Wie wird Gott hier beschrieben? Passt das zu meinem Bild von ihm?“ Wenn nicht, ist das vielleicht eine Gelegenheit, unser Bild von ihm korrigieren zu lassen.

C – Appell (Command)

„Siehe!“ Das ist die Aufforderung in diesem Text. Johannes sagt nicht einfach „da ist Jesus“, sondern er ruft: „Erkenne ihn! Schau genau hin!“ Das bedeutet: Mach die Augen auf für das, was Gott wirklich tut. In Johannes 1,10 steht: „Er war in der Welt, und die Welt ist durch ihn geworden, doch die Welt erkannte ihn nicht.“ Genau das ist die Gefahr. Gott kann mitten unter uns sein – und wir merken es nicht.

Jesus selbst sagt: „Wer mich sieht, sieht den Vater.“ (Johannes 14,9) Die Frage ist also: Bist du bereit, Gott in Jesus zu entdecken? Oder hängst du noch an einem alten Gottesbild fest?

E – Beispiel (Example)

Zwei biblische Beispiele zeigen uns, was es bedeutet, Jesus zu erkennen – oder ihn zu verpassen. Johannes der Täufer ist das beste Vorbild dafür, wie man Gott wirklich erkennt. Er hätte seinen eigenen Ruhm suchen können, doch er sagt: „Er muss wachsen, ich aber muss abnehmen.“ (Johannes 3,30). Er schaut auf Jesus und erkennt: „Das ist das Lamm Gottes!“ Er hätte sich irren können – doch weil er nicht an eigenen Erwartungen festhielt, konnte er Jesus wirklich sehen.

Das Gegenbeispiel? Die Pharisäer. Sie hatten die Schriften, sie kannten die Prophezeiungen – und doch haben sie Jesus nicht erkannt. Warum? Weil er nicht in ihr Bild passte. In Matthäus 23,13 macht Jesus ihnen eine erschütternde Aussage: „Ihr verschließt das Reich der Himmel vor den Menschen; ihr selbst geht nicht hinein, und die hineingehen wollen, lasst ihr nicht hinein.“ Sie hätten als Erste die Tür sehen müssen – und stattdessen haben sie sie verriegelt.

Die Frage ist: Wo stehen wir? Sind wir bereit, Jesus zu erkennen, selbst wenn er anders ist als erwartet? Oder halten wir an einer Vorstellung fest, die uns blind macht?

Und genau hier setzen wir den nächsten Schritt an: die persönliche Identifikation mit dem Text. Was bedeutet es für dich, Jesus wirklich als das Lamm Gottes zu sehen?

Persönliche Identifikation mit dem Text:

In diesem Schritt stelle ich mir sogenannte „W“ Fragen: „Was möchte der Text mir sagen?“ in der suche nach der Hauptbotschaft. Dann überlege ich, „Was sagt der Text nicht?“ um Missverständnisse zu vermeiden. Ich reflektiere, „Warum ist dieser Text für mich wichtig?“ um seine Relevanz für mein Leben zu erkennen. Anschließend frage ich mich, „Wie kann ich den Text in meinem Alltag umsetzen/anwenden?“ um praktische Anwendungsmöglichkeiten zu finden. Weiterhin denke ich darüber nach, „Wie wirkt sich der Text auf meinen Glauben aus?“ um zu sehen, wie er meinen Glauben stärkt oder herausfordert. Schließlich frage ich, „Welche Schlussfolgerungen kann ich für mich aus dem Gesagten ziehen?“ um konkrete Handlungen und Einstellungen abzuleiten.

Manchmal frage ich mich, ob wir überhaupt bereit sind für einen Gott wie Jesus. „Siehe, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt wegnimmt!“ (Johannes 1,29) – klingt schön, oder? Aber wenn ich wirklich drüber nachdenke, ist das eine völlig absurde Szene. Stell dir vor, jemand steht heute auf einer Bühne, deutet auf eine unscheinbare Person und sagt: „Hier ist die Lösung für alles! Eure Ängste, eure Zweifel, eure gebrochenen Beziehungen, euer schlechtes Gewissen – alles wird durch ihn geheilt.“ Wie würdest du reagieren? Wahrscheinlich skeptisch. Klingt ein bisschen nach spiritueller Werbung, oder?

Das Problem ist nicht, dass Jesus nicht überzeugend genug ist – das Problem ist, dass er nicht unseren Erwartungen entspricht. Genau das ist der Kern dieses Verses. Johannes zeigt auf Jesus, aber er nennt ihn nicht „den Retter der Nation“, „den Befreier Israels“ oder „den mächtigen König“. Er nennt ihn ein Lamm. Und mal ehrlich: Wann hast du das letzte Mal ein Lamm mit Autorität und Durchsetzungskraft assoziiert? Ein Löwe brüllt, ein Adler gleitet majestätisch, ein Krieger reitet mit gezücktem Schwert – und ein Lamm? Es steht da. Wehrlos. Sanft. Und genau darin liegt die Kraft.

Die Menschen damals wollten einen Löwen – Jesus kam als Lamm. Und hier beginnt der Kampf in mir. Denn wenn ich ehrlich bin, hätte ich oft auch lieber einen Löwen. Einen Gott, der einfach eingreift, der mit Stärke aufräumt, der Chaos beseitigt, anstatt still inmitten des Chaos zu stehen. Aber genau hier liegt der Punkt: Gottes Stärke zeigt sich nicht in brutaler Macht – sondern in radikaler Hingabe. Das widerspricht allem, was wir gewohnt sind. Wenn du die Welt verändern willst, brauchst du Macht. Wenn du Respekt willst, musst du dich durchsetzen. Wenn du gewinnen willst, musst du kämpfen. Aber Jesus macht es anders. Sein Weg führt nicht zum Thron – sondern ans Kreuz.

Das bedeutet aber auch: Gott handelt oft ganz anders, als ich es mir wünsche. Und das macht mir manchmal zu schaffen. Ich bete darum, dass er Probleme löst – aber oft verändert er stattdessen mein Herz, damit ich anders mit den Problemen umgehe. Ich hoffe, dass er Ungerechtigkeit sofort beseitigt – aber er gibt mir stattdessen die Aufgabe, ein Teil der Lösung zu sein. Ich wünsche mir, dass er mich von Unsicherheit befreit – aber stattdessen sagt er: „Ich bin mit dir, auch wenn du dich unsicher fühlst.“ Das ist kein Gott, der unsere Probleme mit einem Fingerschnippen verschwinden lässt. Das ist ein Gott, der sich mit uns in den Staub setzt und das Leid mitträgt. Und das ist herausfordernd, weil es bedeutet, dass wahre Veränderung nicht von außen kommt, sondern von innen.

Und jetzt kommt das Unbequeme: Wenn Jesus die Sünde der Welt wegnimmt – warum halte ich dann oft noch daran fest? Warum trage ich immer noch Schuldgefühle mit mir herum, als ob er sie nicht längst getragen hätte? Warum kämpfe ich mit Selbstzweifeln, wenn ich eigentlich glaube, dass Gott mich bedingungslos liebt? Es ist, als würde ich ein Geschenk bekommen und es nicht auspacken. Jesus hat bereits alles vollbracht – aber manchmal dauert es, bis mein Herz das wirklich glaubt. Die Erlösung ist geschehen, aber ihre volle Realität wird erst am Ende offenbar (vgl. Offenbarung 21,4). Das Warten darauf kann schwer sein – aber es ändert nichts an der Wahrheit.

Was bedeutet das für meinen Alltag? Es bedeutet, dass ich lernen muss, Jesus so zu akzeptieren, wie er ist – nicht wie ich ihn gerne hätte. Dass ich aufhören sollte, Gott in ein Bild zu pressen, das mir bequemer erscheint. Dass ich mich trauen könnte, loszulassen, anstatt alles selbst im Griff haben zu wollen. Vielleicht bedeutet es auch, dass ich mir selbst und anderen endlich wirklich vergeben sollte – weil das, was Jesus getan hat, genug ist. Und es bedeutet, dass ich meine Augen öffnen könnte, um ihn dort zu erkennen, wo ich ihn nicht erwartet hätte. In den kleinen Momenten. In der Stille. In den Menschen, die ich vielleicht übersehe.

Ey, das ist nicht immer einfach. Es bedeutet, Kontrolle abzugeben und darauf zu vertrauen, dass der sanfte Weg Gottes stärker ist als der laute Weg der Welt. Aber vielleicht ist genau das der Punkt. Vielleicht ist der radikalste Schritt, den wir gehen können, nicht der des Kämpfens, sondern der des Vertrauens. Vielleicht ist die größte Stärke nicht, immer Lösungen zu finden, sondern zu erkennen: Das Lamm Gottes hat bereits gesiegt. Jetzt liegt es an mir, in diesem Sieg zu leben.

Zentrale Punkte der Ausarbeitung

  1. Jesus passt nicht in unsere Erwartungen.
    • Die Menschen damals wollten einen mächtigen Retter, einen politischen Befreier, einen König, der ihre Feinde besiegt. Doch Jesus kam als Lamm, nicht als Löwe.
    • Das ist nicht nur eine historische Beobachtung, sondern eine Herausforderung für heute: Erwarte ich einen Gott, der nach meinen Vorstellungen handelt – oder erkenne ich ihn so, wie er wirklich ist?
  2. Gottes Kraft zeigt sich in Hingabe, nicht in Gewalt.
    • Das Lamm ist ein Symbol für Schwachheit, Sanftmut und Opferbereitschaft – doch genau darin liegt seine unüberwindbare Stärke.
    • Die Welt setzt auf Macht, Kontrolle und Durchsetzungskraft – Jesus setzt auf Liebe, Vergebung und Selbsthingabe. Das ist nicht der offensichtliche Weg, aber genau dieser führt zur wahren Veränderung.
  3. Gott handelt oft anders, als wir es uns wünschen.
    • Wir beten oft darum, dass Gott unsere Umstände verändert – aber meistens verändert er uns, damit wir mit den Umständen anders umgehen.
    • Er beseitigt nicht immer sofort das Unrecht – sondern beauftragt uns, Licht in die Dunkelheit zu bringen.
    • Das kann frustrierend sein, weil wir uns eine schnellere, unmittelbarere Lösung wünschen. Doch wahre Veränderung beginnt immer von innen nach außen.
  4. Jesus hat die Sünde bereits weggenommen – doch oft halten wir noch daran fest.
    • Schuld, Zweifel, Selbstkritik – wir tragen Lasten, die nicht mehr unsere sind.
    • „Es ist vollbracht“ (Johannes 19,30) – aber leben wir so, als wäre das wirklich wahr?
    • Wir leben oft, als müssten wir immer noch beweisen, dass wir es wert sind – doch Jesus hat bereits alles getan.
  5. Praktische Anwendung: Loslassen und Vertrauen.
    • Lerne, Jesus so anzunehmen, wie er ist – nicht wie du ihn gerne hättest.
    • Hör auf, Gott in eine Box zu stecken, die sich sicher und berechenbar anfühlt.
    • Vergib – dir selbst und anderen – weil Jesus es längst getan hat.
    • Erkenne Gott in den kleinen Dingen – nicht nur im Spektakulären.

Warum ist das wichtig für mich?

  1. Es schützt mich vor einem falschen Gottesbild.
    • Wenn ich mir Gott nach meinen eigenen Vorstellungen forme, laufe ich Gefahr, ihn nicht zu erkennen, wenn er wirklich handelt.
    • Jesus zu verstehen bedeutet, mich von meinen vorgefertigten Erwartungen zu lösen und mich auf das einzulassen, was Gott tatsächlich tut.
  2. Es verändert meinen Umgang mit Herausforderungen.
    • Wenn ich begreife, dass Gott nicht einfach nur meine Probleme beseitigt, sondern mich verändert, kann ich Krisen anders begegnen.
    • Ich warte nicht mehr darauf, dass Gott eingreift – sondern verstehe, dass er längst da ist und mich durch die Situation hindurchführt.
  3. Es befreit mich von unnötiger Last.
    • Wenn Jesus meine Sünde getragen hat, dann muss ich sie nicht mehr mit mir herumschleppen.
    • Schuldgefühle, Zweifel, das Gefühl, nicht gut genug zu sein – das sind Dinge, die Jesus längst beseitigt hat. Warum also noch daran festhalten?
  4. Es gibt mir eine neue Perspektive auf Stärke.
    • Wahre Kraft liegt nicht darin, sich durchzusetzen, sondern darin, loszulassen und zu vertrauen.
    • Gottes Wege sind nicht unsere Wege (Jesaja 55,8-9) – und das bedeutet, dass echter Glaube oft das Gegenteil von dem ist, was die Welt für klug hält.
  5. Es fordert mich heraus, meinen Glauben aktiv zu leben.
    • Es reicht nicht, theoretisch zu wissen, dass Jesus das Lamm Gottes ist – ich muss lernen, das praktisch in mein Leben zu integrieren.
    • Wie ich mit anderen umgehe, wie ich mit mir selbst umgehe, wie ich Gott sehe – all das wird durch diesen Text herausgefordert.

Der Mehrwert: Warum lohnt es sich, das ernst zu nehmen?

  • Es hilft mir, Gott klarer zu sehen. Ich kann aufhören, nach einem Gott zu suchen, den es nicht gibt, und anfangen, den zu erkennen, der wirklich da ist.
  • Es nimmt mir die Last, selbst alles unter Kontrolle haben zu müssen. Wenn ich Jesus vertraue, kann ich loslassen, statt immer alles selbst in die Hand nehmen zu müssen.
  • Es verändert meine Haltung gegenüber Schuld und Versagen. Ich muss nicht in Selbstzweifel oder Scham gefangen bleiben – Jesus hat diese Dinge bereits getragen.
  • Es gibt mir eine völlig neue Sicht auf Stärke. Wahre Kraft liegt nicht in Kontrolle, sondern in Vertrauen, nicht im Kämpfen, sondern im Hingeben.
  • Es fordert mich auf, meine Beziehung zu Gott bewusst zu leben. Das ist keine theologische Theorie – es ist eine Einladung, mein Denken, mein Handeln und meine Haltung zu verändern.

Kurz gesagt: Dieser Text stellt die entscheidende Frage, ob ich Jesus wirklich so annehme, wie er ist – oder ob ich immer noch auf einen Gott warte, der besser in meine Vorstellung passt. Wenn ich darauf ehrlich antworte, kann sich vieles verändern.


*Die SPACE-Analyse im Detail:

Sünde (Sin): In diesem Schritt überlegst du, ob der Bibeltext eine spezifische Sünde aufzeigt, vor der du dich hüten solltest. Es geht darum, persönliche Fehler oder falsche Verhaltensweisen zu erkennen, die der Text anspricht. Sprich, Sünde, wird hier als Verfehlung gegenüber den „Lebens fördernden Standards“ definiert.

Verheißung (Promise): Hier suchst du nach Verheißungen in dem Text. Das können Zusagen Gottes sein, die dir Mut, Hoffnung oder Trost geben. Diese Verheißungen sind Erinnerungen an Gottes Charakter und seine treue Fürsorge.

Aktion (Action): Dieser Teil betrachtet, welche Handlungen oder Verhaltensänderungen der Text vorschlägt. Es geht um konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um deinen Glauben in die Tat umzusetzen.

Appell (Command): Hier identifizierst du, ob es in dem Text ein direktes Gebot oder eine Aufforderung gibt, die Gott an seine Leser richtet. Dieser Schritt hilft dir, Gottes Willen für dein Leben besser zu verstehen.

Beispiel (Example): Schließlich suchst du nach Beispielen im Text, die du nachahmen (oder manchmal auch vermeiden) solltest. Das können Handlungen oder Charaktereigenschaften von Personen in der Bibel sein, die als Vorbild dienen.

Diese Methode hilft dabei, die Bibel nicht nur als historisches oder spirituelles Dokument zu lesen, sondern sie auch praktisch und persönlich anzuwenden. Sie dient dazu, das Wort Gottes lebendig und relevant im Alltag zu machen.