Fettgedrucktes für schnell Leser…
Einleitender Impuls:
Neulich hab ich mein Handy verlegt. Und zwar richtig. Kein Vibrieren, kein Ton – lautlos. Kennst du das?! Ich hab gesucht wie verrückt, bin im Kreis gelaufen. Hoch. Runter. Hin und her… Und ich bin erst ruhig geworden, als ich’s aufgegeben hatte zu suchen. Dann, lag es da – mitten im Bett, zwischen der Decke. Irgendwas daran hat mich an den Text von heute erinnert: Wir suchen so oft nach göttlicher Führung, als müsste sie greifbar piepen. Laut, eindeutig, verfügbar. Aber vielleicht fängt sie erst dort an, wo wir still werden. Nicht resignieren – sondern lauschen.
Jesus sagt, der Geist wird uns in alle Wahrheit leiten. Und das klingt groß. Unfassbar. Aber Wahrheit meint hier nicht ein System. Keine Theorie, kein richtiges Denken. Sondern eine Person. Der Geist führt uns nicht zu Erkenntnissen über Jesus, sondern zur Begegnung mit ihm selbst. Mit seinen Worten. Seinem Wesen. Seiner Gegenwart. Wahrheit, wie sie hier gemeint ist, ist nicht diskutierbar. Sie ist lebendig. Und sie ist durchdringend. Sie bringt Licht in das, was in uns dunkel bleibt, wenn wir uns selbst zum Maßstab machen.
Geistliche Leitung heißt dann nicht nur: erinnert werden. Sondern geführt werden in das, was wir noch nicht kennen – aber brauchen und vielleicht suchen. Der Geist kündigt an, was kommt. Nicht als Plan, sondern als Perspektive. Als Öffnung. Als Raum, in dem Jesus weitergeht – und wir mitgehen dürfen. Und vielleicht ist genau das der Punkt heute: Nicht alles sofort zu wissen oder zu verstehen, aber wach zu bleiben für den nächsten Schritt. Für das, was jetzt dran und möglich ist.
Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:
- Woran merkst du, dass du Führung brauchst – und was hindert dich, dich führen zu lassen? Diese Frage zielt darauf, dein eigenes Spannungsfeld zwischen Kontrolle und Vertrauen zu erkunden – ehrlich, ohne Schönrederei.
- Wie sieht geistliche Leitung in deinem Alltag konkret aus – nicht in der Theorie, sondern im echten Leben zwischen Kalender, Müdigkeit und Sehnsucht? Die Frage hilft dir, Leitung nicht abstrakt zu lassen, sondern sie in deinen persönlichen Rhythmus zu übersetzen.
- Was bedeutet für dich „in die ganze Wahrheit geleitet werden“ – und was verändert sich, wenn diese Wahrheit nicht ein Konzept ist, sondern eine Person? Hier geht’s um das Herzstück des Textes – darum, wie du Wahrheit nicht nur denkst, sondern begegnest.
Parallele Bibeltexte als Slogans mit Anwendung:
Johannes 14,26 – „Er wird euch erinnern.“ → Der Geist bringt nicht Neues, sondern macht lebendig, was Jesus gesagt hat – genau dann, wenn du es brauchst.
Römer 8,14 – „Wer sich führen lässt, gehört dazu.“ → Geistliche Leitung ist kein Extra für Profis, sondern ein Erkennungsmerkmal echter Zugehörigkeit.
Psalm 25,5 – „Leite mich in deiner Wahrheit.“ → Wahrheit ist kein Ziel, sondern ein Weg – und der beginnt mit Gehorsam im Kleinen.
1. Korinther 2,10 – „Der Geist erforscht die Tiefen Gottes.“ → Du musst nicht alles verstehen, aber du darfst eintauchen – und entdecken, was tiefer liegt als Worte.
Neugierig geworden? Dann gönn dir eine Viertelstunde um die ganze Ausarbeitung zu Johannes 16,13 zu lesen. Vielleicht ist ja genau heute der Moment, in dem du neu hören willst.
Ausarbeitung zum Impuls
Lass uns kurz innehalten – wenn du magst, dann bete einfach mit mir.
Liebevoller Vater, manchmal weiß ich nicht, wohin mit all den Fragen. Du sprichst von einem Geist, der leitet – in alle Wahrheit. Aber was heißt das, wenn ich mich selbst nicht mal versteh? Wenn alles laut ist und ich nicht sicher bin, was von Dir kommt? Ich sehne mich nach Orientierung, aber nicht nach einfachen Antworten. Ich will nicht religiös funktionieren, sondern wirklich verstehen, was Du uns durch Jesus zeigen wolltest. Danke, dass Du nicht von mir erwartest, alles zu durchschauen – sondern dass Dein Geist führt. Schritt für Schritt. In der Wahrheit bleiben, das klingt nicht wie ein Sprint, sondern wie ein Weg. Und ich bitte Dich: Mach mein Herz ruhig genug, um Deine Richtung zu hören. Im Namen Jesu,
Amen.
Dann lass uns jetzt tiefer eintauchen – ehrlich, tastend, und mit offenem Blick auf den Text.
Persönliche Identifikation mit dem Text und der Ausarbeitung:
In diesem Ersten Abschnitt geht es nicht darum, den Text zu erklären – sondern ihm zuzuhören. Es ist eigentlich der Letze schritt der Ausarbeitung gewesen, der den Ich nach allen anderen Schritten gegangen bin, die du danach lesen kannst… Ich stelle mir die leisen, ehrlichen „W“-Fragen: Was spricht mich an? Was bleibt unausgesprochen? Warum bewegt mich das gerade jetzt? Ich frage mich, wie dieser Vers meinen Alltag berühren kann – nicht theoretisch, sondern greifbar. Und ich spüre nach, was das mit meinem Glauben macht – ob es trägt, fordert, tröstet oder alles zugleich. Am Ende suche ich nicht die perfekte Antwort, sondern eine aufrichtige Reaktion: Was nehme ich mit – ganz persönlich, im Herzen, im Leben, im Blick auf Gott.
Also, bereit?
Es ist schon seltsam, wie wenig man über geführt werden nachdenkt – bis man an so ’nem Punkt steht, an dem einfach… nichts weitergeht. Kein Links, kein Rechts. Nicht mal oben oder unten. Nur Stillstand. Vielleicht bist du gerade da. Oder du liest das einfach, weil’s dich interessiert. Wie auch immer:
Wenn Jesus sagt, der Geist wird uns in „alle Wahrheit“ leiten, klingt das erstmal ziemlich glatt. Wie ein göttliches Navi. Sicher. Klar. Fast ein bisschen zu gut, um wahr zu sein. Aber – ganz ehrlich? So fühlt es sich selten an. Eher wie ein Kompass. Ohne Sicht. Oder wie ein inneres Drängen, das flüstert: Geh weiter. Auch wenn alles dagegen spricht.
Ich bin Pastor. Und es gibt diesen einen Satz, den ich in der Theorie längst auswendig kann – aber im echten Leben immer wieder neu buchstabiere: Der Geist führt. Auch wenn ich null Ahnung hab, wohin. Ich wünschte, ich könnte das als Glaubensheld erzählen. Mit so einer starken Story, sauber in drei Punkte gegliedert. Aber… naja. Es ist mehr ein Tasten. Ein Unterscheiden zwischen all den Stimmen in mir. Manche sind einfach menschlich – müde, verletzt, genervt. Und dann sind da andere. Still. Sanft. Erinnernd. Und oft sind genau die es, die mich überraschen. Oder retten. Nicht vor Schmerz. Aber vorm Aufgeben.
Wenn ich zurückschaue, sehe ich Situationen, die sich – menschlich gesehen – einfach nicht gelohnt haben. Beziehungen, die kaputtgegangen sind. Einsätze, die ins Leere liefen. Und trotzdem: Genau da kam diese leise Kraft. Keine große Show. Einfach… da. Als Gedanke. Als Impuls. Als Wegweiser. Und ich bin weitergegangen. Ohne Ziel. Aber mit jemandem an meiner Seite.
Vielleicht kennst du das: Man bittet um Führung – und bekommt erstmal Stille. Dann geht man los, oder auch nicht. Und dann, kommt die Frage: War das jetzt Vertrauen? Oder war ich einfach zu stur? Johannes 16,13 spricht genau in diesen Zwischenraum. Der Geist wird leiten – ja. Aber nicht mit immer mit einer Landkarte. Sondern oft mit einer Einladung. Folge dem, den du nicht siehst. Aber dem du vertrauen kannst. Wahrheit ist nicht das Ziel. Sie ist der Raum, in den du geführt wirst. Und dieser Raum – das ist Jesus.
Und gleichzeitig – das ist wichtig –: Wir sind nicht komplett orientierungslos unterwegs. Der Geist führt nicht im luftleeren Raum. Wir haben eine Guideline. Eine Referenz. Die Bibel ist nicht nur ein altes Buch voller Geschichten – sie ist die Datenbank des Geistes. In ihr liegen Prinzipien, Werte, und Erfahrungen von Menschen, die vor uns geführt wurden. Sie hilft uns, zu prüfen. Zu erkennen. Zu unterscheiden. Wer dem Geist folgen will, darf sich mit dem auseinandersetzen, was der Geist schon gesagt hat. Nicht als Regelkatalog – sondern als Resonanzraum.
Denn geistliche Führung ohne biblische Verankerung bleibt vage. Aber wenn wir das Wort kennen, können wir Impulse besser einordnen. Wir merken: Ah, das klingt nicht nur richtig – das klingt nach Jesus.
Was der Text nicht verspricht – und das ist wichtig –: Er sagt nicht, dass du alles verstehst. Oder dass der Weg logisch ist. Oder sofort klar. Auch nicht, dass du nie mehr Fragen stellen darfst. Im Gegenteil. Wahrheit ohne Fragen wird schnell zu Ideologie. Aber der Geist will Beziehung, keine Ideologie. Und Beziehungen brauchen Vertrauen. Kein moralischer Kraftakt. Ein Geschenk.
Wenn du grad selbst nicht weißt, wo’s langgeht, dann vielleicht das hier zum Mitnehmen: Du musst es nicht wissen. Du musst nur wissen, wer dich führt. Und wenn du ihn gerade nicht hörst – bleib stehen. Nicht, weil du aufgibst. Sondern weil du nicht an der falschen Tür klopfen willst.
Ich glaube, es geht hier nicht um Aktion. Sondern um Haltung. Und das ist manchmal viel schwerer. Nicht der lautesten Stimme folgen. Sondern der treuesten. Der Stimme, die dich nicht beeindruckt – sondern verändert. Und ja, das wird sichtbar. Irgendwann. In deiner Reaktion. Deinem Vertrauen. Deiner Bereitschaft, dich führen zu lassen – auch ohne Ausgangsschild.
Und klar: Das ist nichts fürs nächste Plakat. Keine Fünf-Schritte-zum-Erfolg-Methode. Aber vielleicht ist es genau das, was du heute brauchst. Einen Moment, in dem du spürst: Ich darf schwach sein – ohne die Führung zu verlieren. Ich darf leise werden – und werde trotzdem gehört. Ich darf ehrlich sein – und werde trotzdem gehalten.
Und vielleicht – nur vielleicht – ist das heute dran. Nicht alles verstehen. Sondern neu sagen: Geist Gottes, wenn du führst, gehe ich. Auch wenn ich nichts sehe. Auch wenn ich nicht weiß, was kommt. Ich gehe, weil du gehst.
Und jetzt? Vielleicht liest du weiter. Oder liest nochmal. Oder bleibst einfach still. Mit dem Mut, nicht nur zu verstehen. Sondern dich führen zu lassen.
Der Text:
Zunächst werfen wir einen Blick auf den Text in verschiedenen Bibelübersetzungen. Dadurch gewinnen wir ein tieferes Verständnis und können die unterschiedlichen Nuancen des Textes in den jeweiligen Übersetzungen oder Übertragungen besser erfassen. Dazu vergleichen wir die Elberfelder 2006 (ELB 2006), Schlachter 2000 (SLT), Luther 2017 (LU17), Basis Bibel (BB) und die Hoffnung für alle 2015 (Hfa).
Johannes 16,13
ELB 2006: Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen.
SLT: Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, so wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen.
LU17: Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in aller Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen.
BB: Wenn dann der Beistand kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch helfen, die ganze Wahrheit zu verstehen. Denn was er sagt, stammt nicht von ihm selbst. Vielmehr sagt er das weiter, was er hört. Und er wird euch verkünden, was dann geschehen wird.
HfA: Wenn aber der Geist der Wahrheit kommt, hilft er euch dabei, die Wahrheit vollständig zu erfassen. Denn er redet nicht in seinem eigenen Auftrag, sondern wird nur das sagen, was er hört. Auch was in der Zukunft geschieht, wird er euch verkünden.
Der Kontext:
In diesem Abschnitt geht es darum, die grundlegenden Fragen – das „Wer“, „Wo“, „Was“, „Wann“ und „Warum“ – zu klären. Das Ziel ist es, ein besseres Bild von der Welt und den Umständen zu zeichnen, in denen dieser Vers verfasst wurde. So bekommen wir ein tieferes Verständnis für die Botschaft, bevor wir uns den Details widmen.
Kurzgesagt: Jesus spricht vom Abschied – aber nicht mit einem „Macht’s gut“-Ton. Es geht nicht ums Gehen, sondern ums Weiterführen. Der Heilige Geist übernimmt – und das ist kein Notbehelf, sondern der nächste Schritt.
Bisher war Jesus greifbar – wortwörtlich. Seine Stimme, seine Hände, seine Präsenz. Und jetzt redet er davon, dass er geht. Nicht für eine Weile, sondern ganz. Keine Zwischenlösung, kein Versteckspiel – er sagt klipp und klar, dass die Jünger ihn bald nicht mehr sehen werden. Und das kurz vor dem Moment, in dem alles auseinanderzufallen scheint. Die letzten Stunden vor dem Kreuz – das ist der Boden, auf dem Johannes 16 steht. Kein sicherer Boden, kein bequemer. Eher so ein bröckelnder Rand zwischen Hoffnung und Angst. Und mittendrin: ein Gespräch, das versucht, mehr zu tragen als Worte es eigentlich können.
Die Jünger? Die ringen. Zwischen Glauben und Nichtverstehen. Die Stimmung ist kein heroisches „Auf in den Kampf!“, sondern eher: „Was genau passiert hier gerade?“ Sie haben Jesus erlebt, gefeiert, sich an ihn gehängt – und jetzt kommt dieser Teil mit dem Weggang, dem Geist, der irgendwie reden und führen soll. Du musst dir das vorstellen wie ein Team, das plötzlich den Trainer verliert – mitten in der Saison. Und dann sagt der Trainer: „Es wird besser, wenn ich gehe.“ Wer würde das nicht erstmal seltsam finden?
Die religiöse Welt, in der das geschieht, ist alles andere als neutral. Da ist Rom – das machtpolitisch alles unter Kontrolle hält. Und da sind die religiösen Führer – nicht begeistert von einem Rabbi, der öffentlich Dinge sagt wie „Ich und der Vater sind eins.“ Für sie war Jesus keine Inspiration, sondern ein Störfaktor. Es brodelt. Und jeder weiß: Das hier geht auf ein Finale zu.
Jesus spricht also nicht in einen luftleeren Raum. Er spricht in eine Welt, in der Wahrheit gefährlich ist. Und genau da sagt er: Der Geist wird euch führen. Nicht in neue Ideen, sondern in die Tiefe dessen, was ihr mit mir schon gehört habt. Und er wird euch sagen, was kommt. Nicht als Wahrsager, sondern als Begleiter. Kein Ersatz-Jesus, sondern jemand, der mich in eurer Mitte lebendig hält – auf eine Weise, die ihr jetzt noch nicht versteht.
Was du hier also liest, ist kein theologischer Vortrag. Es ist eher eine Abschiedsrede – aber eine, die zugleich Antrittsrede ist. Für den Geist. Für die Zeit danach. Für ein Leben ohne den Rabbi neben dir – aber mit seiner Wahrheit in dir.
Im nächsten Abschnitt schauen wir uns an, welche Wörter Jesus hier ganz bewusst wählt – und warum sie mehr sind als Begriffe. Sie sind Wegweiser.
Die Schlüsselwörter:
In diesem Abschnitt wollen wir uns genauer mit den Schlüsselwörtern aus dem Text befassen. Diese Worte tragen tiefere Bedeutungen, die oft in der Übersetzung verloren gehen oder nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Wir werden die wichtigsten Begriffe aus dem ursprünglichen Text herausnehmen und ihre Bedeutung näher betrachten. Dabei schauen wir nicht nur auf die wörtliche Übersetzung, sondern auch darauf, was sie für das Leben und den Glauben bedeuten. Das hilft uns, die Tiefe und Kraft dieses Verses besser zu verstehen und ihn auf eine neue Weise zu erleben.
Johannes 16,13 – Ursprünglicher Text (Nestle-Aland 28):
ὅταν δὲ ἔλθῃ ἐκεῖνος, τὸ πνεῦμα τῆς ἀληθείας, ὁδηγήσει ὑμᾶς ἐν τῇ ἀληθείᾳ πάσῃ· οὐ γὰρ λαλήσει ἀφ’ ἑαυτοῦ, ἀλλ’ ὅσα ἀκούει λαλήσει, καὶ τὰ ἐρχόμενα ἀναγγελεῖ ὑμῖν.
Übersetzung Johannes 16,13 (Elberfelder 2006):
Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten; denn er wird nicht aus sich selbst reden, sondern was er hören wird, wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen.
Semantisch-pragmatische Kommentierung der Schlüsselwörter
- πνεῦμα (pneuma) – „Geist“: Ursprünglich der Hauch, der Atem, das, was man nicht sieht, aber spürt. In der hellenistischen Umwelt auch Träger göttlicher Inspiration oder Wirkkräfte. Im johanneischen Verständnis stets personal gedacht, nie bloß Kraft. Der Heilige Geist ist kein Impuls, sondern Gegenüber. Der Artikel τὸ verweist auf eine spezifische, bekannte Realität – nicht irgendein Geist, sondern der eine, von dem Jesus spricht.
- ἀλήθεια (alētheia) – „Wahrheit“: Mehr als bloße Fakten. Der Begriff meint die Wirklichkeit, wie Gott sie sieht. Wahrheit ist in Johannes nie neutral, sondern immer persönlich – und an Jesus gebunden („Ich bin die Wahrheit“, Joh 14,6). Das Genitivattribut τῆς ἀληθείας definiert den Geist also nicht durch Funktion, sondern durch Wesen. Er ist nicht der Geist, der zur Wahrheit führt, sondern der, dessen ganze Natur Wahrheit ist.
- ὁδηγήσει (hodēgēsei) – „führen, leiten“: Futur, 3. Person Singular. Das Verb stammt aus dem Bereich des Reisens: ein Wegführer, der mitgeht, nicht nur die Richtung zeigt. Im AT oft Gott selbst, der sein Volk durch die Wüste führt (vgl. Ps 25,5; 43,3). Semantisch schwingt mit: Es geht nicht um Einweisung, sondern um Begleitung. Ein Geleit durch Erfahrung – nicht bloß durch Information.
- ἐν τῇ ἀληθείᾳ πάσῃ – „in die ganze Wahrheit“: Die Präposition ἐν betont das Leben in einem Raum, nicht nur das Erreichen eines Ziels. Der Dativ („in der Wahrheit“) verweist darauf, dass die Jünger sich in einem Wahrheitsbereich bewegen, nicht nur einmalig zu einer Erkenntnis gelangen. πάσῃ (alle, ganze) unterstreicht den totalen Anspruch – nicht stückweise Wahrheit, sondern eine Existenz im Raum göttlicher Wirklichkeit.
- οὐ λαλήσει ἀφ’ ἑαυτοῦ – „er wird nicht aus sich selbst reden“: Die Negation οὐ mit Futurindikativ betont: Das wird definitiv nicht geschehen. λαλέω (reden) meint nicht nur akustisches Sprechen, sondern das Mitteilen von Inhalten. Der Ausdruck „von sich selbst“ (ἀφ’ ἑαυτοῦ) ist theologisch heikel: Der Geist ist nicht autonom, sondern trinitarisch eingebunden. Das verweist auf eine Offenbarungsökonomie – wie der Sohn vom Vater empfängt, so empfängt der Geist vom Sohn.
- ἀκούει (akouei) – „hören“: Präsensform – ein andauernder Vorgang. Der Geist hört nicht einmal und wiederholt, sondern lebt im fortwährenden Hören. Das Hören ist Quelle und Grenze seines Redens. Pragmatisch ist das eine Aussage über absolute Abhängigkeit und gleichzeitige vollkommene Übereinstimmung mit der Quelle (vgl. Joh 5,19).
- ἀναγγελεῖ (anangelei) – „verkündigen, offenbaren“: Futur, 3. Person Singular. Das Wort enthält das Präfix „ana-“, was in der Regel zurückbringen, weitergeben meint. Nicht „neu verkünden“, sondern was empfangen wurde, wird weitergesagt. Die Form legt eine bewusst reflektierte, autorisierte Kommunikation nahe – nicht kreativ, sondern treu.
- τὰ ἐρχόμενα (ta erchomena) – „das Kommende“: Präsenspartizip im Neutrum Plural. Die Form betont den Prozess: Das, was kommt und weiterkommt. Im Kontext keine Apokalyptik, sondern alles, was aus dem Christusereignis noch folgen wird – Kreuz, Auferstehung, Pfingsten, Sendung. Die Zeit der Gemeinde steht unter dieser fortlaufenden Mitteilung durch den Geist.
Im nächsten Schritt widmen wir uns der theologischen Tiefenschicht des Verses – wie diese Begriffe zusammen das Wesen geistlicher Leitung nach dem Weggang Jesu beschreiben.
Ein Kommentar zum Text:
Es ist dieser seltsame Moment – irgendwo zwischen Abschied und Auftrag. Jesus spricht davon, dass er gehen wird. Und dass jemand anders kommt. Nicht einfach ein Ersatz. Kein Nachfolger mit neuer Energie. Sondern der παράκλητος – paraklētos, der Beistand, Tröster, Anwalt. Johannes 16,13 steht in einem Abschnitt (Joh 16,5–15), der tief verdichtet ist – wo alles zusammenläuft: Jesu Weggang, die Rolle des Geistes, das theologische Gewicht der Stunde. Es ist keine vorbereitende Predigt für Pfingsten. Es ist Offenbarung – mitten im Schatten des Kreuzes.
„Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, gekommen ist, wird er euch in die ganze Wahrheit leiten.“ Dieser Satz hat Wucht. Das ist kein „geistliches Coaching“, kein esoterisches Lehren. Es ist ein heilsgeschichtlicher Moment. Das griechische Verb hodēgēsei – „leiten“ – ruft Assoziationen zu Psalm 25 oder Nehemia 9 wach. Es geht nicht um Eingebungen. Es geht um eine neue Sicht auf eine alte Realität: das Christusgeschehen.
Die „ganze Wahrheit“ ist kein Lehrsystem. Es ist Christus, ausgelegt, verstanden, geglaubt. Das Wort ἀλήθεια (alētheia) meint nicht „richtig oder falsch“, sondern Wahrheit als göttliche Realität. Ridderbos bringt es stark auf den Punkt: „Wahrheit ist keine Idee, sondern ein Name – und dieser Name ist Jesus“ (Ridderbos, The Gospel According to John). Das ist keine Info, sondern Heil. Und: Diese Wahrheit bleibt den Jüngern ohne den Geist verschlossen. Der Geist erfindet nichts Neues. Er erklärt – was schon gesagt ist.
Klink nennt diese Wahrheit „a domain in which the disciples live“ (Klink, John). Also nicht: „da musst du mal hin“. Sondern: „da bist du drin“. Wahrheit als Lebensraum. Morris schreibt passend: „Der Geist bringt nichts Neues – nur das Alte ins Licht“ (Morris, The Gospel According to John). Das heißt: Der Geist erinnert (vgl. Joh 14,26), bezeugt (Joh 15,26), vermittelt (Joh 16,13). Und nichts davon ist zufällig.
„Denn er wird nicht aus sich selbst reden.“ Dieser Satz – οὐ γὰρ λαλήσει ἀφ’ ἑαυτοῦ – macht es deutlich: Der Geist ist kein Solo-Akteur. Er sagt, was er hört – ἀκούει – und das, was er hört, ist nicht mystisch irgendwoher, sondern kommt vom Sohn, der es vom Vater hat. Carson sagt es ziemlich klar: „Was der Geist sagt, ist das, was Jesus sagt – und was Jesus sagt, ist das, was der Vater sagt“ (Carson, The Gospel According to John). Es gibt hier keine Extraschleifen, keine Nebengeräusche. Nur Zeugnis.
Deshalb ist jede subjektivistische Geistlehre verdächtig. Tenney formuliert es zugespitzt: „Was der Geist sagt, misst sich einzig daran, ob es Jesus verherrlicht“ (Tenney, John). Klink sagt es ähnlich: „Der Geist spricht nicht über sich – sondern über Christus.“ Die Frage ist nicht: „Klingt es geistlich?“ Sondern: „Geht es um Jesus?“
Dann kommt der Satz, der mir am meisten zu schaffen macht:
„Was er hören wird, das wird er reden, und das Kommende wird er euch verkündigen.“
τὰ ἐρχόμενα ἀναγγελεῖ ὑμῖν – „das Kommende“, Präsenspartizip, das heißt: Es ist im Kommen. Es bewegt sich. Carson denkt dabei an Kreuz, Auferstehung, Pfingsten, Gemeinde. Ridderbos bleibt ähnlich: Das „Kommende“ ist nicht Zukunftsmusik – sondern das, was aus dem Christusgeschehen heraus jetzt entfaltet wird.
Andere wie Burge oder Borchert lassen etwas mehr Raum. Sie sagen: Ja, der Geist sagt nichts grundlegend Neues – aber er kann das Christuszeugnis situationsbezogen aufleuchten lassen. Burge: „Was der Geist sagt, ist nie neu – es ist Christus, neu verstanden“ (Burge, John). Borchert ergänzt: „Nicht anders als Jesus – nur später und klarer“ (Borchert, John 12–21).
Aber genau hier liegt eine echte Spannung:
Wie verhält sich geistgewirkte Aktualisierung zur biblischen Offenbarung?
Tenney stellt klar: „Johannes 16,13 ist nicht ein Fenster in die Zukunft – sondern eine Tür zur apostolischen Treue.“ Für Morris ist ebenfalls sicher: „Der Geist ist kein Redner – er ist ein Dolmetscher.“ Und Dolmetscher erfinden nichts. Sie übertragen. Was heißt: Die Kirche empfängt keine neuen Worte. Sondern neue Klarheit über das, was schon gesagt wurde – durch Schrift und Leben.
Aber da bleibt bei mir was offen. Denn:
Was bedeutet es, wenn der Geist „in alle Wahrheit“ leitet – aber ich sie nicht sehe? Ist das eine Zukunftsverheißung – oder eine Beschreibung des Weges?
Ridderbos schreibt: „Die Leitung in die Wahrheit ist keine Entdeckung, sondern ein Empfang.“ Und Empfang ist nichts, was man erzwingen kann. Es braucht Gehorsam. Aber nicht den „tu was“-Gehorsam. Sondern den Gehorsam des Hörens. Auf eine Stimme, die nicht laut ist, aber bleibt.
Ich ringe mit zwei Dingen. Erstens: Gilt diese Verheißung mir – oder nur den Jüngern? Wahrscheinlich beides: primär ihnen. Aber nicht exklusiv. Was sie empfangen, wird zum Fundament der Kirche (vgl. Eph 2,20). Zweitens: Was, wenn der Geist schweigt? Oder ich ihn nicht höre? Hier wird es hart. Es heißt nicht: „Er könnte euch leiten.“ Sondern: „Er wird.“
Und vielleicht ist das das Schwierigste an diesem Vers:
Es wird Führung versprochen – aber keine Kontrolle. Verstehen – aber nicht sofort. Wahrheit – aber kein Besitz. Der Geist leitet nicht wie Google Maps. Sondern wie ein Hirte, den man hören – und dem man folgen muss. Auch wenn man noch nicht weiß, wohin.
Was heißt es, dem Geist zu vertrauen – nicht auf große Zeichen, sondern auf stille Treue? Gibt es eine Wahrheit, die ich schon mal gehört habe… aber nie ganz verstanden? Und vielleicht geht es beim Geführtwerden nicht darum, das Ziel zu kennen – sondern den, der führt.
Wenn der Geist nicht über sich selbst spricht – warum tun es dann so viele in seinem Namen?
Die SPACE-Anwendung*
Die SPACE-Anwendung ist eine Methode, um biblische Texte praktisch auf das tägliche Leben anzuwenden. Sie besteht aus fünf Schritten, die jeweils durch die Anfangsbuchstaben von „SPACE“ repräsentiert werden:
Sünde (Sin):
Mal wieder begegnet uns diese alte, aber gut getarnte Verfehlung: geistliche Selbstsicherheit. Nicht die aggressive Form – nicht das laute „Ich brauch keinen Gott“. Sondern die viel gefährlichere Haltung: „Ich höre ja, aber ich filtere selbst, was für mich stimmt.“ Johannes 16,13 entlarvt genau das. Wir brauchen den Geist nicht, weil wir dumm wären – sondern weil wir in Wahrheit taub sind. Unsere Herzen hören selektiv. Und unser Stolz will nicht geführt werden, sondern bestätigen, was wir sowieso glauben. Der Klassiker: Man bittet um Leitung, meint aber eigentlich, dass Gott unsere Richtung absegnet.
Und genau das ist der Bruch mit der Wahrheit. Nicht weil wir die falschen Antworten haben – sondern weil wir uns nicht führen lassen wollen. Wahrheit wird hier nicht als Theorie verfehlt, sondern als Beziehung verweigert. Wer sich dem Geist verweigert, bleibt im Eigenrecht. Und das ist die eigentliche Sünde.
Verheißung (Promise):
Stell dir vor, da steht einer, der dich kennt – deine Schwächen, deine Fragen, deine Ausweichmanöver – und er sagt nicht: „Wenn du dich anstrengst, zeige ich dir den Weg.“ Sondern: „Ich werde dich leiten.“ Ohne Bedingung, ohne Hintertür. Diese Verheißung ist keine fromme Form, sie ist ein Fundament. Der Geist führt. Auch durch Nebel. Auch durch Zweifel. Auch durch dein Durcheinander. Und ja, das klingt fast zu gut – aber es ist die Handschrift Gottes: Er bleibt, wo wir aussteigen wollen.
Und weil das nicht abstrakt bleiben soll: Denk an Psalm 25,5 – „Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich.“ Oder an Jesaja 30,21 – „Dies ist der Weg, den geh.“ Die Bibel kennt kein Christsein ohne Leitung. Und genau das wird uns hier zugesagt: Du wirst geführt. Nicht nach Gefühl. Sondern durch den Geist.
Aktion (Action):
Vielleicht denkst du jetzt: „Ich höre doch!“ Und ja – ich glaub dir das. Aber hören ist nicht hören. Die Schrift kennt ein Hören, das stehen bleibt. Und ein Hören, das gehorcht. Und genau da wird’s konkret: Will ich hören, um mich führen zu lassen? Oder um meine Sicht zu bestätigen? Das ist kein theologisches Detail – das ist geistliche Reife.
Ein erster Schritt? Lerne, das eigene innere Echo vom Geist Gottes zu unterscheiden. Nicht jede ruhige Überzeugung ist vom Geist. Nicht jede Aufregung ist Widerstand. Und nicht jede neue Idee ist Leitung. Der Geist spricht, ja. Aber er spricht nie gegen das, was Jesus gesagt hat. Und nie ohne Ziel: Christus zu verherrlichen. Alles, was davon ablenkt – darfst du getrost hinterfragen. Und alles, was dich in diese Wahrheit hineinzieht – ist ein Weg, den du gehen darfst. Auch wenn du noch nicht siehst, wohin er führt.
Ich merke selbst: Das ist nicht bequem. Es bedeutet, meine Filter abzugeben. Nicht ich prüfe den Geist – der Geist prüft mich. Und das ist vielleicht der Wendepunkt: Wenn ich bereit bin, weniger auf mein inneres „Ich glaube, Gott sagt…“ zu hören – und mehr auf das, was der Geist wirklich sagt. Im Wort. Im Gespräch. In der Stille. Und vielleicht sogar im Warten.
Appell (Command):
Lass dich unterbrechen. Nicht von außen – sondern vom Geist. Seine Leitung ist nicht immer spektakulär, aber sie ist eindeutig. Wer sich führen lässt, wird sich irgendwann von alten Wegen trennen müssen. Und das ist gut. Es ist kein Verlust, sondern Befreiung. Mach den nächsten Schritt – nicht weil du sicher bist, sondern weil du geführt wirst. Das ist nicht Kontrollverlust. Das ist Gehorsam – der aus Vertrauen wächst.
Und wenn du nicht weißt, was der nächste Schritt ist: Bleib stehen. Hör hin. Nicht auf das Lauteste. Sondern auf das, was bleibt, wenn alles andere still wird.
Beispiel (Example):
Wie könnte ich nicht über Paulus sprechen? Der Mann, der unterwegs war mit voller Überzeugung – und der vom Geist gestoppt wurde. Nicht durch Argumente. Sondern durch ein Licht, das ihn vom Pferd holte. Paulus hat verstanden, was Leitung heißt: hören, umkehren, senden lassen. Und genau deshalb wurde er nicht zum Verkünder seiner Meinung – sondern zum Apostel der Wahrheit.
Und dann – vielleicht weniger dramatisch, aber umso ernster: die Gemeinde in Galatien. Sie hatten den Geist empfangen. Aber sie wollten wieder Kontrolle. Regeln. Sicherheit. Paulus sagt ihnen: „Ihr habt im Geist angefangen – wollt ihr jetzt im Fleisch vollenden?“ Das ist die Gefahr. Wenn Geistleitung nur noch Theorie ist – und wir wieder alles selbst regeln wollen.
Und jetzt? Jetzt wird’s persönlich. Ich frage mich: Was davon trifft mich? Wo bin ich innerlich stehen geblieben? Wo habe ich den Geist mit meiner eigenen Stimme verwechselt?
Weiter geht’s mit der Persönlichen Identifikation mit dem Text und der Ausarbeitung…
Persönliche Identifikation mit dem Text und der Ausarbeitung:
In diesem letzten Schritt habe ich das erstellt was du am Anfang gelesen hast… es ging nicht mehr darum, den Text zu erklären – sondern ihm zuzuhören. Ich stelle mir die leisen, ehrlichen „W“-Fragen: Was spricht mich an? Was bleibt unausgesprochen? Warum bewegt mich das gerade jetzt? Ich frage mich, wie dieser Vers meinen Alltag berühren kann – nicht theoretisch, sondern greifbar. Und ich spüre nach, was das mit meinem Glauben macht – ob es trägt, fordert, tröstet oder alles zugleich. Am Ende suche ich nicht die perfekte Antwort, sondern eine aufrichtige Reaktion: Was nehme ich mit – ganz persönlich, im Herzen, im Leben, im Blick auf Gott.
Zu dem, können dir vielleicht auch diese Fragen helfen:
Gab es in deinem Leben einen Moment, in dem du innerlich gespürt hast: „Ich werde gerade geführt – auch wenn ich keine Ahnung habe, wohin“?
Was ich damit meine: Ich suche keinen spektakulären Durchbruch oder ein „großes Wunder“. Sondern eine ehrliche Episode, in der du vielleicht gezweifelt hast, vielleicht gezögert, vielleicht auch kämpfen musstest – und trotzdem hast du im Rückblick erkannt: Ich wurde geleitet. Nicht aus mir. Sondern trotz mir.
Mich interessiert, wie sich das angefühlt hat – im Moment selbst. Nicht nur, was du heute daraus gelernt hast, sondern was du damals dachtest, gefühlt hast, gehofft oder eben nicht mehr hoffen konntest.
Warum? Weil dieser Text uns nicht zur Erkenntnis ruft, sondern zur Hingabe. Und Hingabe ist meistens weniger heroisch als wir denken – und viel stiller.
Ich möchte deinen inneren Weg hören, nicht den theologischen Rückblick.
Diese Frage soll dem Leser helfen, sich selbst zu fragen, ob es vielleicht genau solche „geführt-und-doch-nicht-verstanden“-Momente im eigenen Leben gibt – und was sie mit uns machen.
Zentrale Punkte der Ausarbeitung
- Wahrheit ist keine Theorie, sondern eine Person.
- Jesus spricht nicht über abstrakte Richtigkeit, sondern über Wahrheit als gelebte Beziehung. Der Heilige Geist führt nicht in Informationen, sondern in Christus selbst hinein – in sein Wesen, seine Worte, seine Wege.
- Das bedeutet: Die Wahrheit, die wir suchen, ist nicht außerhalb von Jesus zu finden – sondern in der Begegnung mit ihm. Der Geist bringt uns nicht neue Offenbarungen, sondern hilft, das zu erkennen, was schon gesagt wurde.
- Der Geist führt – aber anders, als wir denken.
- Keine Landkarte. Kein Zeitplan. Kein allmächtiges Google Maps. Der Geist leitet durch Nähe, nicht durch Kontrolle.
- Seine Stimme ist nicht laut, sondern leise. Nicht spektakulär, sondern treu. Er spricht, was er vom Vater hört. Und er sagt nichts Eigenes – sondern das, was Jesus verherrlicht.
- Leitung ist Beziehung, nicht Methode.
- Geistliche Führung bedeutet nicht: „Ich bekomme Antworten“. Sondern: „Ich lerne hören, vertrauen, warten – im Licht von Jesus.“
- Es geht nicht um spirituelles Selbstmanagement, sondern darum, geführt zu werden, auch wenn ich es nicht verstehe.
- Zukunft heißt nicht Kontrolle – sondern Vertrauen.
- „Was kommen wird, wird er euch verkünden“ – das ist kein Fahrplan, sondern eine Zusage. Der Geist deutet das, was vor uns liegt, immer durch die Brille Jesu.
- Das Kommende ist nicht beängstigend, wenn Christus darin der Mittelpunkt bleibt.
- Der Maßstab für Wahrheit ist nicht mein Gefühl – sondern Christus.
- Alles, was „geistlich“ klingt, ist nicht automatisch vom Geist. Die Frage bleibt: Führt es zu Jesus? Macht es ihn groß – oder mich?
- Der Geist der Wahrheit ist kein Coach, sondern der Dolmetscher Jesu. Und er kennt nur ein Ziel: dass ich ihn erkenne – nicht nur intellektuell, sondern im Leben.
Warum ist das wichtig für mich?
- Weil ich oft nach Führung suche – aber nicht weiß, wohin. Und hier sagt Jesus: Du brauchst keine Übersicht, du brauchst Vertrauen. Der Geist weiß, was du nicht weißt. Und das genügt.
- Weil ich Wahrheit oft mit Wissen verwechsle. Doch der Text zeigt: Wahrheit beginnt nicht im Kopf, sondern in der Begegnung mit Jesus. Und diese Begegnung ist nie theoretisch – sie ist erschütternd, heilsam, herausfordernd.
- Weil ich Leitung mit Erfolg verwechsle. Aber geführt werden heißt nicht, dass alles glattläuft. Es heißt, dass ich nicht allein gehe. Dass einer da ist, der mich kennt – und der mich an das erinnert, was ich sonst vergessen würde.
- Weil ich manchmal glaube, dass Gott schweigt. Und dann höre ich: Der Geist wird reden. Vielleicht nicht heute laut. Aber immer treu. Immer Christus-zentriert. Immer zu meinem Guten.
Der Mehrwert dieser Erkenntnis
- Ich darf still werden, ohne Kontrolle zu verlieren – weil der Geist auch dann führt, wenn ich’s nicht merke.
- Ich kann ehrlicher hören lernen – nicht auf das, was ich hören will, sondern auf das, was Jesus mir wirklich sagt.
- Ich kann tiefer vertrauen, dass mein Leben nicht im Nebel endet, sondern geführt wird – durch Wahrheit, nicht durch Zufall.
- Ich kann aufhören, geistliche Leitung zu mystifizieren, und anfangen, sie als Beziehungsraum zu leben – in der Schrift, im Gebet, im Hören.
Kurz gesagt: Wenn der Geist mich wirklich in die ganze Wahrheit leitet, dann heißt das: Ich darf jeden Tag neu in Jesus hineinwachsen – nicht, weil ich alles verstehe, sondern weil ich ihm gehöre.
*Die SPACE-Analyse im Detail:
Sünde (Sin): In diesem Schritt überlegst du, ob der Bibeltext eine spezifische Sünde aufzeigt, vor der du dich hüten solltest. Es geht darum, persönliche Fehler oder falsche Verhaltensweisen zu erkennen, die der Text anspricht. Sprich, Sünde, wird hier als Verfehlung gegenüber den „Lebens fördernden Standards“ definiert.
Verheißung (Promise): Hier suchst du nach Verheißungen in dem Text. Das können Zusagen Gottes sein, die dir Mut, Hoffnung oder Trost geben. Diese Verheißungen sind Erinnerungen an Gottes Charakter und seine treue Fürsorge.
Aktion (Action): Dieser Teil betrachtet, welche Handlungen oder Verhaltensänderungen der Text vorschlägt. Es geht um konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um deinen Glauben in die Tat umzusetzen.
Appell (Command): Hier identifizierst du, ob es in dem Text ein direktes Gebot oder eine Aufforderung gibt, die Gott an seine Leser richtet. Dieser Schritt hilft dir, Gottes Willen für dein Leben besser zu verstehen.
Beispiel (Example): Schließlich suchst du nach Beispielen im Text, die du nachahmen (oder manchmal auch vermeiden) solltest. Das können Handlungen oder Charaktereigenschaften von Personen in der Bibel sein, die als Vorbild dienen.
Diese Methode hilft dabei, die Bibel nicht nur als historisches oder spirituelles Dokument zu lesen, sondern sie auch praktisch und persönlich anzuwenden. Sie dient dazu, das Wort Gottes lebendig und relevant im Alltag zu machen.
