Entfalte deine Persönlichkeit → Epheser 4,22–24

Heute geht es wie du schon im Titel lesen kannst um Epheser 4,22–24 um das entfalten deiner Persönlichkeit. Paulus schreibt dort: „Legt den alten Menschen ab … werdet erneuert … zieht den neuen Menschen an.“ Klingt erstmal abstrakt, oder? Aber dieser Satz hat Sprengkraft – er betrifft genau die Fragen, die wir alle stellen: Muss ich eigentlich so bleiben, wie ich gerade bin? Oder gibt es eine Chance, alte Muster abzustreifen?

Paulus sagt: Du bist nicht auf ewig festgelegt. Dein „alter Mensch“ – also die Gewohnheiten, die dich runterziehen – ist nicht stabil, sondern im Zerfall. Das griechische Wort (phtheiromenon) meint: etwas zerfrisst sich selbst. Wir kennen das: Man jagt Wünschen hinterher, die versprechen „jetzt wirst du glücklich“, und dann bleibt Leere. Paulus nennt das „Begierden der Täuschung“. Wenn ich das sehe, merke ich selbst, wie oft ich mich in Erwartungen verliere und dann enttäuscht oder ärgerlich zurückbleibe. Dahinter steckt das Bedürfnis nach Klarheit, nach Sinn, nach einem Leben, das innen wie außen stimmig ist. Und genau da setzt Paulus an: Frag dich, was dich im Moment wirklich antreibt – und ob es das ist, was dir im Herzen wichtig ist.

Und dann die gute Nachricht: Gott hat für dich schon etwas Neues geschaffen. Paulus nennt es kainos anthrōpos – qualitativ neu, nicht nur frischer Anstrich. Keine optimierte Version von dir, sondern Neuschöpfung. Genesis 1 klingt hier mit: Gott schuf den Menschen nach seinem Bild. Paulus sagt: In Christus beginnt diese Schöpfung von Neuem – mitten in deinem Alltag. Diese Zusage weckt Hoffnung, besonders wenn man sich erschöpft oder verunsichert fühlt. Sie berührt das Bedürfnis nach Annahme und Erneuerung – nicht als Leistung, sondern als Geschenk. Ich darf wachsen. Und ich muss es nicht alleine schaffen.

Vielleicht fragst du dich: Aber wie geht das praktisch? Montagmorgen, der Wecker klingelt, der Stress beginnt. Was heißt da „alten Menschen ablegen“? Paulus benutzt das Bild von Kleidung: ablegen, anziehen. Stell dir vor, die müden Arbeitsklamotten abzustreifen und frische Kleidung anzuziehen. Praktisch kann das heißen: Statt sofort genervt in die Routine zu springen, bewusst einen Moment innehalten. Oder im Streit zuhause – der alte Reflex wäre, zurückzuschießen. Der neue Mensch wählt einen anderen Ton. Dafür hilft es, kurz zu fragen: Was genau triggert mich gerade? Welche Gefühle sind da – Ärger, Frust – und welches Bedürfnis steckt dahinter, vielleicht Ruhe, Respekt oder Verbindung? Statt automatisiert zu reagieren, könnte man sagen: „Ich brauch kurz einen Moment, um runterzukommen.“ Und schon wird Raum frei für einen neuen Weg.

Das Neue ist kein Eigenbau. Paulus schreibt im Passiv: „ihr werdet erneuert.“ Gott wirkt. Dein Part ist, Platz zu machen. Ablegen, was dich fesselt, anziehen, was er dir schenkt. Es ist diese Spannung: schon geschehen – und trotzdem jeden Tag neu. Dieses Bild vom „Raum schaffen“ erinnert mich daran, dass ich Verantwortung trage, aber nicht alles kontrollieren muss und auch nicht kann. Das gibt Entlastung und zugleich Orientierung: Was kann ich tun, um innerlich offen zu bleiben? Vielleicht reicht es schon, bewusst einen Schritt langsamer zu gehen.

Der neue Mensch lebt „in Gerechtigkeit und Heiligkeit der Wahrheit“. Gerechtigkeit (dikaiosynē) heißt: Beziehungen stimmen wieder – zu Gott, zu Menschen. Heiligkeit (hosiotēs) bedeutet: echt zu Gott gehören, nicht nur äußerlich religiös wirken. Und das Ganze „in der Wahrheit“ – also unverfälscht, ohne Maske. Es geht nicht um Schein, sondern um Echtheit. Wenn ich auf meine Beziehungen schaue, spüre ich, wie stark das Bedürfnis nach Vertrauen und Authentizität ist. Vielleicht sollten wir öfter den Mut haben, ehrlich zu sagen, wie es uns geht – nicht mit Schuldzuweisungen, sondern mit dem Wunsch nach echter Verbindung.

Paulus wird dabei nicht nur sanft. In Kapitel 5 schreibt er: „Kein Habgieriger hat ein Erbe im Reich Christi und Gottes … wegen solcher Dinge kommt Gottes Zorn“ (5,5–6). Hart, ja. Aber die Warnung steht nicht isoliert, sondern eingerahmt von Zuspruch. Gott ruft nicht mit Drohung, sondern mit Hoffnung – aber er bleibt klar: Der alte Mensch führt ins Verderben. Für mich ist das ein Wertekonflikt: Freiheit gegen Verantwortung. Kurzfristig Gewinn suchen – oder langfristig Tiefe, Frieden, Sinn. Eine Frage, die hilft: Dient diese Entscheidung meinem eigentlichen Ziel – oder weicht sie ihm aus?

Und Paulus denkt noch größer. „Wir kämpfen nicht gegen Fleisch und Blut, sondern gegen Mächte“ (6,12). Der alte Mensch gehört zur Welt, die verfällt. Der neue Mensch zur kommenden Welt Gottes. Dein Kleiderwechsel ist also mehr als ein privates Wohlfühlprogramm – er ist Teil eines kosmischen Kampfes. Das kann überfordern, aber auch ermutigen: Mein kleiner Schritt ist nicht belanglos, sondern Teil einer größeren Geschichte. Und ich bin nicht allein auf diesem Weg.

Ich merke beim Lesen die Spannung: Paulus schreibt, als sei es schon erledigt – und zugleich, als müsste ich es noch tun. Vielleicht liegt gerade darin der Trost: Ich muss das Neue nicht selbst produzieren. Gott hat es in mir begonnen. Und ich darf es täglich anziehen, so unbeholfen das manchmal aussieht. Manchmal spüre ich dabei auch Trauer – weil alte Muster hartnäckig sind. Aber genau da liegt Hoffnung: Wenn ich mich ehrlich sehe, darf ich die kleinen Fortschritte feiern. Vielleicht lautet mein Gebet dann: Gott, zeig mir, wo du schon am Werk bist, auch wenn es unscheinbar ist.

Und jetzt die offene Frage: Wo merkst du in deinem Leben Spuren des alten Menschen – und wo schon Aufblitzen des neuen? Es lohnt sich, genau hinzuschauen, ohne Angst. Denn der neue Mensch ist Gottes Werk – und er hat versprochen, dass er vollendet, was er begonnen hat.

Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:

  1. Wo merkst du in deinem Leben, dass du noch an alten Mustern festhältst?Die Frage lädt ein, ehrlich auf eigene Gewohnheiten zu schauen, ohne sofort Lösungen parat haben zu müssen.
  2. Wie könnte es für dich praktisch aussehen, den „neuen Menschen“ im Alltag anzuziehen?Die Frage bringt den Text runter auf Montagmorgen-Situationen und hilft, konkrete Schritte zu benennen.
  3. Was würde es mit deinem Bild von Gott machen, wenn du dir bewusst machst: Er hat dich schon neu geschaffen – und du darfst das erst nach und nach entdecken?Die Frage öffnet den Raum für Staunen und neue Perspektiven auf Identität und Gottes Wirken.

Parallele Bibeltexte als Slogans mit Anwendung:

2. Korinther 5,17 – „Alles ist neu geworden.“ → Du darfst aufhören, nur dein altes Ich zu sehen. In Christus hat Gott schon einen neuen Anfang gemacht.

Kolosser 3,9–10 – „Zieht den neuen Menschen an.“ → Dein Glaube zeigt sich nicht nur im Inneren, sondern auch darin, wie du sprichst, handelst, reagierst.

Römer 12,2 – „Lasst euch verwandeln.“ → Es geht nicht darum, dich der Umgebung anzupassen, sondern innerlich neu denken zu lernen.

Galater 3,27 – „Ihr habt Christus angezogen.“ → Taufe ist nicht nur Symbol, sondern neue Identität, die dich jeden Tag begleitet.

Theologische Ausarbeitung Hier findest du die Ausarbeitung, die auf den 7 Schritten nach Chevalier basieren. Diese habe ich mir im Theologie Studium angeeignet. Ich gehe jeden Bibeltext zuerst methodisch durch – Einführung, Kontext, Textkritik, Übersetzung, historisch-geographischer Rahmen, literarische Struktur und Semantik – und daraus entstehen die Beiträge (wo sinnvoll mit einer ruhigen theologisch-praktischen Einordnung). Ich arbeite mit den Ressourcen, die ich zur Hand habe – vor allem meiner Digitalen-Bibliothek (eine Bibelsoftware mit Kommentaren, Grammatiken und Werkzeugen). Ich verstehe mich nicht als Experte, sondern als Lernender: Ich teile hier, was ich auf dem Weg entdecke – nicht von oben herab, sondern damit du mitprüfen, mitdenken und es in deinem Alltag weiterführen kannst.