Sprüche 17,17 Echte Freunde oder nur gute Zeiten? → „Ein guter Freund steht immer zu dir, und ein Bruder ist in Zeiten der Not für dich da“

Fettgedrucktes für schnell Leser…

Einleitender Impuls:

Es gibt diese Momente, in denen du merkst, dass eine Freundschaft nicht daran gemessen wird, wie oft ihr zusammen lacht, sondern daran, wer bleibt, wenn es richtig ungemütlich wird. Jeder kann nett sein, wenn das Leben glattläuft – aber wer ist da, wenn alles um dich herum wackelt? Genau darum geht’s hier: Freundschaft ist kein Schönwetter-Projekt, sondern ein Versprechen, das erst dann seinen wahren Wert zeigt, wenn es nicht mehr leicht ist.

Und genau hier wird’s unbequem. Bin ich wirklich dieser Freund? Oder bin ich eher der Typ, der unauffällig aus der Tür schleicht, wenn’s kompliziert wird? Denn, wenn wir ehrlich sind, es ist viel einfacher, Menschen zu mögen, solange sie keine große Last mitbringen. Doch wahre Freundschaft bedeutet, sich nicht zurückzuziehen, wenn es wehtut – sondern genau dann zu bleiben. Nicht aus Pflichtgefühl, sondern weil Liebe keine Exit-Tür hat. Aber, und das ist wichtig: Freundschaft bedeutet nicht, sich selbst aufzugeben oder toxische Beziehungen auszuhalten. Es heißt nicht, dass du immer und überall für jeden alles sein musst. Wahre Freundschaft ist keine Einbahnstraße, sondern eine Entscheidung, die auf Gegenseitigkeit beruht. Manchmal bedeutet es auch, Grenzen zu setzen – nicht, weil man weniger liebt, sondern weil gesunde Freundschaft eben auch Ehrlichkeit und Respekt braucht.

Das Krasse ist: Das ist genau die Art von Beziehung, die Gott mit uns lebt. Kein taktisches Abwägen, kein „Mal sehen, ob du es verdienst“. Sondern eine Liebe, die bleibt – auch, wenn du sie nicht verdienst. Und wenn das Gottes Art von Freundschaft ist, dann wäre es gut, wenn wir uns fragen: Wie sehr spiegeln unsere Beziehungen diese Art von Treue wider? Vielleicht heißt das, bewusst für Menschen da zu sein, ohne sofort eine Lösung haben zu müssen. Vielleicht bedeutet es, jemanden nicht nur in der Not zu tolerieren, sondern wirklich mit ihm durchzugehen. Vielleicht bedeutet es aber auch, sich einzugestehen, wo man selbst jemanden braucht – und nicht den starken Einzelkämpfer zu spielen.

Denn am Ende sind es nicht die perfekten Momente, die eine Freundschaft definieren – sondern die, in denen man hätte weglaufen können, aber geblieben ist. Also, was für ein Freund willst du sein?

Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:

  1. Wann war das letzte Mal, dass du für jemanden da warst, obwohl es unbequem war – und was hat das mit dir gemacht?
  2. Gibt es Freundschaften in deinem Leben, die nur auf Oberflächlichkeit basieren – und was bräuchte es, um sie zu vertiefen?
  3. Was bedeutet es für dich persönlich, dass Jesus dich seinen Freund nennt – und spiegelt sich das in deinen Beziehungen wider?

Parallele Bibeltexte als Slogans:

Johannes 15:13 — „Niemand hat größere Liebe als der, der sein Leben gibt für seine Freunde“

Sprüche 18:24 — „Es gibt einen Freund, der anhänglicher ist als ein Bruder“

Ruth 1:16 — „Wo du hingehst, da will ich auch hingehen“

1. Samuel 18:3 — „Jonatan liebte David wie sein eigenes Leben“

Wenn du wissen willst, warum wahre Freundschaft mehr ist als ein gutes Gefühl und wie du sie leben kannst, dann bleib dran – wir tauchen zusammen tiefer ein.

Die Informationen für den Impuls hole ich mir meistens aus BibleHub.com damit auch du es nachschlagen kannst.


Schön, dass wir gemeinsam tiefer in diesen kraftvollen Vers eintauchen. Bevor wir loslegen, lass uns die Betrachtung mit einem Gebet beginnen:

Lieber Vater, es ist ein Geschenk, dass echte Freundschaft mehr ist als nur eine flüchtige Bekanntschaft. Doch wir wissen, dass wahre Freundschaft selten und kostbar ist. Schenk uns ein Herz, das liebt – nicht nur, wenn es leicht ist, sondern gerade dann, wenn es herausfordernd wird. Lass uns lernen, was es bedeutet, wirklich füreinander da zu sein, so wie Du immer für uns da bist.

In Jesu Namen beten wir,

Amen.

Der Text:

Zunächst werfen wir einen Blick auf den Text in verschiedenen Bibelübersetzungen. Dadurch gewinnen wir ein tieferes Verständnis und können die unterschiedlichen Nuancen des Textes in den jeweiligen Übersetzungen oder Übertragungen besser erfassen. Dazu vergleichen wir die Elberfelder 2006 (ELB 2006), Schlachter 2000 (SLT), Luther 2017 (LU17), Basis Bibel (BB) und die Hoffnung für alle 2015 (Hfa).

Sprichwörter 17,17

ELB 2006 Ein Freund liebt zu jeder Zeit, und als Bruder für die Not wird er geboren.

SLT Ein Freund liebt zu jeder Zeit, und als Bruder für die Not wird er geboren.

LU17 Ein Freund liebt allezeit, und ein Bruder wird für die Not geboren.

BB Ein wahrer Freund hält immer zu dir. In Zeiten der Not hilft er dir wie ein Bruder.

HfA Ein guter Freund steht immer zu dir, und ein Bruder ist in Zeiten der Not für dich da.

Der Kontext:

In diesem Abschnitt geht es darum, die grundlegenden Fragen – das „Wer“, „Wo“, „Was“, „Wann“ und „Warum“ – zu klären. Das Ziel ist es, ein besseres Bild von der Welt und den Umständen zu zeichnen, in denen dieser Vers verfasst wurde. So bekommen wir ein tieferes Verständnis für die Botschaft, bevor wir uns den Details widmen.

Kurzgesagt… Sprüche 17,17 ist einer dieser Verse, die sich auf Postkarten gut machen, aber wenn man ihn wirklich versteht, eine ganz andere Tiefe bekommt. Es geht um wahre Freundschaft – nicht die lockere „Wir trinken mal einen Kaffee“-Freundschaft, sondern die, die bleibt, wenn’s hart auf hart kommt. Geschrieben wurde dieser Vers in einer Zeit, in der Loyalität über Leben und Tod entscheiden konnte. Kein Social Media, keine WhatsApp-Gruppen – wenn jemand für dich da war, dann war das kein Like, sondern ein echtes Versprechen.

Previously on „Das Buch der Sprüche“… Das Buch der Sprüche gehört zu den Weisheitsschriften der Bibel. Wenn man es in eine moderne Kategorie packen müsste, wäre es so etwas wie ein Mix aus „Life Coaching“ und „Straight Talk“ aus der Antike. Die Sprüche werden traditionell König Salomo zugeschrieben, wobei einige Kapitel später von anderen Weisen ergänzt wurden. Der Grundgedanke? Weisheit ist nicht nur etwas für Philosophen – sie ist das Fundament eines erfüllten Lebens. Hier geht’s nicht um trockene Theorie, sondern um praktische Lebenskunst: Wie gehst du mit Geld um? Wie erkennst du echte Freunde? Wann hältst du besser den Mund?

Sprüche 17 bewegt sich genau in dieser Linie. Es geht um zwischenmenschliche Beziehungen, um Worte, die heilen oder zerstören, um Loyalität und Verrat. Der Vers 17 taucht in dieses Thema tief ein und trifft eine zentrale Aussage: Freundschaft zeigt sich nicht in den guten, sondern in den schlechten Zeiten. Das war damals keine bloße Floskel – in einer Gesellschaft ohne Sozialversicherungen oder abgesicherte Renten war dein soziales Netz deine Lebensversicherung. Wahre Freunde standen füreinander ein, besonders in Zeiten der Not.

Warum das so wichtig war? Weil die damalige Gesellschaft auf Ehre und Verbundenheit aufgebaut war. Familie war heilig, aber Freundschaft konnte in manchen Fällen sogar noch stärker sein. Ein echter Freund war nicht nur ein Kumpel – er war dein „Bruder für die Not“. Das bedeutet: Wenn dein Leben auseinanderfällt, wenn dich alle verlassen, wenn du selbst nicht weißt, wie es weitergeht – dann zeigt sich, wer wirklich an deiner Seite steht.

Und genau hier wird es spannend: Freundschaft war in der Antike nicht nur emotionale Nähe, sondern eine bewusste Verpflichtung. Man ging nicht leichtfertig eine enge Bindung ein, weil sie bedeutete, dass man füreinander Verantwortung übernahm. Ein Versprechen war ein Versprechen. Kein Ghosting, kein „Sorry, hab grad keine Zeit“.

Aber warum betont dieser Vers die Freundschaft in einem Buch, das sich eigentlich mit Weisheit beschäftigt? Weil weise Menschen wissen, dass ein stabiles, verlässliches Beziehungsnetz kein Luxus ist, sondern eine absolute Notwendigkeit – und dass man solche Freundschaften nicht erst dann sucht, wenn man sie braucht.

Und damit sind wir genau am richtigen Punkt: Was genau bedeutet dieser Vers heute? Wie können wir das auf unser Leben übertragen? Die Antwort liegt in den Schlüsselwörtern „liebt allezeit“ und „wird für die Not geboren“. Klingt gut – aber was steckt wirklich dahinter? Lass uns tiefer eintauchen…

Die Schlüsselwörter:

In diesem Abschnitt wollen wir uns genauer mit den Schlüsselwörtern aus dem Text befassen. Diese Worte tragen tiefere Bedeutungen, die oft in der Übersetzung verloren gehen oder nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Wir werden die wichtigsten Begriffe aus dem ursprünglichen Text herausnehmen und ihre Bedeutung näher betrachten. Dabei schauen wir nicht nur auf die wörtliche Übersetzung, sondern auch darauf, was sie für das Leben und den Glauben bedeuten. Das hilft uns, die Tiefe und Kraft dieses Verses besser zu verstehen und ihn auf eine neue Weise zu erleben.

Sprüche 17,17 – Ursprünglicher Text (Biblia Hebraica Stuttgartensia):

בְּכָל־עֵ֭ת אֹהֵ֣ב הָרֵ֑עַ וְאָ֥ח לְ֝צָרָ֗ה יִוָּלֵֽד׃

Übersetzung Sprüche 17,17 (Elberfelder 2006):

„Ein Freund liebt zu jeder Zeit, und als Bruder für die Not wird er geboren.“

Semantisch-pragmatische Kommentierung der Schlüsselwörter

  • בְּכָל־עֵ֭ת (bəkol-ʿēt) – „zu jeder Zeit“ – Der Ausdruck setzt sich aus בְּ () – „in, zu“ und כָּל (kōl) – „alles, das Ganze, jeder“ zusammen. Wörtlich bedeutet es „in jeder Zeit“, was eine universelle, konstante Gültigkeit beschreibt. Der Begriff ʿēt (Zeit) meint dabei nicht nur eine vage Dauer, sondern oft eine definierte Epoche oder einen entscheidenden Moment. Hier geht es also nicht nur um „immer“, sondern um eine verlässliche Beständigkeit, die sich gerade in entscheidenden Phasen zeigt.
  • אֹהֵ֣ב (ʾōhēb) – „liebt“ – Das Verb אהב (ʾhb) ist die Standardvokabel für Liebe, aber nicht im romantischen, sondern im loyalen, beständigen Sinn. Es bedeutet Zuneigung, Wohlwollen und eine bewusste Entscheidung für Treue. Der Gebrauch des Partizips (ʾōhēb) zeigt, dass es eine andauernde, charakteristische Eigenschaft ist – wahre Freundschaft ist also kein einmaliger Akt, sondern ein Lebensstil.
  • הָרֵ֑עַ (hārēaʿ) – „Freund“ רֵעַ (rēaʿ) bezeichnet in der hebräischen Bibel nicht nur einen Kumpel oder Bekannten, sondern einen engen Verbündeten, mit dem man sein Leben teilt. Es kann auch den „Nächsten“ im moralischen Sinn bedeuten, also jemanden, zu dem man eine Verpflichtung der Fürsorge hat. Das Wort trägt eine Schutz- und Loyalitätsbedeutung, die über bloße Sympathie hinausgeht.
  • וְאָ֥ח (wəʾāḥ) – „und ein Bruder“ – אָח (ʾāḥ) ist das hebräische Wort für „Bruder“, aber nicht nur im biologischen Sinn. In der damaligen Kultur hatte ein Bruder die Pflicht, für seine Geschwister und Familie einzustehen, besonders in Notzeiten. Der Kontrast zwischen „Freund“ und „Bruder“ in diesem Vers ist spannend: Ein wahrer Freund zeigt sich wie ein Bruder – aber nicht jeder Bruder ist automatisch ein wahrer Freund.
  • לְ֝צָרָ֗ה (ləṣārâ) – „für die Not“ – Das Wort צָרָה (ṣārâ) bedeutet Bedrängnis, Not, Krise, Angst oder Geburtsschmerz. Es beschreibt nicht nur allgemeine Probleme, sondern existenzielles Leid, das eine Person völlig überwältigen kann. Es ist genau diese Art von Not, die wahre Beziehungen auf die Probe stellt.
  • יִוָּלֵֽד׃ (yiwwālēd) – „wird geboren“ – Das Verb ילד (yld) bedeutet „geboren werden, hervorgebracht werden“, kann aber auch metaphorisch für das Hervorgehen einer neuen Identität oder Rolle stehen. Hier wird ausgesagt, dass in der Not jemand nicht nur wie ein Bruder handelt, sondern buchstäblich zu einem Bruder wird – eine neue Ebene der Verbundenheit entsteht.

Was bedeutet das also zusammengefasst? Freundschaft ist nicht nur ein angenehmes Extra im Leben, sondern wird in Krisen zur existenziellen Stütze. Ein echter Freund ist nicht nur da, wenn es leicht ist, sondern zeigt gerade in dunklen Zeiten seine wahre Natur. Und in diesen Momenten wird aus einem Freund oft mehr als das – er wird zur Familie.

Und genau hier setzt unser nächster Schritt an: Was bedeutet dieser Vers aus theologischer Perspektive? Welche geistlichen Prinzipien und Wahrheiten lassen sich daraus ableiten? Lassen wir uns überraschen…

Ein Kommentar zum Text:

Es gibt Verse, die man schnell überliest, weil sie so eingängig klingen, dass man meint, sie längst verstanden zu haben. Sprüche 17,17 ist genau so ein Vers. „Ein Freund liebt zu jeder Zeit, und als Bruder für die Not wird er geboren.“ Klingt fast zu schön, um hinterfragt zu werden – aber genau das tun wir jetzt. Denn dieser Vers hat es in sich.

Um die Tragweite dieses Satzes zu begreifen, müssen wir uns in eine Welt versetzen, in der Freundschaft kein Social-Media-Phänomen, sondern eine existenzielle Notwendigkeit war. Im antiken Israel war man auf die enge Bindung von Freunden und Familienmitgliedern angewiesen, um zu überleben – nicht nur emotional, sondern ganz praktisch. Kein Sozialstaat, keine Krankenversicherung, keine Polizei, die man mal eben rufen konnte. Dein „Netzwerk“ war dein Schutzschild. Ein echter Freund war nicht nur eine nette Ergänzung, sondern überlebenswichtig.

Genau hier setzt der hebräische Text mit einem mächtigen Kontrast an: Der Freund (רֵעַ, rēaʿ) liebt zu jeder Zeit, aber ein Bruder (אָח, ʾāḥ) wird für die Not geboren. Das bedeutet: Freundschaft wird in der Kontinuität getestet, Brüderlichkeit in der Krise. Im besten Fall verschmelzen diese beiden Rollen – ein wahrer Freund wird zum Bruder, wenn es darauf ankommt. Doch genau hier lauert auch die Spannung: Ist Familie automatisch verlässlicher als Freundschaft? In der Antike war das nicht selbstverständlich. Brüder waren oft auch Konkurrenten, sei es um Erbe (Jakob und Esau, 1. Mose 25) oder um Anerkennung (Josef und seine Brüder, 1. Mose 37). Ein Bruder war ein Teil deiner Herkunft – aber nicht immer ein Teil deiner Zukunft.

Das bringt uns zu einer theologischen Kernfrage: Warum betont die Bibel Freundschaft so sehr, wenn doch Familie in der antiken Gesellschaft das höchste Gut war? Die Antwort liegt in einer tiefen Wahrheit, die sich durch das gesamte biblische Narrativ zieht: Gottes Reich ist nicht biologisch definiert, sondern relational. Jesus selbst sprengt diesen Rahmen, als er sagt: „Wer den Willen meines Vaters im Himmel tut, der ist mir Bruder und Schwester und Mutter.“ (Matthäus 12,50). Das bedeutet: Die stärksten Bande entstehen nicht durch Gene, sondern durch gemeinsame Hingabe an Gott.

Der Gedanke, dass ein Freund „zu jeder Zeit“ liebt, mag erst einmal idealistisch klingen. Das hebräische bəkol-ʿēt (בְּכָל־עֵ֭ת) bedeutet „in jeder möglichen Zeit“ – also sowohl im Alltag als auch in Extremsituationen. Aber mal ehrlich: Ist das realistisch? Menschen sind launisch. Beziehungen schwanken. Was also macht diese Art von Freundschaft möglich?

Die Antwort liegt im Wort ʾōhēb (אֹהֵ֣ב) – „liebt“. Hier wird nicht irgendeine emotionale Zuneigung beschrieben, sondern eine bewusste Entscheidung zur Treue. Es ist dieselbe Wurzel, die auch für Gottes Liebe zu Israel verwendet wird (5. Mose 7,8). Das bedeutet: Wahre Freundschaft hat weniger mit Sympathie als mit einer bewussten Wahl zu tun. Es geht nicht darum, ob du dich gerade „danach fühlst“, sondern ob du dich entschieden hast, da zu sein – auch dann, wenn es weh tut.

Und genau hier entfaltet sich die vielleicht tiefste theologische Dimension dieses Verses: Er ist nicht nur eine Anleitung für zwischenmenschliche Beziehungen, sondern eine Reflexion von Gottes Liebe. Denn wer war in der gesamten Heilsgeschichte der Inbegriff eines treuen Freundes? Jesus.

  • „Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben hingibt für seine Freunde.“ (Johannes 15,13)
  • „Ich nenne euch nicht mehr Knechte, sondern Freunde.“ (Johannes 15,15)
  • „Ein Mann mit vielen Gefährten wird zu Fall kommen; aber es gibt einen Freund, der anhänglicher ist als ein Bruder.“ (Sprüche 18,24)

Jesus erfüllt die tiefste Bedeutung dieses Verses. Er liebt „zu jeder Zeit“, selbst als seine Jünger ihn verraten und verlassen. Und genau in der größten Not – am Kreuz – wird er unser Bruder, der sich hingibt, um uns zu retten.

Doch genau hier entsteht ein weiteres Spannungsfeld: Wenn das die Definition eines wahren Freundes ist, wie oft scheitern wir dann daran, selbst solche Freunde zu sein? Die Realität ist, dass viele von uns nicht einmal in kleinen Krisen beständig sind. Wenn’s hart wird, ziehen wir uns zurück. Wenn es unbequem wird, wird’s kompliziert. Doch dieser Vers ruft uns zu einer höheren Art der Freundschaft auf – einer, die nicht auf eigenen Gefühlen basiert, sondern auf göttlicher Treue.

Das bringt uns zu der entscheidenden Frage: Wie können wir das in unserem eigenen Leben umsetzen? Wie wird dieser Vers praktisch? Genau da setzen wir beim nächsten Schritt an: der SPACE-Anwendung. Wir werden entdecken, was dieser Vers konkret für unser Handeln bedeutet – und wie wir selbst lernen können, ein Freund zu sein, der „zu jeder Zeit“ liebt.

Die SPACE-Anwendung*

Die SPACE-Anwendung ist eine Methode, um biblische Texte praktisch auf das tägliche Leben anzuwenden. Sie besteht aus fünf Schritten, die jeweils durch die Anfangsbuchstaben von „SPACE“ repräsentiert werden:

S – Sünde (Sin)

Wenn man den Text genau betrachtet, wird hier keine Sünde direkt benannt – aber, seien wir ehrlich, es gibt einen ganzen Haufen von Dingen, die diesen Vers praktisch unmöglich machen, wenn wir nicht aufpassen. Was steht echter Freundschaft im Weg? Egoismus, Oberflächlichkeit, Stolz – und die Bequemlichkeit, sich nur dann zu melden, wenn man etwas braucht. Es ist viel einfacher, Freundschaft als Option statt als Verpflichtung zu sehen, oder? Mal eine nette Nachricht schicken, wenn man Zeit hat, aber aussteigen, sobald es anstrengend wird. Doch genau das ist die eigentliche Verfehlung: eine Beziehung nur dann zu pflegen, wenn sie bequem ist.

Ein Freund „zu jeder Zeit“ zu lieben bedeutet nicht, nur dann präsent zu sein, wenn es Spaß macht, sondern auch dann, wenn es unbequem, herausfordernd oder sogar schmerzhaft ist. Und die Krise? Sie ist der ultimative Test. Wenn wir ehrlich sind, meiden wir oft die Not anderer, weil sie uns selbst zu viel abverlangen könnte. Es wäre gut, wenn wir uns fragen würden: Bin ich ein Freund, der in schwierigen Zeiten bleibt – oder nur dann, wenn es mir gut in den Kalender passt?

P – Verheißung (Promise)

Dieser Vers gibt uns eine leise, aber mächtige Verheißung: Echte, tief verwurzelte Beziehungen sind möglich. Freundschaft, die jede Zeit übersteht und in der Krise stärker wird, ist nicht nur eine nette Idee, sondern eine Realität, die Gott für uns vorgesehen hat. Es gibt Menschen, die uns nicht verlassen, selbst wenn alles zusammenbricht – und wir können selbst solche Menschen für andere sein.

Auch wenn der Vers selbst keine explizite göttliche Zusage enthält, gibt es viele biblische Parallelstellen, die diesen Gedanken stärken. Jesus selbst nennt uns seine Freunde (Johannes 15,15) und zeigt, dass wahre Freundschaft Hingabe bedeutet (Johannes 15,13). Es ist also nicht nur ein schöner Wunsch, sondern eine von Gott beabsichtigte Realität: Tiefe Freundschaft ist möglich, wenn wir uns darauf einlassen.

A – Aktion (Action)

Hier liegt die größte Herausforderung. Wie werden wir zu Menschen, die zu jeder Zeit lieben? Die Antwort liegt nicht in einer oberflächlichen Verhaltensänderung, sondern in einem echten Perspektivenwechsel. Es wäre gut, wenn wir anfangen, Beziehungen anders zu betrachten – nicht als Transaktionen, sondern als echte Investitionen. Freundschaft bedeutet nicht „Ich gebe, damit ich bekomme“, sondern „Ich bin da, weil du es wert bist.“

Das bedeutet konkret: Sei proaktiv. Warte nicht, bis jemand dich um Hilfe bittet – werde jemand, der Not erkennt, bevor sie ausgesprochen wird. Ein Anruf, eine Nachricht, ein Besuch können oft mehr bedeuten, als du denkst. Gleichzeitig sollten wir uns fragen: Habe ich Beziehungen, die tief genug gehen, um solche Freundschaften zu ermöglichen? Oder halte ich alles lieber auf Distanz, weil es sicherer ist?

Es wäre gut, wenn wir auch lernen würden, die Not anderer nicht zu scheuen. Ja, es wird Momente geben, in denen es ungemütlich wird. Freundschaft bedeutet, sich manchmal freiwillig ins Chaos eines anderen hineinziehen zu lassen – aber genau da entstehen die tiefsten Verbindungen. Vielleicht ist eine der besten Entscheidungen, die wir heute treffen können, aktiv auf jemanden zuzugehen, der gerade durch eine schwere Zeit geht.

C – Appell (Command)

Der Text enthält keinen direkten Befehl – aber die Botschaft ist deutlich: Lebe Freundschaft als bewusste Entscheidung, nicht als Option. Es wäre gut, wenn wir lernen, beständig zu sein, wenn es drauf ankommt. Das bedeutet, Freundschaft nicht als Hobby zu betrachten, das man in seiner Freizeit pflegt, sondern als eine der wichtigsten Aufgaben im Leben.

Wenn Jesus uns seine Freunde nennt, dann zeigt er uns, wie tief diese Art von Bindung gehen sollte. Echte Freundschaft sieht die Not des anderen und bleibt – auch dann, wenn es anstrengend wird.

E – Beispiel (Example)

Ein starkes Beispiel für wahre Freundschaft finden wir in David und Jonatan (1. Samuel 18,1-4; 1. Samuel 20,16-17). Jonatan hätte allen Grund gehabt, David als Konkurrenten zu sehen – schließlich war er der natürliche Thronfolger. Doch er entschied sich bewusst für Freundschaft, selbst als das bedeutete, sich gegen seinen eigenen Vater zu stellen. Er liebte David nicht nur in guten Zeiten, sondern auch in größter Not.

Ein weiteres Beispiel sehen wir in Ruth und Noomi (Ruth 1,16-17). Ruth hätte zurück in ihre Heimat gehen und ein neues Leben beginnen können – stattdessen entschied sie sich, bei Noomi zu bleiben, auch wenn das bedeutete, selbst in Armut und Unsicherheit zu leben. Diese Art von Treue zeigt, dass wahre Bindungen nicht von äußeren Umständen abhängen, sondern von der Entscheidung, für jemanden da zu sein.

Genau das bringt uns zur nächsten und vielleicht wichtigsten Frage: Wie tief bin ich bereit, mich auf Beziehungen einzulassen? Jetzt geht es um die persönliche Identifikation mit dem Text – Was macht dieser Vers mit mir? Wo fordert er mich heraus? Lassen wir uns darauf ein…

Persönliche Identifikation mit dem Text:

In diesem Schritt stelle ich mir sogenannte „W“ Fragen: „Was möchte der Text mir sagen?“ in der suche nach der Hauptbotschaft. Dann überlege ich, „Was sagt der Text nicht?“ um Missverständnisse zu vermeiden. Ich reflektiere, „Warum ist dieser Text für mich wichtig?“ um seine Relevanz für mein Leben zu erkennen. Anschließend frage ich mich, „Wie kann ich den Text in meinem Alltag umsetzen/anwenden?“ um praktische Anwendungsmöglichkeiten zu finden. Weiterhin denke ich darüber nach, „Wie wirkt sich der Text auf meinen Glauben aus?“ um zu sehen, wie er meinen Glauben stärkt oder herausfordert. Schließlich frage ich, „Welche Schlussfolgerungen kann ich für mich aus dem Gesagten ziehen?“ um konkrete Handlungen und Einstellungen abzuleiten.

Es gibt Verse, die klingen so schön, dass man fast vergisst, wie unbequem sie eigentlich sind. Sprüche 17,17 ist genau so einer. „Ein Freund liebt zu jeder Zeit, und als Bruder für die Not wird er geboren.“ Klingt erstmal inspirierend, oder? Doch wenn man ehrlich ist, fühlt sich das auch ein bisschen wie ein Seitenhieb an. So ein Vers ist wie ein Spiegel, der fragt: Bist du wirklich so ein Freund? Oder bist du eher der Typ, der sich unauffällig aus der Affäre zieht, wenn’s kompliziert wird?

Was dieser Text mir sagen will, ist eigentlich brutal einfach – und genau deshalb so schwer. Freundschaft ist nicht nur dann echt, wenn es sich gut anfühlt. Echte Freundschaft zeigt sich genau dann, wenn man am liebsten gehen würde. In der Theorie klingt das super. In der Praxis? Da gibt es tausend Gründe, warum es schwerfällt. Weil wir müde sind. Weil wir selbst genug Stress haben. Weil wir keine Lösung für die Probleme des anderen sehen. Und ja, manchmal auch einfach, weil wir keine Lust haben. Aber genau das macht den Unterschied zwischen Bekannten und echten Freunden aus: Ein Freund bleibt – nicht, weil es sich lohnt, sondern weil es richtig ist.

Was der Text nicht sagt, ist auch spannend. Er sagt nicht, dass wir mit jedem Menschen gleich tiefe Freundschaft leben können oder müssen. Selbst Jesus hatte verschiedene Ebenen der Nähe: Er hatte die 12 Jünger, von denen drei – Petrus, Jakobus und Johannes – besonders nah an ihm dran waren. Und das nicht, weil Jesus Favoriten hatte, sondern weil sie es selbst so wollten. Petrus war der Typ „Ich gehe mit dir bis in den Tod!“ – außer, wenn ein paar Römer fragen. Jakobus und Johannes dachten groß und wollten direkt neben Jesus im Reich Gottes sitzen – eine Art biblischer VIP-Bereich. Und Jesus? Er hat sie genau in die Momente mitgenommen, in denen sich ihre Worte beweisen mussten. Vielleicht, weil wahre Freundschaft nicht nur bedeutet, nah dran zu sein, sondern auch zu erkennen, wo man noch Luft nach oben hat.

Doch Nähe bedeutet nicht automatisch Beständigkeit. Petrus hatte große Worte – aber am Ende musste ein Hahn krähen, damit er seine eigene Schwäche erkannte. Jakobus und Johannes wollten Ehre – aber nicht unbedingt den Preis, den es kosten würde. Und doch gibt es eine faszinierende Beobachtung: Von allen Jüngern war Johannes der Einzige, der am Kreuz stand (Johannes 19,26). Vielleicht ist das der Punkt. Ein Freund zu sein bedeutet nicht, immer alles richtigzumachen. Es bedeutet, am Ende dazubleiben.

Und hier kommt der Punkt, der mich wirklich packt: Dieser Vers verändert, wie ich über meinen Glauben denke. Ich finde es faszinierend, dass Jesus sich in Johannes 15,15 als „Freund“ bezeichnet. Nicht als Herr, nicht als unnahbare Autorität, sondern als jemand, der bleibt. Genau das ist der Herzschlag des Evangeliums: Gott liebt nicht nur dann, wenn es schön ist, sondern er bleibt, wenn alles auseinanderfällt. Wenn das der Maßstab ist – dann heißt Glauben nicht nur, sich mit frommen Gedanken wohlzufühlen. Es heißt, sich auf Beziehungen einzulassen, die echt sind, auch wenn sie manchmal wehtun.

Aber wie setzt man das um? Ich glaube, es beginnt mit einer ehrlichen Selbstprüfung. Für wen bin ich wirklich da – und bei wem rede ich mir ein, dass es „gerade nicht passt“? Freundschaft ist eine bewusste Entscheidung. Vielleicht sollte ich mich fragen: Wo kann ich den ersten Schritt machen? Wo kann ich mehr zuhören, anstatt gleich eine Lösung anzubieten? Wo kann ich einfach da sein, ohne mich aus der Verantwortung zu stehlen? Denn die Wahrheit ist: Wenn wir solche Freunde sein wollen, müssen wir uns von der Idee verabschieden, dass Beziehungen immer bequem sind. Vielleicht fängt das damit an, mal wieder jemanden anzurufen, ohne einen Grund zu haben. Oder nachzufragen, wenn jemand sich zurückzieht, statt es einfach hinzunehmen.

Was nehme ich aus all dem mit? Ganz ehrlich: Es ist nicht immer easy, aber es könnte sich lohnen. Der Wert einer Freundschaft zeigt sich nicht in den Sonnentagen, sondern in den Stürmen. Und wer weiß – vielleicht bedeutet ein kleiner Schritt von dir heute, dass jemand morgen nicht alleine durch eine schwere Zeit muss.

Also: Mach den ersten Schritt. Sei dieser Freund. Es könnte genau das sein, was jemand gerade braucht – und vielleicht auch, was du selbst brauchst.


*Die SPACE-Analyse im Detail:

Sünde (Sin): In diesem Schritt überlegst du, ob der Bibeltext eine spezifische Sünde aufzeigt, vor der du dich hüten solltest. Es geht darum, persönliche Fehler oder falsche Verhaltensweisen zu erkennen, die der Text anspricht. Sprich, Sünde, wird hier als Verfehlung gegenüber den „Lebens fördernden Standards“ definiert.

Verheißung (Promise): Hier suchst du nach Verheißungen in dem Text. Das können Zusagen Gottes sein, die dir Mut, Hoffnung oder Trost geben. Diese Verheißungen sind Erinnerungen an Gottes Charakter und seine treue Fürsorge.

Aktion (Action): Dieser Teil betrachtet, welche Handlungen oder Verhaltensänderungen der Text vorschlägt. Es geht um konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um deinen Glauben in die Tat umzusetzen.

Appell (Command): Hier identifizierst du, ob es in dem Text ein direktes Gebot oder eine Aufforderung gibt, die Gott an seine Leser richtet. Dieser Schritt hilft dir, Gottes Willen für dein Leben besser zu verstehen.

Beispiel (Example): Schließlich suchst du nach Beispielen im Text, die du nachahmen (oder manchmal auch vermeiden) solltest. Das können Handlungen oder Charaktereigenschaften von Personen in der Bibel sein, die als Vorbild dienen.

Diese Methode hilft dabei, die Bibel nicht nur als historisches oder spirituelles Dokument zu lesen, sondern sie auch praktisch und persönlich anzuwenden. Sie dient dazu, das Wort Gottes lebendig und relevant im Alltag zu machen.