Lukas 6,33 Echte Liebe rechnet nicht – und genau das macht sie so stark → „Ist es etwas Besonderes, denen Gutes zu tun, die auch zu euch gut sind? Das können auch Menschen, die Gott ablehnen“

Fettgedrucktes für schnell Leser…

Einleitender Impuls:

Jesus sprengt mal wieder die Komfortzone. Sein Punkt? Echte Liebe rechnet nicht. Wir sind es gewohnt, dass Beziehungen auf Gegenseitigkeit beruhen – du bist nett zu mir, also bin ich nett zu dir. Fairer Deal. Aber Jesus stellt dieses ganze System infrage. Wenn selbst Menschen ohne Glauben das Prinzip von „Wie du mir, so ich dir“ verstehen, was unterscheidet dann seine Nachfolger? Genau hier liegt die Herausforderung: Nicht nur freundlich sein, wenn es sich lohnt, sondern aus einer inneren Fülle heraus geben – auch wenn nichts zurückkommt.

Das ist keine naive Einladung zum Fußabtreter-Dasein, sondern eine radikale Umprogrammierung. Es geht darum, Liebe nicht als Tauschgeschäft, sondern als Haltung zu verstehen. Jesus fordert uns heraus, nicht erst auf eine Gegenleistung zu warten, sondern Gutes zu tun, einfach weil es gut ist. Nicht, um Punkte zu sammeln, sondern weil wir bereits geliebt sind. Das ist ein Perspektivenwechsel, der uns aus der Abhängigkeit von anderen befreit. Stell dir vor, du wärst freundlich, weil es zu deinem Charakter gehört – nicht, weil jemand anderes es verdient hat.

Klar, das klingt heroisch in der Theorie, aber die Praxis ist ein anderes Spiel. Jeder von uns kennt die Frustration, wenn Freundlichkeit ignoriert wird oder sich jemand unser gutes Herz zunutze macht. Jesus sagt nicht, dass es leicht ist – aber dass es sich lohnt. Weil diese Art von Liebe nicht nur andere verändert, sondern vor allem uns selbst. Sie macht uns frei von Erwartungen und frei zum Geben. Und genau darum geht es: Lass uns nicht nur annehmen, dass wir geliebt sind – lass uns diese Liebe leben.

Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:

  1. Wann hast du das letzte Mal etwas getan, ohne auf eine Gegenleistung zu hoffen – und wie hat es sich angefühlt?
  2. Wo in deinem Leben merkst du, dass deine Freundlichkeit oder Großzügigkeit oft an Bedingungen geknüpft ist?
  3. Was würde sich in deinen Beziehungen verändern, wenn du Liebe als eine Haltung statt als Tauschgeschäft sehen würdest?

Parallele Bibeltexte als Slogans:

Matthäus 5:46 – „Wenn ihr nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr?“

Sprüche 11:25 – „Wer andere erfrischt, wird selbst erfrischt“

Römer 12:20 – „Wenn dein Feind hungrig ist, gib ihm zu essen“

Lukas 6:35 – „Liebt eure Feinde und tut Gutes, ohne etwas zu erwarten“

Wenn du wissen willst, warum echte Liebe immer ein Wagnis ist – aber eines, das sich lohnt – dann lass uns tiefer eintauchen.

Die Informationen für den Impuls hole ich mir meistens aus BibleHub.com damit auch du es nachschlagen kannst.


Bevor wir uns in Lukas 6,33 vertiefen und entdecken, was dieser Text mit unserem Leben zu tun hat, lass uns die Betrachtung mit einem Gebet beginnen. Es ist immer gut, den Kopf frei zu machen und das Herz für Gottes Stimme zu öffnen.

Lieber Vater, es ist schön, dass wir in deinem Wort Weisheit und Orientierung finden dürfen. Lukas 6,33 erinnert uns daran, über das Gewöhnliche hinauszugehen und wahre Liebe zu leben, die nicht auf Gegenleistung wartet. Öffne unser Herz und unseren Verstand, damit wir erkennen, was dieser Vers in unserem Alltag verändern kann. Zeig uns, wie wir deine Prinzipien der Liebe und Gnade tiefer verstehen und leben können.

In Jesu Namen beten wir,

Amen.

Der Text:

Zunächst werfen wir einen Blick auf den Text in verschiedenen Bibelübersetzungen. Dadurch gewinnen wir ein tieferes Verständnis und können die unterschiedlichen Nuancen des Textes in den jeweiligen Übersetzungen oder Übertragungen besser erfassen. Dazu vergleichen wir die Elberfelder 2006 (ELB 2006), Schlachter 2000 (SLT), Luther 2017 (LU17), Basis Bibel (BB) und die Hoffnung für alle 2015 (Hfa).

Lukas 6,33

ELB 2006 Und wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, was für einen Dank habt ihr? Auch die Sünder tun dasselbe.

SLT Und wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, was für einen Dank erwartet ihr dafür? Denn auch die Sünder tun dasselbe.

LU17 Und wenn ihr euren Wohltätern wohltut, welchen Dank habt ihr davon? Das tun die Sünder auch.

BB Wenn ihr nur denen Gutes tut, die euch Gutes tun: Welchen besonderen Dank erwartet ihr von Gott? Sogar die Sünder handeln so.

HfA Ist es etwas Besonderes, denen Gutes zu tun, die auch zu euch gut sind? Das können auch Menschen, die Gott ablehnen.

Der Kontext:

In diesem Abschnitt geht es darum, die grundlegenden Fragen – das „Wer“, „Wo“, „Was“, „Wann“ und „Warum“ – zu klären. Das Ziel ist es, ein besseres Bild von der Welt und den Umständen zu zeichnen, in denen dieser Vers verfasst wurde. So bekommen wir ein tieferes Verständnis für die Botschaft, bevor wir uns den Details widmen.

Kurzgesagt… Jesus hält eine Rede, die alles auf den Kopf stellt. In Lukas 6,33 geht es darum, was echte Liebe bedeutet – nämlich eine, die nicht nur auf Gegenseitigkeit beruht. Er fordert seine Zuhörer heraus, mehr zu tun als das, was „normal“ wäre. Doch um zu verstehen, warum das so radikal ist, müssen wir uns anschauen, wer da eigentlich zuhört und warum dieser Moment so explosiv ist.

Previously on… Die Szene spielt sich in einer Welt ab, die von klaren sozialen und religiösen Grenzen geprägt ist. Jesus ist mitten in seiner Lehrtätigkeit und zieht eine riesige Menge an – nicht nur fromme Juden, sondern auch Neugierige, Skeptiker und sogar Feinde. Die Stimmung? Gemischt. Während einige fasziniert sind, reiben sich andere an seinen Worten, weil er die Messlatte nicht nur höher legt, sondern sie gefühlt in eine ganz neue Dimension schiebt. Vor diesem Vers hat Jesus bereits über Feindesliebe gesprochen – eine Idee, die damals ebenso unbequem war wie heute. Seine Haltung: Wenn du nur denen Gutes tust, die dir ebenfalls Gutes tun, ist das nichts Besonderes. Das machen sogar Sünder. Eine steile These in einer Kultur, in der „Auge um Auge“ noch stark im Bewusstsein verankert war.

Der Geistig-religiöser Kontext und Spannung… Jüdische Moralvorstellungen basierten auf dem Gesetz des Mose, das durchaus Gerechtigkeit und Nächstenliebe forderte, aber nicht unbedingt eine Liebe, die freiwillig über das Maß der Fairness hinausgeht. Das Konzept der Feindesliebe? Ungehörig, fast gefährlich. In einer Gesellschaft, die von römischer Besatzung dominiert wird, ist es sowieso schon schwer genug, den Kopf oben zu halten. Jetzt kommt Jesus und sagt: „Macht nicht nur das Minimum, sondern liebt sogar eure Feinde.“ Kein Wunder, dass das für viele ein zu großer Schluck aus der Pulle war.

Aber genau hier liegt die Spannung. Jesus spricht nicht nur zu einfachen Menschen, sondern auch zu Pharisäern, die sich mit Geboten bestens auskennen. Sein Punkt? Wie schon gesagt, wenn ihr nur freundlich zu denen seid, die euch freundlich begegnen – was unterscheidet euch dann von allen anderen? Das trifft genau in die Wunde, weil es bedeutet, dass moralische Überlegenheit nicht auf Gesetzestreue basiert, sondern auf einer radikal anderen Haltung. Und genau das führt uns zum nächsten Schritt: Was genau sagt Jesus hier? Was bedeuten die Schlüsselwörter des Verses?

Die Schlüsselwörter:

In diesem Abschnitt wollen wir uns genauer mit den Schlüsselwörtern aus dem Text befassen. Diese Worte tragen tiefere Bedeutungen, die oft in der Übersetzung verloren gehen oder nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Wir werden die wichtigsten Begriffe aus dem ursprünglichen Text herausnehmen und ihre Bedeutung näher betrachten. Dabei schauen wir nicht nur auf die wörtliche Übersetzung, sondern auch darauf, was sie für das Leben und den Glauben bedeuten. Das hilft uns, die Tiefe und Kraft dieses Verses besser zu verstehen und ihn auf eine neue Weise zu erleben.

Lukas 6,33 – Ursprünglicher Text (Nestle-Aland 28):

καὶ ἐὰν ἀγαθοποιῆτε τοὺς ἀγαθοποιοῦντας ὑμᾶς, ποία ὑμῖν χάρις ἐστίν; καὶ οἱ ἁμαρτωλοὶ τὸ αὐτὸ ποιοῦσιν.

Übersetzung Lukas 6,33 (Elberfelder 2006):

„Und wenn ihr denen Gutes tut, die euch Gutes tun, was für einen Dank habt ihr? Auch die Sünder tun dasselbe.“

Semantisch-pragmatische Kommentierung der Schlüsselwörter

  • ἀγαθοποιῆτε (agathopoiēte) – „Gutes tun“: Dieses Wort setzt sich aus „agathos“ (gut) und „poieō“ (tun, machen) zusammen und bedeutet mehr als nur ein freundliches Verhalten. Es beschreibt eine aktive, wohlwollende Handlung, die aus einer tiefen inneren Überzeugung geschieht. Es geht nicht um kalkulierte Nettigkeit, sondern um echtes, uneigennütziges Handeln. Der Konjunktiv zeigt an: Jesus stellt eine Hypothese auf – was wäre, wenn ihr das tun würdet? Würde das schon reichen?
  • ἀγαθοποιοῦντας (agathopoiountas) – „die euch Gutes tun“: Dieses Partizip steht im Akkusativ und bezeichnet jene, die bereits gutes Verhalten zeigen. Jesus kritisiert hier eine moralische Komfortzone: Freundlichkeit gegen Freundlichkeit ist kein Zeichen überlegener Moral – es ist schlichtes Reagieren. Das tun sogar Menschen, die keinen Anspruch auf ethische Prinzipien erheben.
  • χάρις (charis) – „Dank“ oder „Gnade“: Ein zentrales Wort! Charis bedeutet ursprünglich „Gunst, Wohlwollen“ und ist eng mit dem Konzept der Gnade verbunden. Im Kontext von Lukas 6,33 könnte man es auch als „Anerkennung“ oder „besonderen Verdienst“ übersetzen. Jesus stellt die Frage: Verdient jemand wirklich Anerkennung für eine Handlung, die völlig selbstverständlich ist? Anders gesagt: Wenn deine Ethik nicht über die Norm hinausgeht, warum sollte das jemand als außergewöhnlich betrachten?
  • ἁμαρτωλοὶ (hamartōloi) – „Sünder“: Das Wort „hamartōlos“ kommt von „hamartia“, was ursprünglich „das Ziel verfehlen“ bedeutet. Es wurde später zur Bezeichnung für Menschen, die moralisch oder religiös abseits des rechten Weges stehen. In der jüdischen Welt war ein „Sünder“ nicht nur jemand, der Fehler macht, sondern oft jemand, der bewusst außerhalb des Gesetzes lebt. Die Pointe? Selbst die, die nicht nach Gottes Willen fragen, verstehen das Prinzip von Geben und Nehmen.
  • ποιοῦσιν (poiousin) – „tun“: Das Verb „poieō“ ist hier im Indikativ, also eine Feststellung: Es ist ein Fakt, dass auch Sünder genauso handeln. Hier liegt die Spitze von Jesu Argumentation: Wenn dein Handeln sich nicht von dem der anderen unterscheidet, worin zeigt sich dann deine Nachfolge?

Was Jesus hier anstößt, ist keine Kleinigkeit. Er hinterfragt die gängige Logik von Geben und Nehmen und legt die Messlatte radikal höher. Doch was bedeutet das theologisch? Warum sollte jemand über das hinausgehen, was selbstverständlich ist? Genau das sehen wir im nächsten Abschnitt, wenn wir uns den theologischen Kommentar zum Vers anschauen.

Ein Kommentar zum Text:

Lukas 6,33 ist eine dieser Stellen, die uns auf den ersten Blick mit einem Schulterzucken zurücklassen könnten – „Ja klar, wenn ich nur nett zu denen bin, die nett zu mir sind, ist das keine große Leistung.“ Das ist fast schon gesunder Menschenverstand, oder? Aber genau da liegt die Falle. Jesus sagt das nicht, um uns einen simplen Lifehack für bessere Beziehungen zu geben – er legt den Finger auf einen wunden Punkt unserer Ethik. Denn wenn selbst Menschen, die nichts mit Gott am Hut haben, dieses Prinzip von Geben und Nehmen verstehen, was unterscheidet dann einen Nachfolger Jesu von ihnen?

Um das richtig zu durchdringen, müssen wir eine Ebene tiefer gehen. Die griechischen Begriffe „ἀγαθοποιῆτε“ (agathopoieite) und „ἀγαθοποιοῦντας“ (agathopoiountas) beschreiben nicht einfach eine freundliche Geste, sondern eine aktive, anhaltende Praxis des Gutes-Tuns. Es geht also nicht um gelegentliche Nettigkeiten, sondern um eine Lebenseinstellung. In der jüdischen Welt wurde das Gute zu tun oft mit der Erfüllung der Thora (Gesetz) gleichgesetzt. Aber Jesus macht klar: Göttliche Liebe geht weit über das Erwartbare hinaus. Und hier wird’s spannend: Das Wort „χάρις“ (charis), das hier mit „Dank“ oder „Gnade“ übersetzt wird, hat eine tiefere Bedeutung. In der antiken Welt stand charis nicht nur für „Dankbarkeit“, sondern auch für „Gunst“ oder „unverdiente Freundlichkeit“ – ein Begriff, der später zentral für die christliche Theologie wird. Mit anderen Worten: Wenn du nur dann gut bist, wenn du dir einen Return erhoffst, dann bewegst du dich auf dem Level von reiner Zweckmäßigkeit, nicht auf dem Level von echter Gnade.

Hier lohnt sich ein Vergleich mit Matthäus 5,46: „Denn wenn ihr die liebt, die euch lieben, welchen Lohn habt ihr? Tun nicht auch die Zöllner dasselbe?“ Hier taucht das Wort „μισθός“ (misthos, „Lohn“) auf, das sich auf eine Belohnung oder ein verdientes Entgelt bezieht. Das ist ein feiner, aber entscheidender Unterschied: Matthäus spricht von einem konkreten Lohn, während Lukas eher das Konzept der Gnade betont. Jesus stellt damit eine krasse Gegenüberstellung auf: Entweder du lebst in einem „Ich-gebe-dir-damit-du-mir-gibst“-System oder du bist bereit, aus reiner Liebe zu handeln.

Jetzt mal ehrlich: Wer will schon gerne ausgenutzt werden? Das ist doch genau der Punkt, den unser Verstand uns immer wieder vorhält. „Wenn ich nett bin, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, mache ich mich doch nur zum Spielball für andere!“ Genau hier kommt die große Spannung ins Spiel: Jesus fordert uns nicht auf, naiv zu sein, sondern unsere Logik umzuprogrammieren. Er zeigt, dass echte göttliche Liebe sich nicht an menschlichen Deals orientiert, sondern an einer höheren Realität. Das bedeutet nicht, dass wir blind ins Verderben rennen sollen – aber es bedeutet, dass unser Herz auf das Gute ausgerichtet bleibt, auch wenn es sich nicht sofort auszahlt.

Diese Idee zieht sich durch das gesamte Neue Testament. Paulus bringt es in Römer 12,20 auf den Punkt: „Wenn dein Feind Hunger hat, gib ihm zu essen; wenn er Durst hat, gib ihm zu trinken; denn wenn du das tust, wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln.“ Klingt erst mal merkwürdig, oder? Was sollen bitte „feurige Kohlen“ sein? Das ist eine alte Redewendung, die im Kern bedeutet: „Wenn du jemandem Gutes tust, obwohl er es nicht erwartet oder verdient, zwingst du ihn dazu, seine eigene Haltung zu hinterfragen.“ Genau das ist der Punkt von Lukas 6,33: Wer Gutes tut, weil er eine Gegenleistung erwartet, ist Teil eines weltlichen Systems. Wer Gutes tut, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, bricht dieses System auf.

Wenn wir das weiterdenken, kommen wir unweigerlich zu der Frage: Warum genau fordert Jesus das von uns? Ist das nicht unrealistisch? Und hier wird’s theologisch richtig spannend. Das Evangelium basiert auf der Idee, dass Gott uns liebt, bevor wir ihn lieben – dass er uns Gutes tut, obwohl wir es nicht verdienen. (Römer 5,8: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“) Wenn das das Fundament unseres Glaubens ist, dann ergibt es plötzlich Sinn, dass wir diese Liebe widerspiegeln sollen. Jesus bittet uns nicht um eine unmenschliche Ethik – er bittet uns, aus dem zu leben, was wir selbst empfangen haben.

Jetzt bleibt natürlich die Frage: Wie kann man das praktisch umsetzen, ohne sich ständig überfordert zu fühlen? Genau da kommt die SPACE-Methode ins Spiel – eine praktische Art, biblische Wahrheiten in den Alltag zu übertragen. Also, schauen wir uns im nächsten Schritt an, wie wir diesen Vers konkret leben können.

Die SPACE-Anwendung*

Die SPACE-Anwendung ist eine Methode, um biblische Texte praktisch auf das tägliche Leben anzuwenden. Sie besteht aus fünf Schritten, die jeweils durch die Anfangsbuchstaben von „SPACE“ repräsentiert werden:

S – Sünde (Sin)

Lukas 6,33 spricht keine klassische „Sünde“ im Sinne eines klar definierten Vergehens an, sondern trifft uns wieder einmal an einer viel subtileren Stelle: unsere instinktive Neigung, nur dann großzügig oder freundlich zu sein, wenn wir etwas dafür zurückbekommen. Das klingt erst mal harmlos – ist ja nur menschlich, oder? Aber genau das ist das Problem. Wir neigen dazu, Beziehungen wie eine Investition zu sehen: Ich gebe dir Liebe, Freundlichkeit oder Hilfe – aber nur, wenn ich weiß, dass ich eine Rendite erwarten kann. Das ist nicht unbedingt böse gemeint, aber es macht uns unfrei. Denn wenn unser Gutes-Tun immer an eine Gegenleistung gebunden ist, dann sind wir in Wahrheit nicht liebevoll, sondern geschäftstüchtig. Und das ist das, was Jesus hier entlarvt.

Das Tragische daran ist, dass diese Haltung uns davon abhält, echte, unberechnende Beziehungen aufzubauen. Sie hält uns gefangen in einer Welt, in der unser Verhalten von anderen diktiert wird: Wenn jemand nett ist, sind wir nett. Wenn jemand kühl ist, ziehen wir uns zurück. Und wenn jemand uns verletzt, dann – na ja, dann wird’s eben kompliziert. Aber Jesus zeigt: Du kannst aus dieser Spirale aussteigen.

P – Verheißung (Promise)

Hier kommt die gute Nachricht: Gottes Liebe ist nicht wie unsere. Er gibt nicht, weil wir erst einmal brav Punkte sammeln müssen, sondern weil es in seinem Wesen liegt, zu geben. Matthäus 5,45 sagt: „Er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Anders gesagt: Gott spielt kein Geben-und-Nehmen-Spiel – und wenn wir uns auf ihn einlassen, dürfen wir lernen, genauso großzügig zu leben.

Das bedeutet nicht, dass wir blauäugig sein sollen oder uns ausnutzen lassen müssen. Es bedeutet, dass wir innerlich frei werden können von diesem „Ich-tue-was-für-dich-damit-du-was-für-mich-tust“-Denken. Die Verheißung, die sich durch diesen Vers hindurchzieht, ist die Freiheit echter Liebe. Eine Liebe, die sich nicht abhängig macht von der Reaktion des anderen. Eine Liebe, die nicht aus Pflicht, sondern aus Fülle fließt.

A – Aktion (Action)

Wenn du den Text wirklich ernst nimmst, bedeutet das einen Perspektivenwechsel in der Art, wie du mit Menschen umgehst. Statt nur nett zu denen zu sein, die nett zu dir sind, kannst du anfangen, aktiv und absichtlich zu lieben. Das ist nicht nur ein moralischer Akt, sondern eine Haltung, die deine Sichtweise auf Menschen verändert. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, gut zu denen zu sein, die es nicht „verdienen“.

Und das ist schwer. Warum? Weil es unserem Gefühl für Gerechtigkeit widerspricht. Wir haben tief in uns drin die Überzeugung, dass Menschen es „wert“ sein müssen, dass wir freundlich zu ihnen sind. Aber Jesus fordert uns heraus, genau da umzudenken: Deine Freundlichkeit ist kein Lohn, sondern ein Geschenk. Es wäre also gut, wenn du dich bewusst fragst: Gibt es jemanden, bei dem du instinktiv zurückhältst, weil du denkst, er oder sie „hat es nicht verdient“? Vielleicht jemand, der dich ignoriert? Ein Freund, der sich lange nicht gemeldet hat? Ein Verwandter, der dich verletzt hat?

Der nächste praktische Schritt wäre dann, bewusst einen Moment der unberechnenden Freundlichkeit einzubauen. Eine Nachricht ohne Erwartung einer Antwort. Ein aufrichtiges Kompliment ohne Hintergedanken. Eine kleine Hilfe, ohne dass du auf Dank hoffst. Nicht als Regel oder moralische Übung, sondern als bewusste Entscheidung, aus der Fülle heraus zu geben.

C – Appell (Command)

Lebe nicht nach der Logik von „Wenn du mir, dann ich dir“, sondern nach der Logik von „Ich liebe, weil ich geliebt bin“.

Das ist nicht einfach, aber es ist der Weg in eine andere Realität – eine, in der du nicht mehr von der Reaktion anderer abhängig bist. Jesus zeigt dir hier nicht nur, was richtig ist, sondern auch, was dich frei macht. Und das ist vielleicht der spannendste Punkt: Wenn du anfängst, Liebe ohne Erwartung zu geben, wirst du merken, dass du nicht weniger bekommst, sondern mehr. Denn Menschen spüren, wenn etwas echt ist. Und echte Liebe hat die Kraft, Dinge zu verändern.

E – Beispiel (Example)

Ein starkes Beispiel dafür ist die Geschichte vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,25-37). Er hilft einem Menschen, von dem er nichts erwarten kann – einem Fremden, der vermutlich nicht mal „Danke“ gesagt hätte. Sein Tun war nicht taktisch, sondern geprägt von echter Güte.

Ein weiteres Beispiel ist Jesus selbst, als er am Kreuz betet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ (Lukas 23,34). Er hätte allen Grund gehabt, nur für die zu beten, die ihn liebten – aber stattdessen betet er für die, die ihn ans Kreuz geschlagen haben. Er lebte vor, was er lehrte: Liebe ohne Berechnung.

Und jetzt? Jetzt kommt der spannendste Teil: Wie sieht das ganz konkret in deinem Leben aus? Genau das schauen wir uns im nächsten Schritt an – in der persönlichen Identifikation mit dem Text.

Persönliche Identifikation mit dem Text:

In diesem Schritt stelle ich mir sogenannte „W“ Fragen: „Was möchte der Text mir sagen?“ in der suche nach der Hauptbotschaft. Dann überlege ich, „Was sagt der Text nicht?“ um Missverständnisse zu vermeiden. Ich reflektiere, „Warum ist dieser Text für mich wichtig?“ um seine Relevanz für mein Leben zu erkennen. Anschließend frage ich mich, „Wie kann ich den Text in meinem Alltag umsetzen/anwenden?“ um praktische Anwendungsmöglichkeiten zu finden. Weiterhin denke ich darüber nach, „Wie wirkt sich der Text auf meinen Glauben aus?“ um zu sehen, wie er meinen Glauben stärkt oder herausfordert. Schließlich frage ich, „Welche Schlussfolgerungen kann ich für mich aus dem Gesagten ziehen?“ um konkrete Handlungen und Einstellungen abzuleiten.

Ich muss zugeben, dieser Text ist unbequem. Er kratzt an etwas in mir, das sich instinktiv wehrt. Denn seien wir ehrlich: Wer will schon einfach nett sein, ohne eine Gegenleistung zu erwarten? Wer möchte schon riskieren, dass seine Großzügigkeit ins Leere läuft? Wir alle haben diese unsichtbare Buchhaltung im Kopf, die mitrechnet, wer wann was für uns getan hat. Und dann kommt Jesus und sagt: „Lass das mal. Tu Gutes, auch wenn es dir nichts bringt.“ Klingt nobel – aber auch ein bisschen naiv, oder?

Doch genau hier liegt der Punkt, an dem der Text mich herausfordert. Es geht nicht darum, zum Fußabtreter zu werden oder sich ausnutzen zu lassen. Es geht um eine völlig andere Art zu leben. Eine, die nicht mehr auf „Ich gebe dir, damit du mir gibst“ basiert, sondern auf „Ich gebe, weil ich ein geliebter Mensch bin und es mir nicht schadet, Liebe zu zeigen.“ Diese Haltung ist radikal, weil sie sich nicht von der Reaktion anderer steuern lässt. Sie bedeutet: Ich bin nicht länger fremdbestimmt. Wenn mein Chef mich ignoriert, kann ich trotzdem freundlich bleiben. Wenn mein Nachbar sich nie bedankt, kann ich trotzdem weiter Gutes tun. Es ist die Entscheidung, aus Fülle zu leben, nicht aus Mangel.

Und genau das ist der Punkt, an dem sich mein Glaube spiegelt. Wenn ich ehrlich bin, wünsche ich mir oft eine Art spirituelles Punktesystem, das mir bestätigt, dass sich meine Bemühungen lohnen. Doch hier zeigt mir Jesus, dass echte Nachfolge nicht über das „Lohnen“ funktioniert. Gott liebt uns nicht, weil wir brav Punkte sammeln – er liebt uns, weil es in seinem Wesen liegt, zu lieben. Wenn ich diese Wahrheit wirklich verinnerliche, dann wird mein Handeln frei. Dann brauche ich keine „Danke“ mehr, keine Rückzahlungen, keine Absicherungen. Ich kann einfach geben.

Und ja, das klingt großartig in der Theorie – aber wie setzt man das im echten Leben um? Ich denke, es beginnt mit kleinen Schritten. Vielleicht bedeutet es, jemandem bewusst zu vergeben, auch wenn er sich nie entschuldigt hat. Vielleicht heißt es, jemandem Gutes zu tun, der mich eher nervt als inspiriert. Oder vielleicht ist es einfach eine Haltung, die ich mir jeden Tag bewusst mache: Ich will ein Mensch sein, der nicht auf eine Belohnung wartet, um freundlich zu sein. Denn die Wahrheit ist: Es verändert nicht nur die Welt um mich herum – es verändert mich selbst.

Und jetzt mal ehrlich: Das wird nicht immer klappen. Wir werden trotzdem enttäuscht sein, wenn unsere Freundlichkeit ins Leere läuft. Wir werden Momente haben, in denen wir denken: „Okay, das war’s, ich bin raus.“ Und das ist okay. Aber vielleicht lohnt es sich trotzdem, immer wieder aufzustehen und es erneut zu versuchen. Nicht, weil wir müssen. Sondern weil wir es können. Weil wir frei sind. Und weil echte Liebe nicht rechnet, sondern einfach liebt. Lass uns diesen Text nicht nur lesen – lass ihn uns leben.


*Die SPACE-Analyse im Detail:

Sünde (Sin): In diesem Schritt überlegst du, ob der Bibeltext eine spezifische Sünde aufzeigt, vor der du dich hüten solltest. Es geht darum, persönliche Fehler oder falsche Verhaltensweisen zu erkennen, die der Text anspricht. Sprich, Sünde, wird hier als Verfehlung gegenüber den „Lebens fördernden Standards“ definiert.

Verheißung (Promise): Hier suchst du nach Verheißungen in dem Text. Das können Zusagen Gottes sein, die dir Mut, Hoffnung oder Trost geben. Diese Verheißungen sind Erinnerungen an Gottes Charakter und seine treue Fürsorge.

Aktion (Action): Dieser Teil betrachtet, welche Handlungen oder Verhaltensänderungen der Text vorschlägt. Es geht um konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um deinen Glauben in die Tat umzusetzen.

Appell (Command): Hier identifizierst du, ob es in dem Text ein direktes Gebot oder eine Aufforderung gibt, die Gott an seine Leser richtet. Dieser Schritt hilft dir, Gottes Willen für dein Leben besser zu verstehen.

Beispiel (Example): Schließlich suchst du nach Beispielen im Text, die du nachahmen (oder manchmal auch vermeiden) solltest. Das können Handlungen oder Charaktereigenschaften von Personen in der Bibel sein, die als Vorbild dienen.

Diese Methode hilft dabei, die Bibel nicht nur als historisches oder spirituelles Dokument zu lesen, sondern sie auch praktisch und persönlich anzuwenden. Sie dient dazu, das Wort Gottes lebendig und relevant im Alltag zu machen.