1. Johannes 4,16 Bleiben in der Liebe! Nicht sexy, aber kraftvoll – und heilsam → „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.“

Einleitender Impuls:

Mal ehrlich, „Gott ist Liebe“ klingt erst mal wie ein Kalenderspruch, oder? Aber lass uns hier keine Oberfläche abkratzen – das Ding ist ein Statement, das Dein Leben auf den Kopf stellen kann. Johannes sagt uns: Liebe ist nicht nur eine Option, sie ist der einzige Ort, wo Gott wirklich wohnt. Kein Gesetz, kein moralischer Kraftakt, kein „Ich bin aber ein guter Mensch“ – nur Liebe. Das heißt: Wenn Du Gott suchst, such ihn in der Liebe. Und wenn Du lieblos bist, such ihn genau dort, wo Du gerade nicht lieben kannst. Klingt unangenehm? Ist es. Aber auch befreiend, weil es Dich rauszieht aus Deinem „Was muss ich tun?“ hin zu einem „Wer kann ich sein?“

Hier der Clou: Bleiben. Johannes spricht nicht davon, mal kurz vorbeizuschauen, wenn’s gerade passt, sondern wirklich in der Liebe zu bleiben. Das ist keine Wochenendaffäre, sondern eine lebenslange Beziehung. Es bedeutet, Liebe nicht als nettes Add-on zu sehen, sondern als Dein Fundament. Klar, das klingt leichter, als es ist. Aber das Bleiben ist wie ein Muskel, den Du trainierst: immer wieder geduldig, sanft und konsequent. Es heißt, weiter zu lieben, wenn’s wehtut, und weiter zu vertrauen, wenn alles in Dir schreit, dass es einfacher wäre aufzugeben. Und das schließt ein: Liebe hat auch Grenzen. Liebe bedeutet nicht Dich auszubrennen, weil Du versuchst, es allen recht zu machen. Grenzen sind kein Widerspruch zur Liebe – sie sind ein Ausdruck davon.

Jetzt die Frage: Wo brauchst Du diese Liebe gerade in Deinem Leben – mit ihren Freiheiten und ihren Grenzen? Vielleicht bei den Menschen, die Du am liebsten ignorieren würdest. Vielleicht in Deinem Verhältnis zu Dir selbst. Johannes lädt Dich ein, Liebe nicht nur zu denken, sondern sie zu leben – in Worten, Taten und Stille. Stell Dir vor, wie Dein Tag heute aussieht, wenn Du diese Liebe nicht als Option, sondern als Lebensraum siehst. Die Welt braucht keine perfekte Liebe von Dir, sie braucht eine echte. Und weißt Du was? Gott bleibt bei Dir, während Du sie lebst – in allen Deinen Stärken, Schwächen und Grenzen.

Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:

  1. Wo fällt es dir schwer, in der Liebe zu bleiben – und warum?
  2. Wie setzt du gesunde Grenzen, ohne die Liebe zu verlieren?
  3. Was bedeutet es für dich, Gottes Liebe in deinem Alltag spürbar zu machen?

Parallele Bibeltexte als Slogans:

1. Korinther 13:7 — „Liebe erträgt alles, glaubt alles, hofft alles“

Johannes 15:9 — „Bleibt in meiner Liebe, wie ich in der Liebe des Vaters bleibe“

Römer 12:9 — „Eure Liebe sei ungeheuchelt – hasst das Böse, haltet am Guten fest“

Matthäus 22:37-39 — „Liebe Gott mit deinem ganzen Herzen – und deinen Nächsten wie dich selbst“

Wenn du bereit bist, dich auf eine Liebe einzulassen, die herausfordert und verändert, dann schau dir die volle Betrachtung an. Dort erforschen wir, wie diese Liebe deinen Glauben und dein Leben revolutionieren kann.

Die Informationen für den Impuls hole ich mir meistens aus BibleHub.com damit auch du es nachschlagen kannst.


Schön, dass wir uns auf die Reise in diesen kraftvollen Text begeben dürfen. Bevor wir 1. Johannes 4,16 betrachten, lass uns die Gedanken mit einem Gebet vorbereiten.

Lieber Vater, es ist beeindruckend zu sehen, wie Du uns immer wieder Deine Liebe zeigst und wie tief diese Wahrheit in Deinem Wort verankert ist. 1. Johannes 4,16 erinnert uns daran, dass Du nicht nur Liebe gibst, sondern selbst die Liebe bist. Öffne unsere Herzen und Gedanken, damit wir nicht nur verstehen, sondern Deine Liebe auch erleben und weitergeben können. Lass uns spüren, was es bedeutet, in Dir zu bleiben, und zeige uns, wie wir andere daran teilhaben lassen können.

In Jesu Namen beten wir,

Amen.

Der Text:

Zunächst werfen wir einen Blick auf den Text in verschiedenen Bibelübersetzungen. Dadurch gewinnen wir ein tieferes Verständnis und können die unterschiedlichen Nuancen des Textes in den jeweiligen Übersetzungen oder Übertragungen besser erfassen. Dazu vergleichen wir die Elberfelder 2006 (ELB 2006), Schlachter 2000 (SLT), Luther 2017 (LU17), Basis Bibel (BB) und die Hoffnung für alle 2015 (Hfa).

1 . Johannes 4,16

ELB 2006 Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.

SLT Und wir haben die Liebe erkannt und geglaubt, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

LU17 Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat: Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

BB Wir haben erkannt, dass Gott uns liebt, und haben diese Liebe im Glauben angenommen. Gott ist Liebe. Und wer in der Liebe lebt, ist mit Gott verbunden, und Gott ist mit ihm verbunden.

HfA Wir haben erkannt, dass Gott uns liebt, und wir vertrauen fest auf diese Liebe. Gott ist Liebe, und wer in dieser Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.

Der Kontext:

In diesem Abschnitt geht es darum, die grundlegenden Fragen – das „Wer“, „Wo“, „Was“, „Wann“ und „Warum“ – zu klären. Das Ziel ist es, ein besseres Bild von der Welt und den Umständen zu zeichnen, in denen dieser Vers verfasst wurde. So bekommen wir ein tieferes Verständnis für die Botschaft, bevor wir uns den Details widmen.

Kurzgesagt… 1. Johannes 4,16 ist der emotionale Höhepunkt eines leidenschaftlichen Briefes über das Wesen Gottes und die Kraft der Liebe. Johannes zieht uns hier in den tiefsten Kern des Evangeliums: Gott ist nicht nur der Urheber der Liebe, sondern ihr Ursprung und Wesen. Alles, was davor passiert, bereitet uns darauf vor, diese eine zentrale Wahrheit zu begreifen – und sie zu leben.

Stell Dir vor, Du bist Teil einer kleinen, verfolgten Glaubensgemeinschaft irgendwo im Römischen Reich. Die Welt um Dich herum ist rau, voller Gegensätze und Unsicherheiten. Da kommt dieser Brief ins Spiel, ein leidenschaftlicher Appell von Johannes, dem Apostel, der als Augenzeuge Jesu und tiefgründiger Theologe bekannt ist. Johannes schreibt an Menschen, die mit Zweifeln, Spaltung und einem wachsenden Bedürfnis nach Orientierung kämpfen. Einige in der Gemeinde sind durch falsche Lehrer verunsichert worden, die die Göttlichkeit Jesu leugnen und das Fundament des Glaubens erschüttern.

Der Anlass des Briefes ist also mehr als ein freundliches „Wie geht’s euch?“. Johannes sieht die Dringlichkeit, die Glaubensgemeinschaft zurück zu den Basics zu führen – zu einer klaren, unverhandelbaren Botschaft: Gott ist Liebe, und diese Liebe wurde in Jesus greifbar. Es geht ihm darum, den Glauben der Gläubigen zu stärken und sie daran zu erinnern, dass wahre Gemeinschaft mit Gott nur durch diese Liebe möglich ist.

Kapitel 4 ist dabei wie ein liebevoller Weckruf. Johannes nimmt uns mit auf eine gedankliche Reise, die zwischen himmlischer Schönheit und menschlicher Herausforderung hin- und herpendelt. Er redet nicht nur über Liebe, er erklärt, warum sie der zentrale Prüfstein für den Glauben ist. Er fordert die Gemeinde auf, diese Liebe aktiv zu leben, als Beweis dafür, dass sie Gott wirklich kennen. Es ist ein Text, der inspiriert, aber auch herausfordert: Denn Liebe ist kein gemütliches Konzept, sondern eine aktive, lebendige Entscheidung.

Und dann kommt 1. Johannes 4,16. Es ist, als würde Johannes einen Spot auf das zentrale Bühnenstück werfen: „Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott in ihm.“ Diese Aussage ist nicht einfach nur poetisch, sondern revolutionär. In einer Welt, in der Macht, Besitz und Status alles waren, sagt Johannes: Nein, das wahre Wesen Gottes ist Liebe – und das ist das Einzige, was zählt.

Was diesen Text so kraftvoll macht, ist die Art, wie er den Leser mitten ins Herz trifft. Johannes fordert uns auf, zu hinterfragen, wie tief wir wirklich in dieser Liebe verwurzelt sind. Es ist kein philosophischer Diskurs, sondern eine Einladung zur radikalen Veränderung: Gott nicht nur zu lieben, sondern in der Liebe zu bleiben – und dadurch in Gott selbst.

Das ist der Rahmen, in dem 1. Johannes 4,16 steht. Es ist der Herzschlag des Briefes und ein Schlüssel, um die Botschaft des gesamten Evangeliums zu verstehen.

Die Schlüsselwörter:

In diesem Abschnitt wollen wir uns genauer mit den Schlüsselwörtern aus dem Text befassen. Diese Worte tragen tiefere Bedeutungen, die oft in der Übersetzung verloren gehen oder nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Wir werden die wichtigsten Begriffe aus dem ursprünglichen Text herausnehmen und ihre Bedeutung näher betrachten. Dabei schauen wir nicht nur auf die wörtliche Übersetzung, sondern auch darauf, was sie für das Leben und den Glauben bedeuten. Das hilft uns, die Tiefe und Kraft dieses Verses besser zu verstehen und ihn auf eine neue Weise zu erleben.

1. Johannes 4,16

Ursprünglicher Text (Nestle-Aland 28):

καὶ ἡμεῖς ἐγνώκαμεν καὶ πεπιστεύκαμεν τὴν ἀγάπην ἣν ἔχει ὁ θεὸς ἐν ἡμῖν. ὁ θεὸς ἀγάπη ἐστίν, καὶ ὁ μένων ἐν τῇ ἀγάπῃ ἐν τῷ θεῷ μένει, καὶ ὁ θεὸς ἐν αὐτῷ μένει.

Übersetzung (Elberfelder 2006):

„Und wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm.“

Semantisch-pragmatische Kommentierung der Schlüsselwörter:

  • ἐγνώκαμεν (egnōkamen) – „erkannt“: Das Verb steht im Perfekt und weist darauf hin, dass das Erkennen eine abgeschlossene Handlung mit andauernder Wirkung ist. Es beschreibt ein tiefes, erfahrungsbasiertes Wissen. Johannes betont, dass die Liebe Gottes nicht nur eine theoretische Idee ist, sondern durch konkrete Erfahrungen mit Gott erkannt wurde.
  • πεπιστεύκαμεν (pepisteukamen) – „geglaubt“: Auch dieses Verb steht im Perfekt und unterstreicht die bleibende Überzeugung, die aus dem Erkennen hervorgeht. Es beschreibt einen festen, durch Vertrauen geprägten Glauben an die Liebe Gottes. Die Verbindung von „Erkennen“ und „Glauben“ macht deutlich, dass christlicher Glaube sowohl intellektuell als auch existentiell ist.
  • ἀγάπη (agapē) – „Liebe“: Dieses zentrale Wort beschreibt die selbstlose, göttliche Liebe, die keinen Gegenwert erwartet. Es geht um eine Liebe, die sich durch Hingabe und Opferbereitschaft auszeichnet – ein wiederkehrendes Thema in Johannes’ Schriften, das in der Person Jesu seinen Höhepunkt findet.
  • ὁ θεὸς ἀγάπη ἐστίν (ho theos agapē estin) – „Gott ist Liebe“: Diese Aussage ist nicht nur eine Beschreibung, sondern eine Definition von Gottes Wesen. Sie ist radikal, weil sie Gott nicht primär durch Macht, Gerechtigkeit oder Wissen definiert, sondern durch sein Sein als Liebe. Es ist eine revolutionäre Botschaft, die in der damaligen religiösen Welt einzigartig war.
  • μένειν (menein) – „bleiben“: Dieses Verb taucht mehrfach im Text auf und ist ein Schlüsselbegriff. Es beschreibt eine andauernde, untrennbare Verbindung. Das „Bleiben“ in der Liebe bedeutet, in einer beständigen Beziehung zu Gott zu leben. Es geht nicht um punktuelle Erfahrungen, sondern um eine tiefe Verwurzelung.
  • ἐν τῷ θεῷ (en tō theō) – „in Gott“: Die Präposition „ἐν“ (in) hebt die Intimität und Nähe hervor. Wer in der Liebe bleibt, lebt in einer Einheit mit Gott, die nicht nur äußerlich, sondern innerlich und dauerhaft ist.
  • ἐν ἡμῖν (en hēmin) – „zu uns“: Der Dativ betont, dass die Liebe Gottes persönlich und spezifisch ist. Es geht nicht um eine abstrakte, ungerichtete Liebe, sondern um eine Liebe, die direkt auf die Gläubigen zielt.

Ein Kommentar zum Text:

1 . Johannes 4,16 ist wie das Finale einer epischen Staffel, in der alles zusammenläuft: Johannes führt uns in die Tiefen einer Wahrheit, die uns gleichzeitig herausfordert und umarmt. „Gott ist Liebe“ – das klingt auf den ersten Blick fast zu einfach, um wahr zu sein, oder? Aber genau hier entfaltet sich die theologische Sprengkraft dieses Satzes. Lass uns tiefer eintauchen, ohne die Spannung zu verlieren.

Johannes benutzt hier das griechische Wort ἀγάπη (agapē). Im Gegensatz zu anderen griechischen Begriffen für Liebe – wie ἔρως (erōs) für romantische Liebe oder φιλία (philia) für Freundschaft – beschreibt agapē eine selbstlose, opferbereite und uneigennützige Liebe. Es ist die Liebe, die Gott uns entgegenbringt, ohne Bedingungen und ohne versteckte Agenda. Diese Liebe ist nicht nur eine Eigenschaft Gottes; Johannes geht so weit zu sagen, dass sie Gottes Wesen selbst ist: ὁ θεὸς ἀγάπη ἐστίν – Gott ist Liebe.

Doch Moment mal, Gott „ist“ Liebe? Hier liegt eine der spannendsten theologischen Fragen überhaupt. Johannes behauptet nicht nur, dass Gott liebt oder Liebe verkörpert, sondern dass seine Essenz Liebe ist. Das bedeutet, dass jede Interaktion Gottes mit der Schöpfung, jedem von uns, von diesem Wesenskern ausgeht. Das könnte Dich ins Grübeln bringen: Was ist dann mit den vielen Stellen in der Bibel, die Gott als zornig oder strafend zeigen? Ist das nicht ein Widerspruch? Hier hilft uns ein Blick auf die größere narrative Struktur der Bibel. Auch in Momenten von Gericht oder Zorn bleibt Gottes Liebe der Maßstab. Sein Zorn richtet sich nicht willkürlich gegen Menschen, sondern gegen das, was uns zerstört – gegen das, was uns von ihm trennt. Es ist Liebe in Aktion, die uns nicht einfach unserem Schicksal überlässt.

Johannes lädt uns in diesem Vers ein, Gottes Liebe zu „erkennen“ (ἐγνώκαμεν, egnōkamen) und zu „glauben“ (πεπιστεύκαμεν, pepisteukamen). Erkennen im biblischen Sinne ist nicht nur kopfmäßiges Verstehen, sondern ein tiefes, persönliches Erfahren. Es ist das gleiche Verb, das in der Septuaginta für die intime Beziehung zwischen Adam und Eva verwendet wird. Es geht also um mehr als reine Theorie – Johannes spricht von einem Glauben, der uns packt, verändert und in die Liebe Gottes hineinstellt. Der zweite Teil des Verses bringt diese Dynamik auf den Punkt: Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott. Das griechische Wort μένειν (menein), also „bleiben“, ist ein Dauerbrenner in Johannes’ Schriften (siehe Johannes 15,4: „Bleibt in mir, und ich in euch“). Es beschreibt keine flüchtige Erfahrung, sondern eine beständige, untrennbare Verbindung. Gott will nicht nur gelegentlich bei uns vorbeischauen; er will einziehen, ein Teil unseres Lebens sein.

Vielleicht fragst Du Dich jetzt: Wie sieht dieses „Bleiben“ praktisch aus? Hier liefert Johannes selbst die Antwort: durch Liebe zu anderen Menschen. In den Versen zuvor (1. Johannes 4,7-9) schreibt er: „Geliebte, lasst uns einander lieben!“ Die Liebe zu Gott und die Liebe zum Nächsten sind untrennbar verbunden. Das kann unbequem sein, denn es bedeutet, dass unser Glaube nicht nur in Lobpreis und Gebet sichtbar wird, sondern auch in unserer Geduld mit nervigen Nachbarn oder unserer Bereitschaft, einem Fremden zu helfen. Johannes macht es uns nicht leicht: Wer behauptet, Gott zu lieben, aber seinen Bruder oder seine Schwester hasst, lügt (1. Johannes 4,20). Autsch.

Hier steckt auch eine subtile Herausforderung: Diese Liebe, von der Johannes spricht, ist kein Selbstläufer. Sie fordert uns heraus, uns immer wieder selbst zu hinterfragen. Liebe bedeutet, auch dann zu bleiben, wenn es schwerfällt – in Beziehungen, in der Gemeinde, ja sogar in Momenten des Zweifels. Und gerade da, wo unsere Liebe an ihre Grenzen stößt, kommt Gottes Geist ins Spiel. Johannes verweist auf den Heiligen Geist (1. Johannes 4,13), der uns befähigt, in dieser Liebe zu leben. Es ist kein „Schaffen aus eigener Kraft“, sondern ein „Bleiben in der Kraft Gottes“.

Ein weiterer faszinierender Aspekt dieses Verses ist die theologische Parallele zu Johannes 1,18: „Niemand hat Gott je gesehen.“ Gottes Liebe wird sichtbar, spürbar und greifbar in der Person Jesu. Das Paradoxe: Während Gott in seiner Transzendenz unerreichbar scheint, macht er sich in seiner Liebe doch erfahrbar. Das ist der Clou der christlichen Botschaft. Und genau hier kommt die Spannung ins Spiel: Was bedeutet es, einem Gott zu vertrauen, den wir nicht sehen können, dessen Liebe wir aber in uns tragen sollen? Johannes fordert uns auf, diese Liebe sichtbar zu machen – durch unser Handeln, durch unser Leben.

Die Quintessenz? 1. Johannes 4,16 ist keine Kuscheltheologie. Es ist eine Einladung, eine Herausforderung und ein Versprechen. Es erinnert uns daran, dass wir nicht nur von Gottes Liebe profitieren, sondern dass wir in ihr leben und sie weitergeben sollen. In einer Welt, die oft alles andere als liebevoll ist, ist dieser Vers ein revolutionärer Aufruf: Liebe ist nicht nur eine Idee, sie ist der Ort, an dem Gott wohnt. Und wenn Du in dieser Liebe bleibst, dann, bleibst Du direkt im Herzen Gottes.

Die SPACE-Anwendung*

Die SPACE-Anwendung ist eine Methode, um biblische Texte praktisch auf das tägliche Leben anzuwenden. Sie besteht aus fünf Schritten, die jeweils durch die Anfangsbuchstaben von „SPACE“ repräsentiert werden:

S – Sünde (Sin):

Die Sünde, die hier indirekt angesprochen wird, ist die Abwesenheit von Liebe – und das ist ein echtes Schwergewicht. Johannes lässt keinen Zweifel daran, dass Lieblosigkeit nicht einfach ein neutraler Zustand ist, sondern uns aktiv von Gott trennt. Wenn wir nicht lieben, dann bleiben wir nicht in Gott, so einfach (und gleichzeitig so unbequem) ist das. Lieblosigkeit zeigt sich nicht nur in großen Gesten wie Hass oder Streit, sondern oft in den kleinen Dingen: Gleichgültigkeit, mangelnde Geduld oder das Bedürfnis, immer recht zu haben. Sie nagt an Beziehungen, isoliert uns und stellt eine unsichtbare Mauer zwischen uns und dem Göttlichen. Wenn Liebe Gottes Wesen ist, dann ist Lieblosigkeit das krasse Gegenteil – eine Verfehlung gegen das, was Leben eigentlich lebenswert macht.

P – Verheißung (Promise):

Die Verheißung in diesem Text ist wie eine Umarmung: „Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm.“ Das ist eine gigantische Zusage. Sie bedeutet, dass Du nie allein bist, wenn Du Dich von dieser Liebe leiten lässt. Es ist die Zusicherung, dass Gottes Gegenwart nicht von Deiner Perfektion abhängt, sondern davon, dass Du in der Liebe bleibst – selbst, wenn Du manchmal stolperst. Es ist auch eine Verheißung von Zugehörigkeit. Bleiben in Gott heißt, in einem Zuhause zu sein, das nicht wankt, egal wie turbulent Dein Leben gerade ist. Parallelstellen wie Johannes 15,4 („Bleibt in mir, und ich in euch“) oder Römer 8,38-39 („Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes“) erinnern daran, wie unerschütterlich diese Verheißung ist.

A – Aktion (Action):

Die Handlung, zu der dieser Text motiviert, ist klar: Liebe aktiv leben. Das bedeutet, nicht darauf zu warten, dass andere zuerst den Schritt machen, sondern selbst Liebe zu schenken – bedingungslos und ohne versteckte Agenda. Es könnte heißen, jemandem zu vergeben, der es nicht verdient hat, oder jemandem zu helfen, der Dir nichts zurückgeben kann. Praktisch ausgedrückt könnte es auch bedeuten, geduldig zu sein, wo Du eigentlich ausrasten willst, oder einem Menschen Aufmerksamkeit zu schenken, den andere übersehen. Es wäre gut, wenn Du Liebe nicht nur als Emotion, sondern als bewusste Entscheidung verstehst – eine Entscheidung, die Du täglich treffen kannst.

C – Appell (Command):

Der Text ruft uns auf, in der Liebe zu „bleiben“. Dieses Bleiben ist mehr als ein kurzer Besuch oder ein nettes Gefühl. Es ist ein Zustand, eine Haltung, die Dich durch den Tag begleitet. Die Aufforderung ist keine Drohung, sondern eine Einladung: Verankere Dein Leben in der Liebe, denn dort findest Du Gottes Gegenwart und Frieden. Es ist ein Appell an Deine Freiheit, diese Liebe zu wählen und sie in die Welt hinauszutragen – durch Worte, Taten und Deine innere Haltung.

E – Beispiel (Example):

Ein bekanntes Beispiel ist Jesus selbst. Seine Liebe war die reinste Form von agapē – selbstlos, opferbereit, grenzenlos. Egal ob bei der Begegnung mit der Ehebrecherin (Johannes 8) oder in der Fußwaschung seiner Jünger (Johannes 13), Jesus zeigt, wie radikal und praktisch Gottes Liebe aussieht. Ein weiteres und oft präsentiertes Beispiel ist Stephanus (Apostelgeschichte 7). Selbst im Angesicht des Todes bittet er für die Vergebung seiner Feinde – eine Demonstration von Liebe, die weit über das Normale hinausgeht. Beide zeigen uns, dass Liebe nicht immer bequem ist, aber immer transformierend.

Persönliche Identifikation mit dem Text:

In diesem Schritt stelle ich mir sogenannte „W“ Fragen: „Was möchte der Text mir sagen?“ in der suche nach der Hauptbotschaft. Dann überlege ich, „Was sagt der Text nicht?“ um Missverständnisse zu vermeiden. Ich reflektiere, „Warum ist dieser Text für mich wichtig?“ um seine Relevanz für mein Leben zu erkennen. Anschließend frage ich mich, „Wie kann ich den Text in meinem Alltag umsetzen/anwenden?“ um praktische Anwendungsmöglichkeiten zu finden. Weiterhin denke ich darüber nach, „Wie wirkt sich der Text auf meinen Glauben aus?“ um zu sehen, wie er meinen Glauben stärkt oder herausfordert. Schließlich frage ich, „Welche Schlussfolgerungen kann ich für mich aus dem Gesagten ziehen?“ um konkrete Handlungen und Einstellungen abzuleiten.

1 . Johannes 4,16 ist einer dieser Texte, die wie ein ruhiges Gespräch wirken, aber mit einem tiefen Nachklang. Es ist keine Aufforderung, Dich zu überfordern, sondern eine Einladung, in der Liebe Gottes einen Ort zu finden, der Dich hält – selbst dann, wenn alles andere in Deinem Leben ins Wanken gerät. Es ist ein Text, der nicht mit dem Finger auf Dich zeigt, sondern Dich liebevoll daran erinnert, dass Du Teil von etwas Größerem bist: einer Liebe, die weder von Deinen Fehlern noch von Deinen Erfolgen abhängt.

Was der Text mir sagt? Ganz klar: Es gibt einen Raum, in dem ich wirklich zu Hause sein kann – ein Ort, wo ich angenommen bin, ohne etwas leisten zu müssen. „Bleiben“ ist ein Wort, das in unserer hektischen Welt fast antiquiert klingt. Wir sind ständig in Bewegung, springen von Aufgabe zu Aufgabe, von Ziel zu Ziel. Aber hier geht es nicht um Aktionismus, sondern um eine bewusste Entscheidung: Ich bleibe in der Liebe. Das klingt so einfach, aber es fordert mich heraus. Denn diese Liebe bedeutet nicht nur, dass ich mich angenommen fühlen darf, sondern auch, dass ich andere annehme – mit ihren Macken, Schwächen und, ja, auch mit ihren unausstehlichen Momenten.

Was der Text nicht sagt, ist ebenso wichtig. Er fordert nicht Perfektion. Johannes sagt nicht: „Liebe ohne Fehler, sonst ist Gott weg.“ Es geht nicht darum, dass Du jedes Mal alles richtig machen musst. Liebe bedeutet hier vielmehr, Dich immer wieder neu darauf auszurichten, selbst wenn Du mal danebenliegst. Es wäre gut, wenn Du diesen Unterschied erkennst, denn er macht die Last leichter. Der Text ist keine To-do-Liste, sondern eine Einladung, in dieser Liebe zu ruhen und sie aus dieser Ruhe heraus zu leben.

Warum ist das wichtig? Weil wir oft denken, dass Liebe eine knappe Ressource ist – etwas, das wir verdienen oder zurückhalten müssen, um uns selbst zu schützen. Aber Gottes Liebe sprengt diese Vorstellung. Sie ist wie ein unendlicher Fluss, der niemals austrocknet, egal wie oft Du daraus schöpfst. Das verändert meinen Blick auf das Leben: Wenn Liebe nicht von meinem Erfolg abhängt, kann ich mir erlauben, ehrlich zu sein – mit mir selbst und anderen.

Wie wirkt sich das auf meinen Glauben aus? Es bringt eine Entspannung, die ich in anderen Lebensbereichen oft vermisse. Es wäre gut, wenn ich mir häufiger bewusst mache, dass ich nicht um Gottes Aufmerksamkeit kämpfen muss. Seine Liebe ist da, auch wenn ich mich manchmal von ihr entferne. Und wenn ich daran denke, dass Gott nicht nur Liebe gibt, sondern Liebe ist, dann sehe ich auch, dass jede Form von Liebe – ob in einer Freundschaft, Familie oder Partnerschaft – letztlich ein Spiegel dieser göttlichen Realität ist.

Im Alltag kann ich den Text leben, indem ich mich immer wieder frage: Wie sieht Liebe in diesem Moment aus? Manchmal ist es ein offenes Ohr für jemanden, der sich missverstanden fühlt. Manchmal ist es die Geduld, die ich aufbringe, wenn ich lieber die Augen verdrehen würde. Und manchmal ist es die Fähigkeit, Grenzen zu setzen, weil wahre Liebe nicht bedeutet, sich selbst aufzugeben. Liebe ist keine Schwäche, sondern eine Kraft, die uns verbindet, ohne uns zu vereinnahmen.

Die Schlussfolgerung? Liebe ist kein Zustand, den ich irgendwann perfekt beherrsche, sondern ein kontinuierlicher Prozess. Es ist wie ein Tanz, bei dem ich manchmal den Rhythmus verliere, aber trotzdem immer wieder eingeladen werde, weiterzumachen. Die Schönheit von 1. Johannes 4,16 liegt genau darin: Gott bleibt – auch dann, wenn ich stolpere. Seine Liebe ist der Raum, in dem ich lernen darf, zu lieben, ohne Angst vor dem Scheitern. Und genau das ermutigt mich, diesen Weg mit Freude und Gelassenheit weiterzugehen. Denn in der Liebe zu bleiben, bedeutet nicht, immer alles richtig zu machen – es bedeutet, immer wieder zu Gott zurückzufinden und diese Liebe in kleinen, authentischen Momenten in die Welt zu tragen.


*Die SPACE-Analyse im Detail:

Sünde (Sin): In diesem Schritt überlegst du, ob der Bibeltext eine spezifische Sünde aufzeigt, vor der du dich hüten solltest. Es geht darum, persönliche Fehler oder falsche Verhaltensweisen zu erkennen, die der Text anspricht. Sprich, Sünde, wird hier als Verfehlung gegenüber den „Lebens fördernden Standards“ definiert.

Verheißung (Promise): Hier suchst du nach Verheißungen in dem Text. Das können Zusagen Gottes sein, die dir Mut, Hoffnung oder Trost geben. Diese Verheißungen sind Erinnerungen an Gottes Charakter und seine treue Fürsorge.

Aktion (Action): Dieser Teil betrachtet, welche Handlungen oder Verhaltensänderungen der Text vorschlägt. Es geht um konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um deinen Glauben in die Tat umzusetzen.

Appell (Command): Hier identifizierst du, ob es in dem Text ein direktes Gebot oder eine Aufforderung gibt, die Gott an seine Leser richtet. Dieser Schritt hilft dir, Gottes Willen für dein Leben besser zu verstehen.

Beispiel (Example): Schließlich suchst du nach Beispielen im Text, die du nachahmen (oder manchmal auch vermeiden) solltest. Das können Handlungen oder Charaktereigenschaften von Personen in der Bibel sein, die als Vorbild dienen.

Diese Methode hilft dabei, die Bibel nicht nur als historisches oder spirituelles Dokument zu lesen, sondern sie auch praktisch und persönlich anzuwenden. Sie dient dazu, das Wort Gottes lebendig und relevant im Alltag zu machen.