Psalm 34,15 Friede auf Autopilot? → „Wendet euch ab von allem Bösen und tut Gutes! Setzt euch unermüdlich und mit ganzer Kraft für den Frieden ein!“

Fettgedrucktes für schnell Leser…

Einleitender Impuls:

Manchmal braucht es nur einen Satz, um uns aus der Komfortzone zu schubsen. Keine langen theologischen Ausführungen, keine komplexe Moraldebatte – einfach eine klare, unmissverständliche Ansage: Weg vom Bösen. Hin zum Guten. Jag dem Frieden hinterher. Klingt simpel? Ist es nicht. Denn das eigentliche Problem ist nicht, dass wir nicht wüssten, was gut ist. Es ist, dass Gutsein oft unbequem ist. Es bedeutet, sich nicht nur von schlechten Dingen zu distanzieren, sondern auch mutig in eine Richtung zu gehen, die Veränderung fordert. Und das ist anstrengend.

Denn Frieden ist nicht das Fehlen von Problemen, sondern das aktive Ringen darum, dass Heilung und Gerechtigkeit Raum bekommen. Nicht jeder wird das feiern. Nicht jeder wird es verstehen. Und manchmal wird es sich anfühlen, als würde man gegen den Strom schwimmen. Aber genau hier liegt die Herausforderung: Bist du bereit, nicht nur „nicht böse“ zu sein, sondern aktiv das Gute zu gestalten? Dich nicht nur nach Frieden zu sehnen, sondern ihn so ernst zu nehmen, dass du ihm nachjagst – mit deiner Stimme, deinen Entscheidungen, deiner Haltung?

Und vielleicht ist genau das der Punkt: Du kannst warten, dass sich die Dinge von selbst ordnen – oder du kannst anfangen, den ersten Schritt zu gehen. Nicht perfekt. Nicht immer mit einem klaren Plan. Aber entschlossen, dass deine Gegenwart in dieser Welt eine Kraft für das Gute sein soll. Und wer weiß – vielleicht ist genau das die Art von Mensch, die den Unterschied macht.

Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:

  1. Wann hast du das letzte Mal bewusst das Gute gewählt, obwohl es unbequem war?
  2. Wo in deinem Leben gibt es eine Situation, in der du Frieden suchst, aber vielleicht nicht genug investierst?
  3. Welche Ausreden benutzt du (bewusst oder unbewusst), um dich aus der Verantwortung für das Gute herauszunehmen?

Parallele Bibeltexte als Slogans:

Jakobus 4,17 — „Wer das Gute tun kann und es nicht tut, der sündigt.“

Römer 12,18 — „Soweit es an euch liegt: Haltet Frieden mit allen Menschen.“

Micha 6,8 — „Gott fordert von dir: Gerechtigkeit üben, Liebe üben, demütig mit ihm gehen.“

Matthäus 5,9 — „Selig sind, die Frieden stiften.“

Du kannst warten, dass sich die Dinge von selbst ordnen – oder du kannst den ersten Schritt gehen. Warum das für dein Leben entscheidend sein könnte, erfährst du im Anschluss.

Die Informationen für den Impuls hole ich mir meistens aus BibleHub.com damit auch du es nachschlagen kannst.


Es freut mich, dass du tiefer in diesen kraftvollen Vers aus Psalm 34,15 eintauchst. Bevor wir loslegen, lass uns die Betrachtung mit einem Gebet beginnen.

Liebevoller Vater, du rufst uns nicht nur dazu auf, das Böse zu meiden, sondern aktiv Gutes zu tun. In Psalm 34,15 heißt es: „Wendet euch ab von allem Bösen und tut Gutes! Setzt euch unermüdlich und mit ganzer Kraft für den Frieden ein!“ Das ist keine bloße Empfehlung, sondern ein Lebensprinzip. Hilf uns, nicht nur Zuschauer des Guten zu sein, sondern es mit Leidenschaft zu leben. Gib uns die Kraft, auch dann für den Frieden einzustehen, wenn es unbequem wird. Und erinnere uns daran, dass wahres Gutes nicht in leeren Worten besteht, sondern in mutigen Taten.

In Jesu Namen beten wir,

Amen.

Der Text:

Zunächst werfen wir einen Blick auf den Text in verschiedenen Bibelübersetzungen. Dadurch gewinnen wir ein tieferes Verständnis und können die unterschiedlichen Nuancen des Textes in den jeweiligen Übersetzungen oder Übertragungen besser erfassen. Dazu vergleichen wir die Elberfelder 2006 (ELB 2006), Schlachter 2000 (SLT), Luther 2017 (LU17), Basis Bibel (BB) und die Hoffnung für alle 2015 (Hfa).

Psalm 34,15

ELB 2006 lass ab vom Bösen und tue Gutes, suche Frieden und jage ihm nach!

SLT weiche vom Bösen und tue Gutes, suche den Frieden und jage ihm nach!

LU17 Lass ab vom Bösen und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach!

BB Halte dich fern vom Bösen und tue Gutes! Suche den Frieden und setze dich dafür ein!

HfA Wendet euch ab von allem Bösen und tut Gutes! Setzt euch unermüdlich und mit ganzer Kraft für den Frieden ein!

Der Kontext:

In diesem Abschnitt geht es darum, die grundlegenden Fragen – das „Wer“, „Wo“, „Was“, „Wann“ und „Warum“ – zu klären. Das Ziel ist es, ein besseres Bild von der Welt und den Umständen zu zeichnen, in denen dieser Vers verfasst wurde. So bekommen wir ein tieferes Verständnis für die Botschaft, bevor wir uns den Details widmen.

Kurzgesagt… Psalm 34 ist ein Lied aus einer Zeit der Flucht und des Umbruchs. David, der spätere König Israels, schreibt diesen Psalm, nachdem er dem König von Gat nur knapp entkommen ist. Inmitten von Angst und Unsicherheit ruft er dazu auf, das Böse hinter sich zu lassen und aktiv Gutes zu tun. Sein Fokus? Frieden – aber nicht als bloßes Ideal, sondern als gelebte Realität.

Previously on… David steckt in einer absoluten Krisensituation. Nachdem er von Saul, dem amtierenden König, verfolgt wird, flieht er ins feindliche Gebiet der Philister – eine ziemlich verzweifelte Entscheidung. Dort angekommen, wird er allerdings erkannt, und es droht Gefahr. Also täuscht er Wahnsinn vor, eine bizarre, aber geniale Taktik, die ihm tatsächlich das Leben rettet. Nachdem er dieser misslichen Lage entkommen ist, sucht er Zuflucht in der Höhle Adullam. Dort sammelt sich eine bunte Mischung aus Leuten um ihn: Gescheiterte, Verzweifelte, Verschuldete – ein Haufen Außenseiter, die in David ihren Anführer sehen.

Hier, inmitten von Menschen, die nicht gerade für ihre vorbildliche Moral bekannt sind, schreibt David diesen Psalm. Es ist kein Theologenseminar und keine Königshymne – es ist ein Aufruf an Gestrandete, eine neue Lebensweise zu wählen. Er fordert sie heraus: „Lasst das Chaos hinter euch. Entscheidet euch bewusst für das Gute. Und kämpft nicht mit Gewalt, sondern setzt euch für Frieden ein – mit ganzer Kraft.“

Das ist eine kühne Botschaft, denn Davids eigene Lage ist alles andere als friedlich. Er ist auf der Flucht, ständig in Lebensgefahr, und trotzdem schreibt er nicht über Rache oder Rebellion, sondern über Frieden. Warum? Weil Frieden nicht die Abwesenheit von Krieg ist, sondern eine aktive Entscheidung – ein Lebensstil. Die Worte in Vers 15 klingen fast wie eine Kampfansage an die eigene Natur: Nicht einfach nur „nichts Böses tun“, sondern sich bewusst für das Gute einsetzen. Nicht nur „Frieden wünschen“, sondern ihn mit aller Kraft verfolgen.

David spricht hier nicht zu Leuten, die in Palästen sitzen und sich philosophisch über Ethik unterhalten. Er spricht zu Kämpfern, Flüchtlingen, Enttäuschten – zu Menschen, die eigentlich jedes Recht hätten, verbittert und rücksichtslos zu werden. Und doch ist seine Botschaft radikal: „Ihr könnt euch entscheiden. Ihr seid nicht Opfer eurer Umstände. Eure Vergangenheit muss eure Zukunft nicht bestimmen. Wählt das Gute. Wählt den Frieden.“

Das bringt uns direkt zu den Schlüsselbegriffen dieses Verses: Böses. Gutes. Frieden. Was bedeuten sie wirklich? Und warum fordert David nicht nur Zurückhaltung, sondern vollen Einsatz? Lass uns genau das als Nächstes herausfinden.

Die Schlüsselwörter:

In diesem Abschnitt wollen wir uns genauer mit den Schlüsselwörtern aus dem Text befassen. Diese Worte tragen tiefere Bedeutungen, die oft in der Übersetzung verloren gehen oder nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Wir werden die wichtigsten Begriffe aus dem ursprünglichen Text herausnehmen und ihre Bedeutung näher betrachten. Dabei schauen wir nicht nur auf die wörtliche Übersetzung, sondern auch darauf, was sie für das Leben und den Glauben bedeuten. Das hilft uns, die Tiefe und Kraft dieses Verses besser zu verstehen und ihn auf eine neue Weise zu erleben.

Psalm 34,15 – Ursprünglicher Text (Biblia Hebraica Stuttgartensia):

ס֣וּר מֵ֭רָע וַעֲשֵׂה־ט֑וֹב בַּקֵּ֖שׁ שָׁל֣וֹם וְרָדְפֵֽהוּ׃

Übersetzung Psalm 34,15 (Elberfelder 2006):

„Wendet euch ab von allem Bösen und tut Gutes! Setzt euch unermüdlich und mit ganzer Kraft für den Frieden ein!“

Semantisch-pragmatische Kommentierung der Schlüsselwörter

  • ס֣וּר (sûr) – „Wendet euch ab“ Klingt erstmal nach einer netten Empfehlung, ist aber eine ziemlich kraftvolle Ansage. Sûr bedeutet nicht einfach nur „sich abkehren“, sondern aktiv eine andere Richtung einschlagen. Es geht nicht darum, passiv das Böse zu meiden, sondern sich bewusst davon zu distanzieren und einen neuen Kurs einzuschlagen. Das Wort wurde oft für das Verlassen eines Pfades oder Weges verwendet – also eine radikale Richtungsänderung. Hier steckt mehr als ein „Lass es lieber sein“ – es ist ein klarer Befehl zum Kurswechsel.
  • מֵ֭רָע (mēroʿ) – „von allem Bösen“ Das hebräische Wort raʿ meint nicht nur moralisches Fehlverhalten, sondern kann alles umfassen, was destruktiv, verderbend oder schädlich ist. Interessanterweise kann raʿ sowohl aktiv (jemand tut Böses) als auch passiv (jemand erfährt Unglück) verstanden werden. Das bedeutet: Es geht nicht nur darum, Böses nicht zu tun, sondern sich auch aus zerstörerischen Kreisläufen zu befreien.
  • וַעֲשֵׂה־ט֑וֹב (waʿăśē-ṭôb) – „und tut Gutes“ Jetzt wird’s spannend. Das Wort ʿăśāh („tun, machen“) ist kein neutraler Begriff, sondern steht für bewusstes, zielgerichtetes Handeln. Man könnte sagen: „Erzeuge Gutes. Produziere es. Mach es sichtbar.“ Das ist kein Appell für nette Gedanken, sondern für handfeste Aktionen. Tôb bedeutet hier nicht nur „gut“ im ethischen Sinne, sondern auch nützlich, wertvoll, lebensfördernd. Das heißt: Es reicht nicht, Böses zu vermeiden – Gutes muss aktiv hervorgebracht werden.
  • בַּקֵּ֖שׁ (baqqēš) – „Setzt euch ein“ Das Wort baqqēš ist intensiv. Es bedeutet nicht einfach nur „nach etwas suchen“, sondern leidenschaftlich, hartnäckig und aktiv danach streben. Es wurde oft für das dringliche Suchen nach Gott oder nach Gerechtigkeit verwendet. Hier schwingt also mit: „Gib dich nicht mit halben Sachen zufrieden – verfolge es mit echtem Einsatz!“
  • שָׁל֣וֹם (šālôm) – „Frieden“ Wahrscheinlich eines der bekanntesten hebräischen Wörter, aber in seiner Bedeutung oft unterschätzt. Šālôm ist weit mehr als nur die Abwesenheit von Konflikten. Es bedeutet Ganzheit, Wiederherstellung, Harmonie, Sicherheit, Wohlergehen – quasi ein Zustand, in dem alles an seinem Platz ist. Wenn also Frieden gesucht werden soll, geht es nicht nur um einen Waffenstillstand zwischen Feinden, sondern darum, eine tiefe, umfassende Ordnung herzustellen – in Beziehungen, in der Gesellschaft, in sich selbst.
  • וְרָדְפֵֽהוּ׃ (wərodpēhû) – „und jagt ihm nach“ Das ist der Gamechanger. Rādaph bedeutet „verfolgen, jagen, hinterherrennen“ – es wird oft für gnadenlose Verfolgung in Kriegen oder für unerbittliches Streben verwendet. Hier steht also: „Frieden ist nichts, was dir in den Schoß fällt – du musst ihm nachjagen!“ Das ist eine ganz andere Perspektive: Friede ist nicht das Ergebnis von Passivität, sondern von Einsatz, Strategie und einem unbeirrbaren Fokus.

Also, was macht diesen Vers so herausfordernd? David stellt hier eine radikale Vision auf: Wahre Nachfolge bedeutet nicht nur, das Böse zu meiden, sondern aktiv Gutes zu bewirken – und Frieden nicht nur zu erhoffen, sondern ihm entschlossen nachzujagen.

Und genau das führt uns zum nächsten Schritt: Was bedeutet das theologisch? Welche tiefere geistliche Realität steckt hinter dieser Anweisung? Lassen wir uns überraschen.

Ein Kommentar zum Text:

Es klingt so einfach, oder? „Wendet euch ab vom Bösen und tut Gutes. Setzt euch unermüdlich für den Frieden ein.“ Klingt fast wie ein edles eingerahmte Bild für fromme Wohnzimmer. Doch wenn man genauer hinschaut, steckt in Psalm 34,15 eine explosive Spannung: Es ist kein Aufruf zur Harmonie um jeden Preis – sondern eine klare Kampfansage gegen die eigene Trägheit und Gleichgültigkeit. Warum? Weil Frieden nicht von alleine kommt. Er muss – ironischerweise – erkämpft werden.

David schreibt diesen Psalm nicht aus einem Königspalast, umgeben von Beratern und Luxus. Nein, er sitzt in einer Höhle, inmitten von Menschen, die von der Gesellschaft abgeschrieben wurden. Und gerade hier ruft er nicht zur Rebellion, sondern zur radikalen Friedenssuche auf. Das ist fast provokant. Menschen, die Unrecht erfahren haben, sollen sich nicht in Bitterkeit verlieren, sondern aktiv das Gute tun. Das hebräische Wort „sûr“ (ס֣וּר) bedeutet dabei nicht einfach nur „weggehen“, sondern eine bewusste Richtungsänderung vornehmen – wie ein Navigator, der ein Schiff aus gefährlichen Gewässern steuert. Es geht nicht darum, Böses „nicht zu tun“, sondern sich so klar davon zu distanzieren, dass der eigene Kurs sich vollständig ändert.

Und dann der zweite Teil: „Tut Gutes“ (waʿăśē-ṭôb וַעֲשֵׂה־ט֑וֹב). Klingt simpel, doch das hebräische „ʿăśāh“ bedeutet schaffen, gestalten, aktiv hervorbringen. Es ist das gleiche Wort, das in 1. Mose 1,31 verwendet wird, als Gott sieht, dass alles, was er geschaffen hat, „sehr gut“ ist. David fordert also nicht nur moralische Nettigkeiten, sondern eine Schöpfung neuer Realitäten durch das Gute. Das Gute ist nichts, was einfach „da ist“ – es muss geformt, erarbeitet, sichtbar gemacht werden.

Und dann der Clou: Der Frieden muss gejagt werden. Das hebräische Wort „rādaph“ (רָדְפֵֽהוּ) wird normalerweise für gnadenlose Verfolgungen verwendet. Hier also die paradoxe Wendung: Frieden ist kein Selbstläufer, sondern erfordert einen Eifer, der dem eines Jägers gleicht. Jesus greift diese Idee auf, wenn er in der Bergpredigt sagt: „Selig sind, die Frieden stiften“ (Matthäus 5,9) – nicht die, die passiv auf Frieden hoffen, sondern die aktiv gestalten und Konflikte in eine neue Richtung lenken.

Und hier entsteht eine theologische Spannung: Wie geht das mit einer Welt zusammen, die alles andere als friedlich ist? Ist das nicht naiv? David selbst hat ja keineswegs immer friedlich gelebt – er war ein Krieger, ein Mann, der viele Schlachten geschlagen hat. Doch hier zeigt sich eine biblische Grundspannung: Frieden ist nicht immer der Verzicht auf Kampf, sondern oft die Entscheidung für den richtigen Kampf. Paulus drückt es in Römer 12,18 so aus: „Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden.“ Das bedeutet nicht, dass Friede immer erreicht wird – aber es bedeutet, dass wir alles dafür tun sollten.

Und dann kommt noch eine zweite Spannung dazu: Was ist, wenn jemand Frieden verweigert? Hier wird deutlich, dass biblischer Friede nicht bedeutet, um jeden Preis Konflikte zu vermeiden oder sich selbst aufzugeben. Frieden ist kein Synonym für Harmonie um der Harmonie willen – er setzt Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit voraus. Jesus selbst zeigt das eindrucksvoll: Er war der Friedefürst (Jesaja 9,6), aber er war nicht konfliktscheu. Er mied nicht die Auseinandersetzung, wenn es um Wahrheit ging, sondern sprach Missstände offen an – sei es bei den Pharisäern (Matthäus 23,27) oder beim Missbrauch des Tempels (Johannes 2,15-16).

Am Ende wird klar: Psalm 34,15 ist keine Einladung zur Gleichgültigkeit, sondern eine Aufforderung zur radikalen Transformation – angefangen bei sich selbst**.** Weg vom Unheil, hin zur Schaffung des Guten. Weg von passiver Harmonie, hin zur aktiven Friedensgestaltung. Und das bringt uns zur nächsten Frage: Wie setzen wir das im Alltag um? Genau hier kommt die SPACE-Methode ins Spiel – sie hilft uns, den Text praktisch werden zu lassen. Lass uns herausfinden, wie dieser Vers nicht nur in unserem Kopf, sondern in unserem Leben Realität wird.

Die SPACE-Anwendung*

Die SPACE-Anwendung ist eine Methode, um biblische Texte praktisch auf das tägliche Leben anzuwenden. Sie besteht aus fünf Schritten, die jeweils durch die Anfangsbuchstaben von „SPACE“ repräsentiert werden:

S – Sünde (Sin)

Die Sünde, die dieser Vers anspricht, ist nicht unbedingt das offensichtliche „Böse“, das in großen Schlagzeilen landet. Es geht um die bequemere, subtilere Version von Sünde: das Wegsehen. Böses nicht aktiv zu tun, ist eine Sache – aber sich auch nicht gegen das Böse zu stellen? Das ist der blinde Fleck, den David hier trifft. Es ist die Versuchung, passiv zu bleiben, sich rauszuhalten, nach dem Motto: „Solange ich nichts Schlechtes tue, passt doch alles.“ Doch der Text macht klar: Das Gegenteil von Böse ist nicht Neutralität – es ist aktives Gutes. Und hier beginnt das Problem. Denn Gutes zu tun erfordert Mühe, Mut und manchmal auch, sich unbeliebt zu machen. Wir bleiben gerne auf dem sicheren, gemütlichen Mittelweg – doch genau das ist die Falle.

Und dann ist da noch der Frieden. Nicht der billige, oberflächliche Frieden, bei dem man einfach „keinen Ärger macht“, sondern der Frieden, der Konflikte nicht scheut, um Gerechtigkeit zu schaffen. Manchmal bedeuten unsere „Friedensbemühungen“ in Wahrheit nur, dass wir unbequeme Wahrheiten unter den Teppich kehren. Doch echter Frieden kann nur existieren, wenn Gerechtigkeit mit am Tisch sitzt. Die Sünde, vor der uns dieser Vers warnt, ist also die bequeme Selbstzufriedenheit – die Illusion, dass „kein Böses tun“ bereits genug wäre.

P – Verheißung (Promise)

Die Verheißung steckt nicht direkt im Vers, aber sie schimmert zwischen den Zeilen. Wenn wir das Böse hinter uns lassen und aktiv Gutes tun, wenn wir den Frieden nicht nur „hoffen“, sondern ihm nachjagen, dann ist Gott da. In Psalm 34,16 heißt es: „Die Augen des HERRN achten auf die Gerechten, und seine Ohren hören ihr Schreien.“ Mit anderen Worten: Gott sieht die, die diesen Weg gehen. Es kann sich manchmal so anfühlen, als würde das Gute untergehen, als wäre das Streben nach Frieden sinnlos, weil die Welt ein Chaos bleibt. Doch der Text macht klar: Gott übersieht nichts.

Ein weiterer starker Zuspruch kommt aus Jesaja 32,17: „Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Ertrag der Gerechtigkeit wird ewige Stille und Sicherheit sein.“ Frieden ist nicht nur ein Ergebnis unserer Anstrengungen – er ist die Frucht der Gerechtigkeit. Und wo Gerechtigkeit wächst, entsteht etwas, das tiefer ist als ein Moment der Harmonie: eine Sicherheit, die nicht von äußeren Umständen abhängt.

A – Aktion (Action)

Dieser Vers ist eine Herausforderung – nicht nur für unsere Handlungen, sondern für unsere ganze Lebenseinstellung. Es wäre gut, wenn wir unser Verständnis von „gutem Verhalten“ hinterfragen. Ist es wirklich genug, nichts Böses zu tun? Oder fordert Gott mehr von uns? Das Gute aktiv zu tun bedeutet, Gelegenheiten zu suchen, um Veränderung zu bringen – und nicht nur zu warten, bis sie sich vor uns auftun.

Frieden jagen – das klingt anstrengend, und das ist es auch. Frieden passiert nicht zufällig. Es ist eine bewusste Entscheidung, selbst in schwierigen Gesprächen nicht nachzugeben und stattdessen Brücken zu bauen, wo Mauern stehen. Es wäre gut, wenn wir Frieden nicht mit Harmonie verwechseln. Harmonie kann oberflächlich sein – Frieden hingegen ist ehrlich, konfrontativ, heilend. Vielleicht bedeutet das, jemanden um Vergebung zu bitten. Vielleicht bedeutet es, eine ungerechte Situation nicht länger schweigend hinzunehmen. Vielleicht bedeutet es, aktiv für Menschen einzutreten, die übersehen werden. Was auch immer es ist – es braucht Mut.

C – Appell (Command)

Lass nicht einfach los, was falsch ist – wende dich aktiv davon ab. Und dann geh weiter. Bleib nicht stehen, wenn du „nichts Schlechtes“ tust – sondern tu aktiv das Gute. Und dann jage dem Frieden nach. Nicht langsam. Nicht zögerlich. Nicht irgendwann, wenn’s passt. Sondern mit Ausdauer und Entschlossenheit. Das ist kein sanfter, spiritueller Spaziergang – es ist eine echte, bewusste, herausfordernde Bewegung in Richtung einer besseren Welt.

E – Beispiel (Example)

Ein starkes Beispiel ist Jesus selbst. Er war der ultimative „Friedensstifter“ – aber nicht auf die Art, wie wir es oft verstehen. Er mied den Konflikt nicht, sondern führte ihn dort, wo es nötig war, um echte Veränderung zu bewirken. Er heilte, wo andere wegsahen. Er setzte sich für die ein, die keine Stimme hatten. Er sprach Gerechtigkeit aus, selbst wenn es ihn ans Kreuz brachte. Frieden war für ihn nicht Passivität, sondern eine Mission.

Ein zweites Beispiel finden wir in Micha 6,8: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der HERR von dir fordert: nichts als Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig wandeln mit deinem Gott.“ Hier sehen wir genau den gleichen Dreiklang: Nicht nur das Schlechte lassen, sondern aktiv das Gute tun – und das mit einer Haltung, die sich an Gottes Charakter orientiert.

Und damit sind wir an einem entscheidenden Punkt angekommen: Wie identifizieren wir uns persönlich mit diesem Text? Wo stehen wir in dieser Geschichte? Genau das klären wir jetzt.

Persönliche Identifikation mit dem Text:

In diesem Schritt stelle ich mir sogenannte „W“ Fragen: „Was möchte der Text mir sagen?“ in der suche nach der Hauptbotschaft. Dann überlege ich, „Was sagt der Text nicht?“ um Missverständnisse zu vermeiden. Ich reflektiere, „Warum ist dieser Text für mich wichtig?“ um seine Relevanz für mein Leben zu erkennen. Anschließend frage ich mich, „Wie kann ich den Text in meinem Alltag umsetzen/anwenden?“ um praktische Anwendungsmöglichkeiten zu finden. Weiterhin denke ich darüber nach, „Wie wirkt sich der Text auf meinen Glauben aus?“ um zu sehen, wie er meinen Glauben stärkt oder herausfordert. Schließlich frage ich, „Welche Schlussfolgerungen kann ich für mich aus dem Gesagten ziehen?“ um konkrete Handlungen und Einstellungen abzuleiten.

Dieser Vers trifft ins Mark. Nicht weil er kompliziert wäre, sondern weil er keine Ausreden zulässt. „Wende dich ab vom Bösen und tu Gutes. Jag dem Frieden nach.“ Zack. Kein Raum für „Ja, aber…“. Kein Schlupfloch, um sich gemütlich rauszuhalten. David macht hier klar: Wenn du Frieden willst, dann geh ihm nach. Warte nicht darauf, dass er sich wie ein Regenbogen am Himmel formt. Lauf hinterher. Kämpf dafür. Und hier wird es persönlich. Denn, ehrlich gesagt, gibt es Tage, an denen ich genau das nicht will.

Denn was bedeutet das eigentlich? Mich aktiv vom Bösen abwenden? Klar, ich raube keine Banken aus und starte keine Kriege. Aber was ist mit den kleinen Dingen? Dem schlechten Gedanken über jemanden, den ich nicht mag? Der Versuchung, mich rauszuhalten, wenn ich eigentlich Stellung beziehen sollte? Was ist mit den Momenten, in denen ich lieber still bleibe, weil es bequemer ist? Der Text trifft mich genau da, wo ich merke: Es reicht nicht, „kein Problem“ zu sein – ich sollte aktiv Teil der Lösung werden.

Und dann dieser Teil mit dem Frieden. Dem Frieden nachjagen. Ich muss ehrlich zugeben: Manchmal klingt das anstrengend. Wäre es nicht einfacher, Frieden einfach geschehen zu lassen? Sich rauszuhalten, wenn Menschen sich streiten? Sich selbst zu schützen, anstatt sich in das Chaos anderer einzumischen? Aber der Text ist klar: Frieden entsteht nicht von allein. Er braucht Menschen, die sich die Hände schmutzig machen. Und wenn ich darüber nachdenke, sehe ich plötzlich überall Gelegenheiten. In meinen Beziehungen, wo ein klärendes Gespräch lange überfällig wäre. In Konflikten, die mich nicht direkt betreffen, aber wo ich eine Stimme sein könnte. In der Art, wie ich über andere spreche – ob ich Brücken baue oder Mauern.

Und das bringt mich zu einem Punkt, der mir vorher nicht so bewusst war: Dieser Text ist kein romantischer Appell an Weltfrieden und Harmonie. Es ist ein Kampfaufruf. Echter Frieden bedeutet, dass ich bereit bin, Unbequemes zu tun. Dass ich mich nicht nur für „Ruhe“ entscheide, sondern für das, was wirklich heilt. Dass ich nicht nur schweigend an der Seitenlinie stehe, sondern mich mitten ins Getümmel begebe, wenn es darum geht, Frieden zu ermöglichen. Und ja, das könnte heißen, dass ich mich unbeliebt mache. Dass ich mich zwischen Fronten wiederfinde. Dass ich manchmal die Wahl habe zwischen „gemocht werden“ und „das Richtige tun“.

Aber genau hier setzt sich der Text fest. Er fordert mich heraus, mein bequemes Bild von „gutem Leben“ zu hinterfragen. Er erinnert mich daran, dass es leicht ist, sich aus allem rauszuhalten – aber dass wahres Wachstum darin liegt, aktiv Verantwortung zu übernehmen. Und plötzlich sehe ich: Dieser Vers hat weniger mit den „großen moralischen Fragen“ zu tun, als mit den kleinen, alltäglichen Entscheidungen. Wie ich mit Menschen umgehe. Wie ich reagiere, wenn mich jemand verletzt. Ob ich den Frieden nur will – oder ob ich bereit bin, ihm nachzujagen.

Und hier ist der Moment, in dem es wirklich konkret wird. Der Text stellt mir eine Frage, die ich nicht ignorieren kann: Wo in meinem Leben gibt es Frieden, den ich aktiv suchen sollte? Wo gibt es einen Konflikt, den ich nicht mehr aufschieben kann? Wo gibt es eine Gelegenheit, Gutes zu tun – nicht nur, weil es von mir erwartet wird, sondern weil es meine tiefste Überzeugung ist? Und genau hier liegt die Einladung: Diesen Text nicht nur zu lesen, sondern ihn zu leben. Nicht, weil es einfach ist. Sondern weil es sich lohnen könnte.


*Die SPACE-Analyse im Detail:

Sünde (Sin): In diesem Schritt überlegst du, ob der Bibeltext eine spezifische Sünde aufzeigt, vor der du dich hüten solltest. Es geht darum, persönliche Fehler oder falsche Verhaltensweisen zu erkennen, die der Text anspricht. Sprich, Sünde, wird hier als Verfehlung gegenüber den „Lebens fördernden Standards“ definiert.

Verheißung (Promise): Hier suchst du nach Verheißungen in dem Text. Das können Zusagen Gottes sein, die dir Mut, Hoffnung oder Trost geben. Diese Verheißungen sind Erinnerungen an Gottes Charakter und seine treue Fürsorge.

Aktion (Action): Dieser Teil betrachtet, welche Handlungen oder Verhaltensänderungen der Text vorschlägt. Es geht um konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um deinen Glauben in die Tat umzusetzen.

Appell (Command): Hier identifizierst du, ob es in dem Text ein direktes Gebot oder eine Aufforderung gibt, die Gott an seine Leser richtet. Dieser Schritt hilft dir, Gottes Willen für dein Leben besser zu verstehen.

Beispiel (Example): Schließlich suchst du nach Beispielen im Text, die du nachahmen (oder manchmal auch vermeiden) solltest. Das können Handlungen oder Charaktereigenschaften von Personen in der Bibel sein, die als Vorbild dienen.

Diese Methode hilft dabei, die Bibel nicht nur als historisches oder spirituelles Dokument zu lesen, sondern sie auch praktisch und persönlich anzuwenden. Sie dient dazu, das Wort Gottes lebendig und relevant im Alltag zu machen.