Fettgedrucktes für schnell Leser…
Einleitender Impuls:
Manchmal liest man einen Text – und spürt: Das hier ist kein „frommer Denkanstoß“. Das ist eine Realität, die näher ist, als man denkt. Der König wird kommen. Und wenn er kommt, wird nichts mehr unklar sein. Kein „Vielleicht“, kein „Mal schauen“, kein „Ich fühl das gerade nicht“. Sondern Herrlichkeit. Gericht. Gerechtigkeit. Klarheit. Und ja – das ist der erste von vier Impulsen, in denen wir uns dieser Szene Schritt für Schritt nähern. Nicht mit einer theologischen Lupe. Sondern mit dem, was wir spüren, wenn wir sie wirklich ernst nehmen.
Und das Erste, was ich dir heute mitgeben will, ist simpel – aber entscheidend: Dieser Text wurde nicht gestern geschrieben. Er ist seit fast 2000 Jahren da. Und er ist geblieben. Unverändert. Klar. Deutlich. Ehrlich. Warum? Weil er nicht gefallen will. Sondern aufwecken. Weil er uns nicht durch Angst bewegen will – sondern durch Wahrheit. Und die Wahrheit ist: Jesus wird wiederkommen. Nicht weil wir ihn herbeisingen. Sondern weil es sein Plan ist.
Und jetzt mal ganz unter uns: Er ist schon unterwegs. Seit dem Kreuz ist alles vorbereitet. „Es ist vollbracht“, sagte er – und seitdem läuft dieser Prozess. Keine menschliche Inszenierung, sondern das, was Daniel schon sah: ein Stein, nicht von Menschenhand. Ein Reich, das kommt. Nicht als Idee. Sondern als König. Und wenn du heute diesen Text liest – dann lies ihn nicht mit Angst. Sondern mit dem Geist. Denn es kommt nicht auf deine Werke an. Sondern auf das, was der Geist durch dich tut. Und das ist mehr, als du vielleicht ahnst.
Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:
- Was löst der Gedanke bei dir aus, dass Jesus tatsächlich wiederkommen wird – nicht symbolisch, sondern real? Es geht darum, der theologischen Theorie eine existentielle Schärfe zu geben. Was macht das mit deinem Weltbild – mit deinem Tagesplan – mit deiner Hoffnung?
- Wie gehst du damit um, wenn du unsicher bist, „auf welcher Seite“ du stehst? Diese Frage zielt auf das Gefühl von Unzulänglichkeit. Nicht als Anklage, sondern als Einladung, sich selbst ehrlich in den Blick zu nehmen – ohne sich zu verstecken.
- Wenn Jesus nicht nach Etikett urteilt, sondern nach gelebter Barmherzigkeit – was bedeutet das konkret für deinen nächsten Schritt? Diese Frage lädt zur konkreten Anwendung ein, ohne moralischen Druck. Was darf bei dir wachsen? Wo darf es einfacher werden?
Parallele Bibeltexte als Slogans mit Anwendung:
Daniel 7,13–14 – „Der Thron steht bereit.“ → Das Endgericht ist kein Mythos, sondern angekündigte Realität. Und der Richter ist derselbe, der für dich starb.
Offenbarung 22,12 – „Mein Lohn ist mit mir.“ → Jesus kommt nicht leer zurück – er bringt mit, was durch dein Leben sichtbar wurde.
Matthäus 7,21–23 – „Nicht jeder, der ‚Herr‘ sagt…“ → Nicht die Worte zählen, sondern das, was im Herzen gelebt wurde. Echt. Sichtbar. Still.
Epheser 2,10 – „Vorbereitet, nicht improvisiert.“ → Die Werke, in denen du heute gehst, sind längst vorbereitet. Du musst sie nicht schaffen – nur erkennen.
Wenn das Gericht wirklich kommt – dann kommt es nicht, um dich zu erschrecken, sondern um sichtbar zu machen, was längst begonnen hat.
Wenn du spürst, dass dieser Gedanke dich nicht kalt lässt – nimm dir gern 20 Minuten und lies die ganze Ausarbeitung. Kein Druck. Nur ein Vorschlag. Von Herz zu Herz.
Ausarbeitung zum Impuls
Lass uns kurz die Welt um uns leiser drehen – und mit einem offenen Herzen beten, bevor wir uns dem Text zuwenden.
Lieber Vater, es fällt mir manchmal schwer, an das Unsichtbare zu glauben. An das, was kommt. An das, was Du verheißen hast. Aber da steht es: Du wirst kommen – als Menschensohn, in Herrlichkeit, nicht verborgen, sondern sichtbar. Und Du wirst ordnen. Nicht eiskalt, sondern als der, der uns kennt. Ich weiß nicht, ob ich bereit bin. Vielleicht sitze ich manchmal auf der falschen Seite. Aber ich will Dich sehen, will Dich hören, wenn Du rufst. Hilf mir, heute auf deiner Seite zu leben mit der Gewissheit, dass Du nicht fern bleibst. Und wenn Du trennst, dann als der gute Hirte – nicht als Richter mit kaltem Blick, sondern als der, der selbst gelitten hat. Danke, dass Dein Urteil Gerechtigkeit bringt. Und Gnade.
Im Namen Jesu,
Amen.
Lass uns gemeinsam tiefer eintauchen in das, was dieser erste Vers über unsere Hoffnung und unsere Haltung sagt.
Persönliche Identifikation mit dem Text und der Ausarbeitung:
In diesem Ersten Abschnitt geht es nicht darum, den Text zu erklären – sondern ihm zuzuhören. Es ist eigentlich der Letze schritt der Ausarbeitung gewesen, der den Ich nach allen anderen Schritten gegangen bin, die du danach lesen kannst… Ich stelle mir die leisen, ehrlichen „W“-Fragen: Was spricht mich an? Was bleibt unausgesprochen? Warum bewegt mich das gerade jetzt? Ich frage mich, wie dieser Vers meinen Alltag berühren kann – nicht theoretisch, sondern greifbar. Und ich spüre nach, was das mit meinem Glauben macht – ob es trägt, fordert, tröstet oder alles zugleich. Am Ende suche ich nicht die perfekte Antwort, sondern eine aufrichtige Reaktion: Was nehme ich mit – ganz persönlich, im Herzen, im Leben, im Blick auf Gott.
Also, bereit?
Ich weiß nicht, ob du das kennst – diesen einen Moment, in dem du einfach handeln könntest. Nicht viel. Nicht kompliziert. Kein riesiger Akt. Nur ein kleiner Schritt. Und trotzdem bleibst du stehen. Oder gehst weiter. Weil in dir plötzlich tausend Gedanken losgehen. Was ist richtig? Was wäre klüger? Was denken andere? Und ehe du’s versiehst, ist der Moment vorbei. Der Mensch ist weg. Und mit ihm das, was hätte sein können.
Mir ist das passiert — hatte ich auch schon einmal erzählt. Ich hatte einen Euro in der Tasche. Gefunden, nicht geplant. Vor mir saß ein Mann, still, bettelnd. Und alles in mir sagte: Gib ihm den Euro. Aber ich ging weiter. Ich dachte nach. Ich wollte es besser machen – moralisch richtiger. Am Ende kam ich mit einer ganzen Tüte zurück. Aber der Mann war weg. Und ich stand da – mit einer frommen Geste in der Hand und einer verpassten Begegnung im Herzen.
Warum ich dir das erzähle? Weil ich glaube, dass genau solche Situationen das meinen, was Jesus in Matthäus 25 sichtbar macht. Er sitzt da nicht auf dem Richterstuhl, um uns moralisch zu sezieren. Er zeigt, was wir in uns tragen – oder eben nicht. Die Trennung geschieht nicht erst am Ende der Zeit – sie beginnt oft mitten im Alltag. In diesen Momenten, wo unser Herz entscheidet, ob es sieht oder wegsieht. Ob es empfängt oder verschließt. Und das ist keine Drohung. Das ist eine Einladung. Zur Wachheit. Zur Ehrlichkeit. Zur Zugehörigkeit.
Denn das ist es doch: Es geht nicht um Punkte auf der Glaubens-Skala. Es geht um Beziehung. Um ein Sein in Christus, das sich zeigt, wenn keiner hinschaut. Oder gerade dann. Der König kommt in seiner Herrlichkeit – ja. Aber er prüft nicht, wie viele Verse du auswendig kannst. Er schaut, was sichtbar geworden ist von dem, was du angeblich glaubst.
Ich merke bei mir: Oft bin ich nicht zu wenig informiert. Ich bin zu sehr im Kopf. Ich denke zu viel – und dann kommt es halt oft so wie es kommt. Nicht aus Gleichgültigkeit. Sondern aus Unsicherheit. Aus diesem inneren Ringen, das sagt: „Was, wenn du falsch liegst?“ Aber vielleicht ist genau das das Problem. Dass ich warte, bis ich mir sicher bin – statt zu lieben, solange ich unsicher bin.
Und du? Kennst du diese inneren Prozesse? Diese Debatten mit dir selbst, die am Ende niemand gewinnt? Ich frage mich, wie viele „Jesus-Momente“ an mir vorbeigegangen sind, weil ich auf das richtige Setting gewartet habe. Auf die Bestätigung. Auf den klaren Plan. Aber Jesus sagt nicht: „Du wirst mich erkennen, wenn ich predige.“ Sondern: „Du hast mich gesehen – als ich durstig war.“ Und das trifft. Tief.
Was dieser Text mir zwischen den Zeilen zuflüstert? Dass Zugehörigkeit kein Etikett ist. Kein „Ich bin Christ, also bin ich sicher.“ Sondern: ein Leben, das aus dem lebt, dem es glaubt. Das tut, was keiner sieht. Das liebt, was sich nicht auszahlt. Nicht perfekt. Nicht immer. Aber echt. Und das tut weh. Weil ich merke, wie oft ich mich hinter meinem Dienst verstecken kann. Hinter Aufgaben. Hinter „größeren Projekten“. Und dabei das eine Gesicht übersehe, das mich jetzt braucht.
Ich glaube, dieser Text ruft uns nicht zur Leistung. Er ruft uns zur Wahrhaftigkeit. Bin ich noch der, den Jesus kennt – oder nur der, der von ihm redet?
Ich will niemandem Angst machen. Auch mir nicht. Aber ich will wach sein. Weil ich weiß, dass das, was sich zeigt, oft viel tiefer reicht als ein guter Moment. Es geht um meine Haltung. Um mein Herz. Um meine Blickrichtung. Und ja – ich scheitere. Ich gehe oft weiter, wo ich stehenbleiben sollte. Aber ich lerne. Und ich vertraue darauf, dass der König nicht nur urteilt – sondern auch verwandelt.
Vielleicht geht es dir ähnlich. Vielleicht liest du das hier und denkst: „Ich habe auch verpasst. Auch ich bin schuldig geworden.“ Dann hör mich: Du bist nicht allein. Und du bist nicht verloren. Der König, der richtet, ist derselbe, der am Kreuz blieb – aus Liebe. Und diese Liebe fragt nicht: „Hast du alles richtig gemacht?“ Sondern: „Willst du mich wiedersehen – auch im Geringsten?“
Ich wünsche mir, dass wir diese Frage hören. Nicht als Last. Sondern als Einladung. Dass wir sehen, wenn er kommt. Im Schwachen. Im Kleinen. In uns. Und dass wir bereit sind – nicht mit Antworten. Sondern mit offenen Augen. Schlussendlich, wurde dieser Text geschrieben um uns vorzubereiten. Nicht um uns etwas vorzuwerfen.
Was folgt, ist die theologische Entfaltung dieser Szene – mit Tiefe, Kontext und einer Spur Trost zwischen den Zeilen.
Der Text:
Zunächst werfen wir einen Blick auf den Text in verschiedenen Bibelübersetzungen. Dadurch gewinnen wir ein tieferes Verständnis und können die unterschiedlichen Nuancen des Textes in den jeweiligen Übersetzungen oder Übertragungen besser erfassen. Dazu vergleichen wir die Elberfelder 2006 (ELB 2006), Schlachter 2000 (SLT), Luther 2017 (LU17), Basis Bibel (BB) und die Hoffnung für alle 2015 (Hfa).
Matthäus 25,31–32
ELB 2006: Wenn aber der Sohn des Menschen kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen; und vor ihm werden versammelt werden alle Nationen, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet.
SLT: Wenn aber der Sohn des Menschen in seiner Herrlichkeit kommen wird und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er auf dem Thron seiner Herrlichkeit sitzen, und vor ihm werden alle Heidenvölker versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirte die Schafe von den Böcken scheidet,
LU17: Wenn aber der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er sich setzen auf den Thron seiner Herrlichkeit, und alle Völker werden vor ihm versammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet,
BB: »Der Menschensohn wird wiederkommen in seiner Herrlichkeit mit allen Engeln. Dann wird er sich auf seinen Herrscherthron setzen. Alle Völker werden vor dem Menschensohn versammelt. Er wird sie in zwei Gruppen aufteilen – wie ein Hirte, der die jungen Ziegenböcke von der Herde trennt.
HfA: »Wenn der Menschensohn in seiner ganzen Herrlichkeit kommt, begleitet von allen Engeln, dann wird er auf seinem Königsthron sitzen. Alle Völker werden vor ihm versammelt werden, und er wird die Menschen in zwei Gruppen teilen, so wie ein Hirte die Schafe von den Ziegen trennt.
Der Kontext:
In diesem Abschnitt geht es darum, die grundlegenden Fragen – das „Wer“, „Wo“, „Was“, „Wann“ und „Warum“ – zu klären. Das Ziel ist es, ein besseres Bild von der Welt und den Umständen zu zeichnen, in denen dieser Vers verfasst wurde. So bekommen wir ein tieferes Verständnis für die Botschaft, bevor wir uns den Details widmen.
Kurzgesagt… Jesus erzählt seinen Jüngern, was am Ende der Geschichte passieren wird – wenn er wiederkommt und die große Abrechnung folgt. Kein Gleichnis mehr, kein Bild – sondern eine Szene, die sitzt. Er spricht nicht über irgendein Jüngerschafts-Tutorial, sondern über das, worauf alles hinausläuft. Und wie man daran erkennt, wem man wirklich begegnet ist.
Previously on Matthäus: Jesus hat gerade mit seinen Jüngern auf dem Ölberg gesessen – Blick auf den Tempel, Blick in die Zukunft. Es war eine lange Antwort auf eine eigentlich einfache Frage: „Wann wird das alles geschehen?“ Und: „Woran kann man erkennen, dass du kommst?“ Was dann folgt, ist keine Endzeitkarte mit Uhrzeit, sondern ein Mix aus Warnungen, Gleichnissen und Bildern. Immer wieder geht es um das Eine: Wach sein. Bereit sein. Echt sein. Nicht aus Angst, sondern aus Treue. Das Ende ist keine Überraschung für den, der lebt, als käme der Herr wirklich zurück.
Und genau an dieser Stelle kommt die Szene, die wir hier vor uns haben. Kein Gleichnis mehr, sondern der direkte Blick auf das Gericht. Jesus malt eine Szene wie aus einem Königssaal – mit Thron, Versammlung und Urteil. Es ist der Abschluss der sogenannten Endzeitrede, auch bekannt als die „Ölbergrede“ – die längste private Rede Jesu im Matthäusevangelium.
Der geistig-religiöse Kontext ist geprägt von Spannung. Jesus steht kurz vor seiner Verhaftung. Er weiß, was kommt. Die Jünger ahnen es nicht. Aber der Ton wird ernster, klarer, direkter. Er redet nicht mehr in verschlüsselten Bildern, sondern in endgültigen Linien. Der Menschensohn – das ist er selbst – wird kommen in Herrlichkeit. Nicht mehr als Lehrer auf staubiger Straße, sondern als Richter und König. Und vor ihm werden „alle Völker“ versammelt – das meint im matthäischen Kontext wohl eine Mischung aus den nichtjüdischen Nationen und der großen, globalen Menschheit. Kein innerjüdischer Familienkreis mehr, sondern das Ganze. Es ist der universale Maßstab, der hier sichtbar wird.
Diese Szene steht nicht für sich allein. Sie bildet den letzten Teil einer Serie von vier Elementen: der Wächter, die zehn Jungfrauen, die Talente – und jetzt das Gericht. In allen vorherigen Bildern ging es um Vorbereitung, Erwartung, Treue. Jetzt aber geht es um Konsequenz. Die Entscheidung wird nicht mehr getroffen – sie wird offengelegt.
Was das Ganze so greifbar macht: Es ist kein Lehrtext, sondern eine Erzählung. Kein theologisches Traktat, sondern ein Bild, das man vor sich sieht. Ein König trennt Menschen – wie ein Hirte Schafe und Ziegen. Und der Maßstab ist verblüffend unspektakulär: Es geht nicht um Bekenntnisse, sondern um Brot. Nicht um Glaubensbekenntnisse, sondern um Gastfreundschaft. Es geht um das, was man getan oder eben nicht getan hat – und wer da eigentlich vor einem stand.
In dieser Szene steckt Spannung – nicht im Sinne eines dramatischen Finales, sondern in der stillen Frage, die mitschwingt: Habe ich’s gemerkt, als du da warst? Nicht im Tempel. Nicht im Gebet. Sondern in der Bedürftigkeit eines anderen Menschen. Diese Frage liegt wie ein feiner Nebel über der Szene.
Und ja, es geht um Gericht. Aber nicht um ein anonymes Gericht von oben – sondern um eines, das durch Begegnung entstanden ist. Jesus als der Verborgene, der uns begegnet ist. Darum wirkt die Szene nicht wie ein Donnerurteil, sondern wie ein Spiegel: Es war immer er. Und wir haben es entweder gesehen – oder eben nicht.
Damit haben wir den Boden bereitet. Jetzt gehen wir einen Schritt tiefer – zu den Schlüsselwörtern des Textes, die uns zeigen, wie dicht und bewusst diese Szene gebaut ist.
Die Schlüsselwörter:
In diesem Abschnitt wollen wir uns genauer mit den Schlüsselwörtern aus dem Text befassen. Diese Worte tragen tiefere Bedeutungen, die oft in der Übersetzung verloren gehen oder nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Wir werden die wichtigsten Begriffe aus dem ursprünglichen Text herausnehmen und ihre Bedeutung näher betrachten. Dabei schauen wir nicht nur auf die wörtliche Übersetzung, sondern auch darauf, was sie für das Leben und den Glauben bedeuten. Das hilft uns, die Tiefe und Kraft dieses Verses besser zu verstehen und ihn auf eine neue Weise zu erleben.
Matthäus 25,31–32 – Ursprünglicher Text (Nestle-Aland 28):
Ὅταν δὲ ἔλθῃ ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου ἐν τῇ δόξῃ αὐτοῦ καὶ πάντες οἱ ἄγγελοι μετ’ αὐτοῦ, τότε καθίσει ἐπὶ θρόνου δόξης αὐτοῦ·
καὶ συναχθήσονται ἔμπροσθεν αὐτοῦ πάντα τὰ ἔθνη, καὶ ἀφορίσει αὐτοὺς ἀπ’ ἀλλήλων, ὥσπερ ὁ ποιμὴν ἀφορίζει τὰ πρόβατα ἀπὸ τῶν ἐρίφων.
Übersetzung Matthäus 25,31–32 (Elberfelder 2006):
Wenn aber der Sohn des Menschen kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm, dann wird er auf seinem Thron der Herrlichkeit sitzen;
und vor ihm werden versammelt werden alle Nationen, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirte die Schafe von den Böcken scheidet.
Semantisch-pragmatische Kommentierung der Schlüsselwörter:
- ὁ υἱὸς τοῦ ἀνθρώπου – „Sohn des Menschen“: Diese Titelbezeichnung verweist unmittelbar auf Daniel 7,13–14. Sie ist in Matthäus kein poetisches Selbstetikett Jesu, sondern ein bewusst gewählter Ankerbegriff für seine eschatologische Autorität. Er ist nicht nur ein Richter unter vielen, sondern derjenige, dem alle Gewalt gegeben ist – sichtbar an seinem „Thron der Herrlichkeit“ (θρόνος δόξης).
- δόξα (doxa) – „Herrlichkeit“: Dieses Wort trägt ein theologisch dichtes Bedeutungsfeld. Es geht hier nicht um äußeren Glanz oder erhabene Kulisse, sondern um die Offenbarung der göttlichen Identität. Doxa meint den Glanz, der Gott selbst umgibt, wie im Tempel (vgl. Ez 1,28) oder auf dem Sinai. Die Herrlichkeit ist hier also sichtbar gemachte Gottesautorität.
- θρόνος (thronos) – „Thron“: Nicht nur Sitzmöbel, sondern Symbol des Richtens. Der Ausdruck verweist auf das biblische Motiv des Gerichtsthrons – ein Ort der Entscheidung und Scheidung. In der jüdischen Vorstellung war dies Gott allein vorbehalten. Jesus nimmt hier eine göttliche Rolle ein, nicht als Beauftragter, sondern als Richter selbst.
- πᾶς τὰ ἔθνη (panta ta ethnē) – „alle Nationen“: Wörtlich „alle Völker“ – ethnē ist ein Begriff, der bei Matthäus meist Heiden meint, also Nichtjuden. Einige Kommentatoren wie Powell und Turner betonen, dass damit nicht die Jünger gemeint sind, sondern die Welt außerhalb der Gemeinde. Damit liegt der Fokus des Gerichts auf deren Umgang mit den „Brüdern“ Jesu.
- συναχθήσονται (synachthēsontai) – „werden versammelt werden“: Passivform – ein diviner Passiv, also eine Handlung, die Gott selbst ausführt. Der Akt des Sammelns ist nicht bloß organisatorisch, sondern trägt eschatologisches Gewicht: Die ganze Welt wird vor den Richterstuhl gezogen, ob sie will oder nicht.
- ἀφορίσει (aphorisei) – „er wird scheiden“: Das Verb bedeutet nicht einfach „trennen“, sondern absondern, aussondern, zuordnen. Die Bewegung ist aktiv, zielgerichtet und endgültig. Die Parallele zu Hesekiel 34,17–22 ist offensichtlich: Der Hirte trennt nicht nach Sympathie, sondern nach Wahrheit – nach dem, was verborgen war und nun offenbar wird.
- ὥσπερ ὁ ποιμὴν (hōsper ho poimēn) – „wie der Hirte“: Der Vergleich ist mehr als pastoralromantisch. In der antiken Realität trennten Hirten tatsächlich am Abend die Tiere – Schafe waren wertvoller, ruhiger, genügsamer, Ziegen wilder und oft störischer. Das Bild ist vertraut, doch mit tiefem Symbolgehalt: Die Trennung erfolgt nach Wesen, nicht nur nach Werk.
- πρόβατα / ἐρίφοι (probata / eriphoi) – „Schafe / Böcke“: Zwei Gruppen, die äußerlich kaum zu unterscheiden sind. Der Unterschied liegt nicht im Augenschein, sondern im Verhältnis zum Hirten – ein Bild für verborgene geistliche Zugehörigkeit. Die Schafe stehen für diejenigen, die erkannt und angenommen haben, was die Böcke übersehen oder abgelehnt haben.
Diese Begriffe legen das Fundament für den theologischen Kommentar: Denn hier geht es nicht um Äußerlichkeiten, sondern um ein Gericht, das die verborgene Wahrheit des Herzens ans Licht bringt.
Ein Kommentar zum Text Teil 1: Verse 31–32 – Szeneeröffnung, Ankunft des Menschensohns, Gericht über die Völker.
Wenn Jesus kommt, kommt er nicht mehr allein. Die Stunde der Einsamkeit – Garten, Kreuz, Grab – ist vorbei. Was folgt, ist kein stilles Finale, sondern ein öffentlicher, kosmischer Akt der Gerechtigkeit. Der Text beginnt mit einer Wucht, die man fast überliest: „Wenn aber der Sohn des Menschen kommt in seiner Herrlichkeit und alle Engel mit ihm…“ (V. 31). Hier steht nicht mehr der leidende Menschensohn vor dem Hohen Rat – hier sitzt er auf dem θρόνος δόξης (thronos doxēs) – dem Thron der Herrlichkeit, einer Formulierung, die Matthäus nicht beiläufig einsetzt (vgl. Matthäus 19,28). Was in Daniel 7,13–14 als Vision erschien – „einer wie ein Menschensohn“ vor dem „Alten an Tagen“ – wird hier sichtbar vollzogen. Und nicht nur das: Alle Engel – πάντες οἱ ἄγγελοι (pantes hoi angeloi) – begleiten ihn. Dieselben, die in Matthäus 13 bei der Trennung von Gut und Böse agieren, stehen hier erneut – nicht als Begleitpersonal, sondern als Zeugen des endgültigen Urteils.
Diese Szene ist nicht metaphorisch. Auch nicht parabolisch. Sie ist gerichtlich-real – eine der klarsten Darstellungen des sogenannten eschatologischen Gerichts in den Evangelien. (Eschatologie bezeichnet die Lehre von den letzten Dingen – also Themen wie Wiederkunft, Gericht, Auferstehung, neues Leben.) Der Anfang von Matthäus 25,31–46 markiert damit den Übergang von der vorbereitenden Ethik zur Vollstreckung einer endgültigen Wahrheit. Wenn πάντα τὰ ἔθνη (panta ta ethnē) – „alle Völker“ – versammelt werden, ist kein Mensch ausgeschlossen. Die Formulierung erinnert an Jesaja 66,18 und Joel 4,2, wo Gott alle Nationen zur Rechenschaft zieht. Dabei ist klar: Es geht nicht um politische Kollektive. Der Text wird plötzlich persönlich. Das wird grammatikalisch spürbar – vom Neutrum ethnē („Völker“) springt der Satz in Vers 32 zum Maskulinum αὐτούς (autous) – „sie“, gemeint: Einzelne. Jeder Mensch steht hier vor dem König. Craig Blomberg weist darauf hin, dass dieser Wechsel eine bewusste literarische Bewegung darstellt: Die Universalität wird zur Intimität – jeder ist angesprochen, niemand kann sich hinter Kultur, Nation oder Tradition verstecken (Craig Blomberg, Matthew).
Das Gericht geschieht durch Trennung: ἀφορίσει αὐτοὺς ἀπʼ ἀλλήλων (aphorisei autous ap’ allēlōn) – „Er wird sie voneinander trennen“. Dieses Verb ἀφορίζω (aphorizō) ist stark geladen. Im Alten Testament ist es das Wort für das Absondern für Gott – bei Priestern, beim Heiligen, beim Opfer (3. Mose 20,26; 4. Mose 8,14). Es beschreibt eine kultische Grenzziehung – nicht einfach eine äußere Ordnung, sondern eine Unterscheidung im Licht des Heiligen. Die Parallele zu Hesekiel 34,17–22 ist unübersehbar: Auch dort scheidet Gott „zwischen Schaf und Schaf“, also innerhalb des eigenen Volkes, nicht zwischen Gläubigen und Fremden. David L. Turner nennt das „die Logik des inneren Bundesurteils“ – Gott richtet nicht zuerst über die Welt, sondern über die, die sich zu ihm bekennen (David L. Turner, Matthew).
Manche Ausleger sprechen von einem Gleichnis oder einer Parabel. Doch hier beginnt eine Szene, die sich Schritt für Schritt vom Bild löst. Grant R. Osborne argumentiert, dass lediglich der Auftakt – die Unterscheidung zwischen Schafen und Böcken – parabolisch funktioniert. Ab Vers 34 wechsle die Rede Jesu in den juristisch-deskriptiven Modus. Die Handlung wird nicht erzählt, sondern erklärt. Osborne nennt das eine „eschatologische Gerichtsszene im vollen Sinne“ – also eine Beschreibung des letzten Gerichts als historisch-reale Vollstreckung (Grant R. Osborne, Matthew). Es geht nicht um ein Beispiel, sondern um die Enthüllung einer letzten Wahrheit.
Der Menschensohn ist dabei nicht einfach Richter. Matthäus wechselt die Bezeichnung: In Vers 34 wird aus dem Menschensohn der König – ὁ βασιλεὺς (ho basileus). Dieser Wechsel ist nicht nur semantisch. Er signalisiert einen Statuswechsel – von der Autorität des Beauftragten zur Herrschaft des endgültigen Inhabers aller Vollmacht. In Matthäus 28,18 wird Jesus genau diese Macht übertragen: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Das Gericht in Matthäus 25 ist der erste öffentliche Akt dieser universalen Gewalt.
D. A. Carson betont an dieser Stelle, dass die Szene nicht symbolisch zu lesen sei – auch wenn sie eine bildhafte Einleitung hat. Vielmehr handle es sich um eine Beschreibung realer zukünftiger Ereignisse: „Der Menschensohn wird kommen, und er wird richten – nicht metaphorisch, sondern tatsächlich“ (D. A. Carson, Matthew). Die Konsequenzen dieses Urteils – ewiges Leben oder ewige Strafe – sind real. Nicht Bild, sondern Realität.
Und doch bleibt eine Spannung. Wer steht da eigentlich vor diesem Thron? Was wird beurteilt? Und mit welchem Maß?
Noch sagt der Text nichts über die Kriterien. Nur über die Konsequenz: Trennung. Scheidung. Entscheidung. Kein „alle gehören irgendwie dazu“. Kein „jeder nach seiner Wahrheit“. Sondern: Du. Und der König. Und das, was zwischen euch steht – oder nicht mehr steht.
→ Im nächsten Abschnitt spricht der König – und was er sagt, verändert alles: Es geht nicht um Leistung. Es geht um Zugehörigkeit.
Die SPACE-Anwendung*
Die SPACE-Anwendung ist eine Methode, um biblische Texte praktisch auf das tägliche Leben anzuwenden. Sie besteht aus fünf Schritten, die jeweils durch die Anfangsbuchstaben von „SPACE“ repräsentiert werden:
Sünde (Sin)
Wenn wir ehrlich sind: Wir leben oft, als ob es dieses Gericht nie geben wird. Als ob am Ende alle einfach durchgewunken werden. Als ob Jesus der nette Gastgeber ist, nicht der König auf dem Thron der Herrlichkeit. Und ja, ich nehme mich da nicht aus. Wir reden von Gnade, aber vergessen, dass Gnade nur dann Gnade ist, wenn es wirklich etwas zu vergeben gibt. Der Text sagt nicht: „Alle dürfen bleiben.“ Er sagt: Trennung. Und das ist schwer. Für unser theologisches Bauchgefühl. Für unsere Vorstellung von einem liebenden Gott. Für unsere Wunschidee, dass irgendwie alle dazugehören. Aber genau das ist die Verführung: zu glauben, dass Zugehörigkeit keine Konsequenz hat. Dass man den König ignorieren kann – und trotzdem auf seinem Thron sitzen darf. Die eigentliche Sünde hier? Die Verwechslung von Langmut mit Gleichgültigkeit. Der Text sagt es deutlich: Es kommt ein Tag, an dem das nicht mehr geht.
Verheißung (Promise)
Klingt seltsam, aber ja: Das Gericht ist eine Verheißung. Für alle, die heute übersehen werden. Für die, die nicht zählen. Für die, die Gerechtigkeit nie erlebt haben. Der Thron in Vers 31 ist kein Drohbild. Er ist das Versprechen, dass Gott hinschaut – wirklich hinschaut. Und dass keiner untergeht in der Masse. „Alle Völker… und er wird sie voneinander trennen.“ Das heißt: Du wirst gesehen. Nicht pauschal. Nicht kollektiv. Sondern ganz. Das mag uns Angst machen – aber es ist auch Trost. Und irgendwie Gnade. Weil es bedeutet: Der letzte Maßstab ist nicht, was andere über dich gesagt haben. Sondern was der König sieht. Und er irrt sich nicht. Vielleicht ist das unsere Hoffnung: Dass wir nicht vor einem Algorithmus stehen. Sondern vor einem Gesicht. Und dass dieses Gesicht dich kennt – durch und durch. (vgl. Johannes 10,14; Psalm 139,1–4)
Aktion (Action)
Okay, also was jetzt? Was soll ich anders machen, wenn ich diesen Text ernst nehme? Vielleicht erstmal das: Ich darf mir die Illusion abschminken, dass Jesus neutral bleibt. Dass ich ihn irgendwie umschiffen kann – zwischen Kalenderchristentum und Alltagspraxis. Der König kommt. Nicht als Idee. Nicht als Metapher. Sondern wirklich. Und das verändert alles. Das verändert, wie ich heute rede. Wie ich über Menschen denke. Wie ich Entscheidungen treffe, wenn keiner hinsieht. Die „Schafe“ im Text haben keine Show abgezogen – sie haben einfach gelebt, was sie glaubten. Vielleicht ist genau das die Einladung: Nicht mehr performen. Sondern echt werden. Die gute Nachricht ist: Wenn der König kommt, brauchst du keine Masken. Nur ein Herz, das sich sehen lässt.
Und noch was – vielleicht etwas Unbequemes: Der Text will mich nicht nur trösten, sondern erschüttern. Weil er mir zeigt, wie leicht ich mich selbst täuschen kann. Ich kann in einer Kirche sitzen. In einem Dienst stehen. Und trotzdem nicht erkannt werden vom König. Nicht weil ich falsch geglaubt hätte – sondern weil ich nichts getan habe. Nicht geliebt habe. Nicht hingehen wollte. Es reicht nicht, dass ich weiß, dass er kommt. Es zählt, wie ich auf ihn warte.
Appell (Command)
Lass dich unterscheiden. Nicht von außen – von innen. Nicht weil du mehr machst, sondern weil du anders lebst. Es gibt keine Zwischenkategorie. Keine „Grauzone Gnade“. Nur den König. Und dich. Die Frage ist nicht, ob du genug getan hast. Die Frage ist: Kennst du ihn? Und lebt deine Liebe in deinem Tun? Was du heute entscheidest, ist nicht egal. Und nein, es ist kein moralischer Leistungsdruck. Es ist eine Einladung zur Klarheit. Zur Rückkehr. Zur Bereitschaft. Das Urteil fällt nicht irgendwann. Es fällt jetzt – im Kleinen. In deiner täglichen Haltung. In deiner Stimme. In deiner Bereitschaft zu dienen, wenn keiner zusieht. Der König trennt nicht nach Erfolg – sondern nach Echtheit.
Beispiel (Example)
Hier haben wir mal wieder Petrus. Ja, der Impulsive. Der Fels mit Rissen. Aber als Jesus ihm begegnet – nach dem Kreuz, nach dem Verrat – da fragt er nicht nach Leistung. Er fragt: „Liebst du mich?“ Und Petrus sagt nicht: „Natürlich, ich war dabei, ich hab Wunder gesehen!“ – Er sagt nach dem 3. Anlauf: „Du weißt es, Herr.“ Und was antwortet Jesus? „Weide meine Schafe.“ Liebe – sichtbar im Dienst. Das ist ein Leben, das unterscheidbar ist.
Und dann ist da Matthäus 7,21–23 – für alle, die glauben, dass Äußerlichkeiten reichen. „Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr…“ Der Klassiker. Menschen, die alles richtig sagen, aber nichts davon leben. Die im Namen Jesu Wunder tun – und ihn doch nie kannten. Wenn das keine Warnung ist, dann weiß ich auch nicht. Es gibt eine Frömmigkeit, die fromm aussieht – und trotzdem leer ist. Der Text heute ist der Spiegel dafür. Und die Einladung: Steh ehrlich davor.
Im nächsten Abschnitt lassen wir den Text nicht mehr reden. Sondern uns. Wir fragen uns: Was bleibt hängen? Was spricht mich an – ohne dass ich es ganz greifen kann? Und warum berührt es mich genau jetzt?
Persönliche Identifikation mit dem Text und der Ausarbeitung:
In diesem letzten Schritt habe ich das erstellt was du am Anfang gelesen hast… es ging nicht mehr darum, den Text zu erklären – sondern ihm zuzuhören. Ich stelle mir die leisen, ehrlichen „W“-Fragen: Was spricht mich an? Was bleibt unausgesprochen? Warum bewegt mich das gerade jetzt? Ich frage mich, wie dieser Vers meinen Alltag berühren kann – nicht theoretisch, sondern greifbar. Und ich spüre nach, was das mit meinem Glauben macht – ob es trägt, fordert, tröstet oder alles zugleich. Am Ende suche ich nicht die perfekte Antwort, sondern eine aufrichtige Reaktion: Was nehme ich mit – ganz persönlich, im Herzen, im Leben, im Blick auf Gott.
Zu dem, können dir vielleicht auch diese Fragen helfen:
1. Wann in deinem Leben hattest du das Gefühl, dass du auf der „linken Seite“ standest – nicht äußerlich, aber innerlich?
Was ich mit dieser Frage meine: Gab es einen Moment, in dem du dich vor Gott als einer der „Böcke“ gefühlt hast – vielleicht, weil du dich selbst nicht wiedererkannt hast in deinem Tun, obwohl du dachtest, auf dem richtigen Weg zu sein? Mich interessiert, wie du solche Brüche erlebst – und ob darin vielleicht mehr Wahrheit über dich zum Vorschein kam als in manch starker Phase.
2. Wer war für dich einmal „Christus im Geringsten“, ohne dass du es in dem Moment erkannt hast?
Hier geht es um Begegnungen, die im Rückblick größer waren als sie schienen. Vielleicht ein Mensch, den du fast übersehen hättest – und der dir dennoch Gottes Nähe spürbar gemacht hat. Diese Frage ist nicht nur biografisch, sondern auch geistlich: Sie führt zur Demut, dass Christus oft kommt, ohne dass wir es verstehen.
3. Gibt es einen Teil in dir, der hofft, dass es doch keine Trennung geben wird?
Ich meine damit nicht theologisch, sondern emotional. Der Text ist eindeutig – Gericht, Entscheidung, Konsequenz. Aber vielleicht gibt es in dir eine Sehnsucht, dass es doch ein Schlupfloch gibt? Dass Gottes Barmherzigkeit irgendwie alle auffängt? Mich interessiert nicht die theologische Antwort – sondern der Mensch in dir, der fühlt.
Zentrale Punkte der Ausarbeitung von Matthäus 25,31–32
– Der König kommt. Und er trennt. Nicht willkürlich – sondern sichtbar.
- Jesus erscheint nicht mehr als der Leidende – sondern als König.
- Der Text beginnt mit einer Szene, die nicht spekulativ ist, sondern konkret: Jesus kommt als Richter in Herrlichkeit. Alle Engel sind dabei, alle Völker stehen vor ihm. Es ist kein Gleichnis – es ist Gericht.
- Matthäus beschreibt nicht ein Szenario, sondern eine Realität. Kein Bild, keine Andeutung. Der König sitzt – und er trennt.
- Die Trennung geschieht nicht nach Zugehörigkeit – sondern nach Sichtbarkeit.
- Das griechische aphorisei – „er wird sie trennen“ – ist kein willkürlicher Akt, sondern eine theologisch geladene Handlung. Gott trennt, wie er in Hesekiel zwischen Schaf und Schaf trennt – innerhalb der Herde.
- Das bedeutet: Es geht nicht um draußen und drinnen. Es geht um innen und sichtbar. Es ist eine Unterscheidung, die mitten in der Gemeinde geschieht.
- Der Übergang vom „Menschensohn“ zum „König“ markiert den Wendepunkt.
- Zuerst ist die Rede vom „Sohn des Menschen“ – dann aber wird er „der König“ genannt. Das ist mehr als ein Titelwechsel – es ist ein Vollmachtwechsel.
- Wer hier spricht, ist nicht mehr der Gekreuzigte, sondern der Verherrlichte. Und was er spricht, hat Gewicht für alle Zeiten.
- Das Gericht ist kein dunkler Nebel – sondern ein Licht, das sichtbar macht.
- Es geht nicht darum, ob jemand fromm gewirkt hat. Es geht darum, ob das Leben sichtbar gemacht hat, was im Herzen wohnt.
- Glaube bleibt nicht unsichtbar. Er zeigt sich. Oder er zeigt sich nicht.
- Jede*r wird persönlich angesprochen. Kein Kollektiv, kein System, keine Ausrede.
- Obwohl alle Völker versammelt sind, ist die Anrede individuell. Matthäus wechselt bewusst ins Maskulinum Singular – du.
- Das Gericht betrifft nicht Systeme, sondern Menschen. Mich. Dich. Uns. Und das bedeutet: Es gibt keine Verstecke.
Warum ist das wichtig für mich?
- Weil es mich aus der Zuschauerrolle holt.
- Es geht hier nicht um die Weltgeschichte, sondern um mein Leben vor Gott. Nicht als Theorie. Nicht irgendwann. Sondern jetzt.
- Weil es mein Bild von Gericht hinterfragt.
- Gericht ist hier nicht Drohung. Es ist Offenbarung. Es zeigt, was längst wahr war – und bringt ans Licht, was verborgen war. Und das kann trösten. Oder erschrecken.
- Weil ich mich nicht hinter Etiketten verstecken kann.
- Christlich sozialisiert, religiös engagiert, gut vernetzt – all das zählt hier nicht. Was zählt, ist das, was mein Leben von Jesus zeigt.
- Weil es mir Hoffnung gibt, dass Gerechtigkeit kommt.
- Wenn Jesus kommt, bleibt nichts im Dunkeln. Kein Unrecht unberührt. Kein Glaube unbemerkt. Kein Schmerz unbeantwortet. Das Gericht ist nicht der Albtraum der Frommen – es ist die Hoffnung der Übersehenen.
Der Mehrwert dieser Erkenntnis
- Ich lerne, die Ernsthaftigkeit des Evangeliums nicht als Bedrohung zu sehen, sondern als Wahrheit, die trägt.
- Ich werde erinnert, dass mein Glaube nicht in meinen Worten liegt, sondern in dem, was daraus sichtbar wird.
- Ich kann aufhören, Menschen vorschnell zu beurteilen – weil das Gericht zeigt, dass nur der König wirklich sieht.
- Ich darf mich selbst ehrlich fragen: Was wird sichtbar, wenn ich nicht hinschaue? Wenn niemand zusieht? Wenn keiner applaudiert?
Kurz gesagt:
Wenn Jesus wiederkommt, geht es nicht um die Frage, ob ich den richtigen Glauben definiert habe – sondern ob der Glaube in mir gelebt hat. Und das verändert alles.
*Die SPACE-Analyse im Detail:
Sünde (Sin): In diesem Schritt überlegst du, ob der Bibeltext eine spezifische Sünde aufzeigt, vor der du dich hüten solltest. Es geht darum, persönliche Fehler oder falsche Verhaltensweisen zu erkennen, die der Text anspricht. Sprich, Sünde, wird hier als Verfehlung gegenüber den „Lebens fördernden Standards“ definiert.
Verheißung (Promise): Hier suchst du nach Verheißungen in dem Text. Das können Zusagen Gottes sein, die dir Mut, Hoffnung oder Trost geben. Diese Verheißungen sind Erinnerungen an Gottes Charakter und seine treue Fürsorge.
Aktion (Action): Dieser Teil betrachtet, welche Handlungen oder Verhaltensänderungen der Text vorschlägt. Es geht um konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um deinen Glauben in die Tat umzusetzen.
Appell (Command): Hier identifizierst du, ob es in dem Text ein direktes Gebot oder eine Aufforderung gibt, die Gott an seine Leser richtet. Dieser Schritt hilft dir, Gottes Willen für dein Leben besser zu verstehen.
Beispiel (Example): Schließlich suchst du nach Beispielen im Text, die du nachahmen (oder manchmal auch vermeiden) solltest. Das können Handlungen oder Charaktereigenschaften von Personen in der Bibel sein, die als Vorbild dienen.
Diese Methode hilft dabei, die Bibel nicht nur als historisches oder spirituelles Dokument zu lesen, sondern sie auch praktisch und persönlich anzuwenden. Sie dient dazu, das Wort Gottes lebendig und relevant im Alltag zu machen.
