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Lukas 6:28 Rache war gestern: Beten für die, die dich hassen – klingt unmöglich? ist es aber nicht!

Einleitender Impuls:

Halt mal kurz an – Jesus sagt wirklich, dass wir denen, die uns das Leben schwer machen, Gutes tun sollen? Wie bitte?! Das geht gegen alles, was wir intuitiv fühlen, wenn uns jemand Unrecht tut. Aber genau hier liegt die Herausforderung: Statt auf Hass mit Hass zu reagieren, sollen wir mit Liebe kontern. Das klingt erst mal ziemlich schwer, aber es könnte der Schlüssel sein, der uns inneren Frieden schenkt. Nicht nur für die, die uns verletzen, sondern auch für uns selbst.

Stell dir vor, du betest für jemanden, der dir richtig wehgetan hat. Ja, das klingt absurd – aber genau das ist der Punkt. Durch dieses Gebet passiert etwas Großartiges: Dein Herz wird freier, Bitterkeit löst sich, und plötzlich beginnst du, die Dinge aus einer anderen Perspektive zu sehen. Es geht nicht darum, das Unrecht schönzureden, sondern darum, aus dem Kreislauf von Zorn und Groll auszubrechen. Und das!!! verändert nicht nur dich, sondern auch die Welt um dich herum.

Wenn dich diese radikale Idee herausfordert (und das tut sie!), dann lade ich dich ein, weiterzulesen.

Fragen zur Vertiefung oder für Gruppengespräche:

  1. Was empfindest du, wenn dir jemand Böses tut – und warum fällt es dir schwer, diese Person zu segnen?
  2. Wie könnte sich dein Leben verändern, wenn du anfängst, für deine „Feinde“ zu beten?
  3. In welchen alltäglichen Situationen könntest du einfühlsamer zuhören und dem anderen wirklich Verständnis zeigen?

Parallele Bibeltexte als Slogans:

Matthäus 5:44 — „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“

Römer 12:14 — „Segnet, die euch verfolgen; segnet, und flucht nicht“

1. Petrus 3:9 — „Vergeltet Böses nicht mit Bösem, sondern segnet“

Epheser 4:32 — „Seid freundlich und barmherzig, vergebt einander“

Und !? Möchtest du dich noch weiter in dieses Thema vertiefen? Im Anschluss findest du die Schritte die ich für diesen Impuls gegangen bin. Die Informationen hole ich mir meistens aus BibleHub.com damit auch du es nachschlagen kannst.


Hey, es freut mich, dass du tiefer in diesen Vers aus Lukas 6:28 eintauchen willst. Bevor wir den Vers betrachten, lass uns die Zeit mit einem Gebet starten:

Himmlischer Vater, danke, dass du uns durch dein Wort immer wieder herausforderst, über den Tellerrand hinauszusehen und nicht nur an uns selbst zu denken. Du rufst uns dazu auf, für die Menschen zu beten, die uns Böses tun, und für die, die uns beleidigen. Hilf uns, in solchen Momenten nicht auf unsere menschlichen Instinkte zu hören, sondern deinem Beispiel zu folgen und mit Liebe und Segen zu reagieren. Gib uns die Kraft, nicht mit Groll, sondern mit Gebet zu antworten, genau wie du es uns im Evangelium gezeigt hast.

In Jesu Namen beten wir,

Amen.

und nun, lass uns loslegen!

Der Text:

Zunächst werfen wir einen Blick auf den Text in verschiedenen Bibelübersetzungen. Dadurch gewinnen wir ein tieferes Verständnis und können die unterschiedlichen Nuancen des Textes in den jeweiligen Übersetzungen oder Übertragungen besser erfassen. Dazu vergleichen wir die Elberfelder 2006 (ELB 2006), Schlachter 2000 (SLT), Luther 2017 (LU17), BasisBibel (BB) und die Hoffnung für alle 2015 (Hfa).

Lukas 6,28

ELB 2006 segnet, die euch fluchen; betet für die, die euch beleidigen!

SLT segnet, die euch fluchen, und betet für die, welche euch beleidigen!

LU17 segnet, die euch verfluchen; bittet für die, die euch beleidigen.

BB Segnet die, die euch verfluchen. Betet für die, die euch beschimpfen

HfA Bittet Gott um seinen Segen für die Menschen, die euch Böses tun, und betet für alle, die euch beleidigen.

Der Kontext:

In diesem Abschnitt geht es darum, die grundlegenden Fragen – das „Wer“, „Wo“, „Was“, „Wann“ und „Warum“ – zu klären. Das Ziel ist es, ein besseres Bild von der Welt und den Umständen zu zeichnen, in denen dieser Vers verfasst wurde. So bekommen wir ein tieferes Verständnis für die Botschaft, bevor wir uns den Details widmen.

In Lukas 6 befinden wir uns mitten in einer der bekanntesten Lehren Jesu – der sogenannten Feldrede. Die Verse, die diesen Abschnitt umgeben, sind Teil eines größeren Gesprächs, das Jesus mit seinen Jüngern und einer großen Menschenmenge führt. Er spricht über die Grundprinzipien des Lebens im Reich Gottes und betont dabei Werte, die radikal anders sind als die gängigen Vorstellungen der damaligen Gesellschaft – und auch unserer heutigen.

Das zentrale Thema ist die Liebe, insbesondere die Liebe zu denen, die uns Unrecht tun. Die Aufforderung, „Gott um seinen Segen für die Menschen zu bitten, die uns Böses tun“ (Lukas 6:28 Hfa), steht in direktem Zusammenhang mit dieser radikalen Liebe. Jesus lehrt hier, dass die Werte des Reiches Gottes die menschlichen Instinkte und gesellschaftlichen Erwartungen durchbrechen. Anstatt Vergeltung oder Hass zu predigen, fordert er seine Zuhörer auf, eine Haltung der Gnade, Vergebung und des Gebets einzunehmen – selbst gegenüber Feinden.

Der religiöse und geistige Kontext ist die Erwartung des kommenden Reiches Gottes, das Jesus verkündet. Seine Botschaft war oft kontrovers, weil sie die bestehenden religiösen Strukturen und Vorstellungen der Pharisäer und Gesetzeslehrer infrage stellte. Diese lehnten seine radikale Auffassung von Gnade und Liebe oft ab, da sie an den buchstäblichen und rechtlichen Auslegungen des Gesetzes festhielten. Die Leute erwarteten einen politischen Messias, der die Römer vertreiben würde, aber Jesus stellte ein spirituelles Königreich in den Vordergrund, das durch Liebe und Demut bestimmt ist – eine Botschaft, die vielen schwer zu akzeptieren war.

Die Spannung ergibt sich auch aus der Tatsache, dass diese Lehre im krassen Gegensatz zur damals vorherrschenden Praxis stand. In der jüdischen Gesellschaft gab es strenge Regeln der Vergeltung, wie „Auge um Auge, Zahn um Zahn“. Jesus kehrt diese Logik um und fordert stattdessen, die Feinde zu lieben und für sie zu beten. Diese revolutionäre Botschaft traf auf gemischte Reaktionen: Einige nahmen sie mit offenen Herzen an, andere, besonders die religiöse Elite, sahen sie als Bedrohung für ihre Autorität.

In diesem Kontext lehrt Jesus nicht nur ein ethisches Prinzip, sondern er legt den Grundstein für eine neue Art des Lebens – ein Leben, das auf der bedingungslosen Liebe Gottes basiert, die auch in schwierigsten Situationen Segen für andere sucht.

Die Schlüsselwörter:

In diesem Abschnitt wollen wir uns genauer mit den Schlüsselwörtern aus dem Text befassen. Diese Worte tragen tiefere Bedeutungen, die oft in der Übersetzung verloren gehen oder nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Wir werden die wichtigsten Begriffe aus dem ursprünglichen Text herausnehmen und ihre Bedeutung näher betrachten. Dabei schauen wir nicht nur auf die wörtliche Übersetzung, sondern auch darauf, was sie für das Leben und den Glauben bedeuten. Das hilft uns, die Tiefe und Kraft dieses Verses besser zu verstehen und ihn auf eine neue Weise zu erleben.

Lukas 6:28 Ursprünglicher Text (Griechisch – Nestle-Aland 28)

εὐλογεῖτε τοὺς καταρωμένους ὑμᾶς, προσεύχεσθε περὶ τῶν ἐπηρεαζόντων ὑμᾶς.

Übersetzung von Lukas 6:28 aus dem griechischen Nestle-Aland 28 Text:

„Segnet die, die euch verfluchen, und betet für die, die euch misshandeln.“

Semantisch-pragmatische Kommentierung der Schlüsselwörter

  • εὐλογεῖτε (eulogeite) „segnet“: Das Verb „εὐλογεῖν“ bedeutet „Gutes zusprechen“ oder „Segen aussprechen“. Hier wird betont, dass Gläubige aktiv das Wohl derer suchen sollen, die ihnen schaden. Es fordert eine Haltung des Segnens statt der Vergeltung.
  • τοὺς καταρωμένους ὑμᾶς (tous katarōmenous hymas) „die euch verfluchen“: „καταράομαι“ bedeutet „verfluchen“ oder „Schlechtes wünschen“. Jesus fordert hier auf, sogar für diejenigen Gutes zu wünschen, die uns Böses wünschen.
  • προσεύχεσθε (proseuchesthe) „betet“: Dieses Wort betont das Gebet als eine Handlung der Fürbitte. Jesus lehrt hier, für diejenigen zu beten, die uns Unrecht tun, als Ausdruck der Liebe.
  • περὶ τῶν ἐπηρεαζόντων ὑμᾶς (peri tōn epēreazontōn hymas) „für die, die euch misshandeln“: „ἐπηρεάζω“ bedeutet „beleidigen, misshandeln, schlecht behandeln“. Jesus fordert dazu auf, diese Menschen im Gebet zu tragen, anstatt auf Gewalt oder Hass zu reagieren.

Ein Kommentar zum Text:

Der Text aus Lukas 6:28 führt uns mitten hinein in eine der revolutionärsten Lehren Jesu: die Feindesliebe. Jesus fordert seine Zuhörer auf, nicht nur Gutes für ihre Freunde und Familie zu tun, sondern auch für diejenigen, die ihnen Böses antun. Dieser Vers stellt eine tiefe Herausforderung für unser menschliches Verständnis von Gerechtigkeit, Vergeltung und Vergebung dar. Der Schlüssel zu dieser Lehre liegt in der radikalen Aufforderung, Feinde zu segnen und für diejenigen zu beten, die uns schlecht behandeln – ein Gedanke, der in der damaligen und heutigen Welt gleichermaßen provokativ ist.

Im Griechischen verwendet Lukas das Verb „εὐλογεῖτε“ (eulogeite), das „segnen“ bedeutet. Dieses Wort geht auf die Wurzeln „eu-“ (gut) und „logos“ (Wort) zurück, was so viel bedeutet wie „ein gutes Wort über jemanden sprechen“. Es fordert nicht einfach dazu auf, passiv freundlich zu sein, sondern aktiv einen positiven Segen über jemanden auszusprechen, selbst über diejenigen, die uns verfluchen („καταρωμένους“ – katarōmenous). Das ist ein radikaler Gedanke, denn in der menschlichen Natur liegt oft der Impuls, auf Flüche mit Flüchen oder zumindest mit einer Verteidigung zu reagieren.

Die Anweisung, für diejenigen zu beten, die uns „misshandeln“ (ἐπηρεάζοντες – epēreazontes), ist eine Erweiterung dieses Prinzips. Das griechische Verb „ἐπηρεάζω“ bezieht sich auf Beleidigungen oder Angriffe auf jemandes Integrität und Ansehen. Es umfasst also mehr als nur körperliche Gewalt, sondern auch seelische und emotionale Angriffe. Jesus sagt hier, dass wir nicht nur nicht zurückschlagen sollen, sondern aktiv für diese Menschen im Gebet eintreten sollen. Das Gebet ist in der jüdischen und christlichen Tradition eine mächtige Waffe des Glaubens, durch die man sich selbst und den anderen Gott anvertraut.

Dieser Ansatz steht im scharfen Kontrast zu dem, was in der Antike gängige Praxis war. Die Vorstellung von „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ (2. Mose 21:24) war ein festes Element der jüdischen Rechtsordnung und spiegelte den Sinn für Gerechtigkeit wider, der darauf abzielte, Schaden in einem fairen Maß zu vergelten. Es sollte verhindern, dass Vergeltung außer Kontrolle gerät und zu übermäßigen Strafen führt. Doch Jesus stellt dieses Prinzip auf den Kopf und fordert eine ganz andere Art der Gerechtigkeit, die sich nicht an menschlichen Maßstäben orientiert, sondern an der göttlichen Gnade.

Im Matthäusevangelium, Kapitel 5, in der Bergpredigt, finden wir eine ähnliche Lehre: „Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen“ (Matthäus 5:44). Dieser Gedanke ist in der gesamten christlichen Lehre von zentraler Bedeutung. Jesus fordert eine Ethik der Feindesliebe, die über das bloße „Nicht-Zurückschlagen“ hinausgeht. Es geht darum, das Wohl des Feindes zu suchen und ihn in die Fürsorge Gottes zu legen. Diese radikale Form der Liebe spiegelt das Wesen Gottes wider, der „seine Sonne aufgehen lässt über Böse und Gute“ (Matthäus 5:45). Gott selbst segnet alle Menschen, unabhängig davon, wie sie ihn behandeln, und Jesus ruft seine Nachfolger dazu auf, dasselbe zu tun.

Die theologische Tiefe dieser Lehre wird auch in anderen biblischen Texten sichtbar. In Römer 12:14 schreibt Paulus: „Segnet die, die euch verfolgen; segnet, und flucht nicht.“ Hier wiederholt Paulus die Worte Jesu und betont die transformative Kraft des Segens, selbst inmitten von Verfolgung. Paulus erklärt im selben Kapitel weiter, dass Rache nicht unsere Aufgabe ist: „Rächt euch nicht selbst, Geliebte, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben: Mein ist die Rache, ich will vergelten, spricht der Herr“ (Römer 12:19). Diese Worte erinnern daran, dass wahre Gerechtigkeit in Gottes Hand liegt und nicht in der unseren. Unsere Aufgabe ist es, in Liebe zu handeln, auch wenn es menschlich unmöglich erscheint.

Natürlich stößt diese Lehre bei vielen auf Widerstand. Es scheint unmöglich, für jemanden zu beten, der uns tief verletzt hat, der uns absichtlich Schaden zufügt oder unser Leben zur Hölle macht. Genau hier liegt die Spannung in Jesu Lehre: Es widerspricht unserer natürlichen Reaktion auf Unrecht und fühlt sich fast unfair an. Aber Jesus zeigt durch sein eigenes Leben, dass diese Art der Liebe nicht nur möglich, sondern auch kraftvoll ist. Am Kreuz betete er für seine Peiniger: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23:34). Dieses Gebet zeigt die ultimative Form der Feindesliebe und des Segens – und es kommt aus dem Mund dessen, der das höchste Unrecht erlitten hat.

Die ethische Herausforderung dieses Verses liegt auch in seiner praktischen Anwendung. Wie sollen wir für Menschen beten, die uns zutiefst verletzt haben? Hier ist es hilfreich zu verstehen, dass das Gebet nicht nur eine Handlung ist, die den anderen verändert, sondern auch uns selbst. Durch das Gebet für unsere Feinde wird unser Herz verwandelt. Es geht nicht nur darum, den anderen mit einem Segen zu bedenken, sondern auch unsere eigene Bitterkeit und unseren Zorn loszulassen und Gott die Kontrolle zu überlassen. Es wäre gut, wenn wir verstehen, dass dieses Gebet eine Form der Befreiung ist – für uns selbst und für den anderen.

In der modernen Welt mag diese Lehre von vielen als naiv oder weltfremd abgetan werden. Die Forderung, diejenigen zu segnen, die uns Schaden zufügen, widerspricht den üblichen gesellschaftlichen Normen. In einer Zeit, in der soziale Gerechtigkeit und individuelle Rechte im Vordergrund stehen, könnte es unangenehm erscheinen, den Gedanken der Feindesliebe und des Segens zu predigen. Doch genau hier liegt die Kraft des Evangeliums: Es fordert uns heraus, anders zu denken und anders zu handeln – nicht nach den Maßstäben dieser Welt, sondern nach den Maßstäben des Reiches Gottes.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Lukas 6:28 uns in eine tiefgreifende ethische und spirituelle Auseinandersetzung führt. Jesus lehrt eine Ethik, die sich nicht an Vergeltung oder Gerechtigkeit im weltlichen Sinne orientiert, sondern an einer radikalen Form der Liebe, die selbst die Feinde segnet und für sie betet. Diese Lehre fordert uns heraus, unser eigenes Herz zu prüfen und uns auf Gottes Wege des Segens einzulassen, auch wenn sie menschlich schwer fassbar oder gar unmöglich erscheinen. Es ist eine Einladung, in das Reich Gottes einzutreten und eine neue, transformative Art des Lebens zu entdecken, die auf Vergebung, Liebe und Gnade basiert.

Ergänzung aus der Perspektive der Einfühlsame Kommunikation

Ein spannender Ansatz, der perfekt zu dieser Lehre von Jesus passt, ist die Einfühlsame Kommunikation, wie sie Steven R. Covey in seinen Arbeiten betont. Covey spricht in seinem Buch Die 7 Wege zur Effektivität über das Konzept, „erst zu verstehen, dann verstanden zu werden“. Diese Idee greift den Gedanken von Empathie und Verständnis auf, der tief in Jesu Lehre der Feindesliebe verwurzelt ist.

Wenn wir uns mit dem Gedanken auseinandersetzen, für unsere Feinde zu beten und sie zu segnen, wie es in Lukas 6:28 beschrieben wird, dann bewegen wir uns weg von einer reaktiven Haltung – also der natürlichen Neigung, auf Hass mit Hass zu reagieren – hin zu einer proaktiven Haltung. Covey lehrt, dass wir zwischen Reiz und Reaktion einen Raum der Wahl haben. Genau in diesem Raum können wir entscheiden, wie wir auf die Misshandlung oder Beleidigung reagieren: Entweder mit Abwehr, Zorn oder, wie Jesus vorschlägt, mit einem Segen und Gebet.

Einfühlsame Kommunikation bedeutet, nicht sofort mit unseren eigenen Gefühlen und Bedürfnissen in den Vordergrund zu treten, sondern erst einmal zu versuchen, die Perspektive des anderen zu verstehen. Das passt perfekt zur Aufforderung, für unsere Feinde zu beten. Anstatt uns auf unseren Schmerz und Zorn zu konzentrieren, können wir durch das Gebet einen Moment der Einfühlung schaffen – für uns selbst und für die Person, die uns verletzt hat.

Ein Beispiel: Wenn jemand uns beleidigt, könnten wir – statt sofort mit Verachtung oder Ärger zu reagieren – innehalten und uns fragen: Was könnte diesen Menschen zu dieser Handlung bewegt haben? Welche Unsicherheiten, Ängste oder Verletzungen könnten hinter seinem Verhalten stehen? Covey betont, dass wahre Veränderung und echtes Verständnis nur durch Empathie möglich sind. Und genau das tut auch das Gebet: Es öffnet unser Herz für den anderen, selbst wenn dieser uns als „Feind“ erscheint.

Die Aufforderung Jesu, für unsere Feinde zu beten, wirkt daher fast wie eine Übung in einfühlsamer Kommunikation. Sie verlangt von uns, nicht nur das Verhalten des anderen zu sehen, sondern tiefer zu blicken – auf die Beweggründe, die verletzten Stellen und die Sehnsüchte, die auch hinter negativen Handlungen stehen können. Indem wir für diese Menschen beten, üben wir uns darin, sie nicht nur als Aggressoren, sondern auch als Geschöpfe Gottes zu sehen, die ebenso Liebe, Verständnis und Heilung brauchen wie wir selbst.

Diese Verbindung von Jesu Lehre und Coveys Prinzipien der einfühlsamen Kommunikation bietet uns eine kraftvolle Möglichkeit, Spannungen zu entschärfen und echte Veränderung zu bewirken – nicht nur im anderen, sondern vor allem in uns selbst. Es ist eine Einladung, über unser Ego hinauszuwachsen und die Welt durch die Linse der Liebe und des Verständnisses zu sehen, genau wie es Jesus in Lukas 6:28 fordert.

Die SPACE-Anwendung*

Die SPACE-Anwendung ist eine Methode, um biblische Texte praktisch auf das tägliche Leben anzuwenden. Sie besteht aus fünf Schritten, die jeweils durch die Anfangsbuchstaben von „SPACE“ repräsentiert werden:

S – Sünde (Sin):

In diesem Text geht es ganz klar um die menschliche Neigung zur Vergeltung. Unsere natürliche Reaktion, wenn uns jemand beleidigt oder schlecht behandelt, ist oft Zorn oder Rachegedanken. Doch diese Reaktion ist genau das, wovor uns Jesus hier warnt. Die „Sünde“ in diesem Zusammenhang ist der Wunsch, zurückzuschlagen, sich zu rächen oder den anderen ebenso zu verletzen. Es wäre gut, wenn wir uns bewusst werden, wie oft wir in diese Falle tappen. Dieser Text fordert uns heraus, diese Haltung zu hinterfragen und loszulassen – denn Vergeltung fördert kein Leben, sie zerstört Beziehungen und hinterlässt nur Wunden. Stattdessen dürfen wir uns auf Liebe und Vergebung einlassen, auch wenn es schwer fällt.

P – Verheißung (Promise):

Die Verheißung, die in diesem Text mitschwingt, ist eine implizite Zusage: Wenn wir segnen und für unsere Feinde beten, geschieht etwas, das unsere Vorstellungskraft übersteigt. Gott sieht, was wir tun, und er wird für uns sorgen. Es ist, als ob der Text sagt: „Du wirst die Last des Grolls loslassen und erleben, wie dein Herz frei wird.“ Es mag nicht sofort sichtbar sein, aber die Verheißung liegt darin, dass wir inneren Frieden finden, wenn wir loslassen und vergeben. Dazu passt auch Römer 12:21: „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“ Wenn wir uns auf Gottes Weg einlassen, dürfen wir darauf vertrauen, dass er Gutes daraus entstehen lässt.

A – Aktion (Action):

Konkret bedeutet dieser Text, dass wir anfangen sollten, für diejenigen zu beten, die uns verletzt haben. Es wäre gut, wenn wir uns Zeit nehmen, innezuhalten und über jemanden nachzudenken, der uns in der Vergangenheit Unrecht getan hat – und dann für diese Person zu beten. Vielleicht erscheint das erst unmöglich oder unangenehm, aber gerade hier steckt die Kraft des Evangeliums. Die Handlung, die hier vorgeschlagen wird, ist, bewusst einen Schritt in Richtung Vergebung zu gehen. Durch das Gebet für den anderen verändert sich unser Herz – wir können Frieden finden und loslassen. Es ist ein kleiner, aber entscheidender Schritt, den jeder von uns gehen kann.

C – Appell (Command):

Der Appell in diesem Text ist eindeutig: „Segnet die, die euch verfluchen, und betet für die, die euch schlecht behandeln.“ Es geht nicht darum, es perfekt zu machen oder sofort alle negativen Gefühle loszuwerden. Aber es wäre gut, wenn wir den Mut haben, diesen Weg der Liebe und Vergebung zu beschreiten. Es ist ein Appell, die Macht des Gebets zu nutzen, um Veränderung herbeizuführen – in uns selbst und vielleicht auch im Leben des anderen.

E – Beispiel (Example):

Das beste Beispiel für diese Haltung der Vergebung und Liebe ist natürlich Jesus selbst. Als er am Kreuz hing, inmitten unvorstellbaren Leids, betete er für seine Feinde: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ (Lukas 23:34). Dieses Beispiel zeigt uns, dass es möglich ist, sogar in den schwierigsten Momenten den Weg der Vergebung zu gehen. Es wäre gut, wenn wir uns daran erinnern, dass wir nicht alleine sind – Jesus selbst hat diesen Weg vor uns beschritten und lädt uns ein, seinem Beispiel zu folgen. Auch Stephanus, der erste christliche Märtyrer, tat dasselbe: „Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!“ (Apostelgeschichte 7:60). Beide Beispiele zeigen uns, dass es möglich ist, in der Liebe zu bleiben, selbst wenn uns Unrecht widerfährt.

Persönliche Identifikation mit dem Text:

In diesem Schritt stelle ich mir sogenannte „W“ Fragen: „Was möchte der Text mir sagen?“ in der suche nach der Hauptbotschaft. Dann überlege ich, „Was sagt der Text nicht?“ um Missverständnisse zu vermeiden. Ich reflektiere, „Warum ist dieser Text für mich wichtig?“ um seine Relevanz für mein Leben zu erkennen. Anschließend frage ich mich, „Wie kann ich den Text in meinem Alltag umsetzen/anwenden?“ um praktische Anwendungsmöglichkeiten zu finden. Weiterhin denke ich darüber nach, „Wie wirkt sich der Text auf meinen Glauben aus?“ um zu sehen, wie er meinen Glauben stärkt oder herausfordert. Schließlich frage ich, „Welche Schlussfolgerungen kann ich für mich aus dem Gesagten ziehen?“ um konkrete Handlungen und Einstellungen abzuleiten.

Manchmal stoßen wir auf Bibelverse, die uns wirklich herausfordern – und Lukas 6:28 ist definitiv so einer. Auf den ersten Blick könnte man denken: Segnet die, die euch verfluchen? Betet für die, die euch schlecht behandeln? Es fühlt sich fast unmöglich an. Doch je länger ich über den Text nachdenke, desto mehr erkenne ich, dass darin eine unglaublich befreiende Wahrheit steckt. Es geht nicht darum, die Welt mit all ihrer Ungerechtigkeit zu ignorieren oder passiv alles hinzunehmen. Der Text ruft uns vielmehr dazu auf, bewusst anders zu handeln – und das kann für uns selbst und andere einen echten Unterschied machen.

Wenn ich den Text auf mein Leben übertrage, merke ich zuerst den Widerstand. Es wäre leichter, Zorn und Groll festzuhalten. Doch genau hier liegt der Schlüssel: Jesus fordert uns auf, durch Segen und Gebet in eine andere Haltung zu kommen. Er spricht von einer Haltung, die sich den schwierigen Menschen und Situationen mit einem offenen Herzen nähert – nicht, um den Konflikt zu ignorieren, sondern um zu verstehen. Hier greifen die Prinzipien der einfühlsamen Kommunikation von Steven R. Covey perfekt ein: Anstatt sofort in den Verteidigungsmodus zu schalten, sollten wir uns bemühen, den anderen zu verstehen. Was sind seine Gefühle und Bedürfnisse? Was treibt ihn an? Wenn ich jemandem begegne, der mich verletzt, könnte ich versuchen, mir vorzustellen, was in seinem Inneren vorgeht. Es wäre gut, wenn ich mir die Zeit nehme, nicht nur auf das Verhalten zu schauen, sondern auf die tieferliegenden Gründe.

Diese Haltung des Segnens bedeutet, sich mit der anderen Person auseinanderzusetzen – und zwar nicht nur auf oberflächlicher Ebene, sondern wirklich zu versuchen, hinter ihre Handlungen zu blicken. Jesus sagt nicht: „Lass dir alles gefallen und ignoriere das Unrecht.“ Nein, er lädt uns vielmehr dazu ein, uns aktiv mit dem anderen auseinanderzusetzen, aber auf eine Art, die nicht auf Rache aus ist, sondern auf Verstehen und Veränderung. Wenn ich bete, tue ich genau das: Ich nehme die Person, die mir wehgetan hat, vor Gott. Ich lege ihre verletzenden Absichten und meine eigenen Wunden in seine Hände und öffne mich dafür, dass mein Herz geheilt wird.

Hier liegt die Spannung: Der Text bietet eine radikale Lösung für viele menschliche Spannungen – er fordert uns heraus, Liebe und Verständnis in Situationen zu bringen, in denen es uns am schwersten fällt. Aber diese Lösung ist in der Praxis oft alles andere als leicht. Es fällt uns nicht immer einfach, für jemanden zu beten, der uns tief verletzt hat. Doch genau an diesem Punkt erkenne ich, wie wichtig eine authentische Beziehung zu unserem himmlischen Vater ist. Ohne diese Verbindung würde mir die Kraft fehlen, so zu leben, wie dieser Text es vorschlägt. Wenn ich mich Gott anvertraue, weiß ich, dass er mir hilft, die nötige Geduld, Weisheit und Liebe aufzubringen.

In meinem Alltag bedeutet das, dass ich ganz bewusst die Entscheidung treffe, für die Menschen zu beten, die mir Schwierigkeiten bereiten. Es wäre gut, wenn ich, statt auf Ärger und Enttäuschung zu setzen, aktiv nach den Gefühlen und Bedürfnissen der anderen Person frage – im Gebet und in der Reflexion. Vielleicht ist die Person selbst verletzt, unsicher oder hat Angst, und ihre Handlung war ein Ausdruck davon. Diese Art des Segnens und Betens verändert nicht nur den anderen, sondern auch mich. Es gibt mir die Möglichkeit, Bitterkeit und Groll loszulassen und in Liebe zu antworten, anstatt auf Vergeltung zu pochen.

Die Schlussfolgerung, die ich aus diesem Text ziehe, ist, dass er mich nicht dazu auffordert, passiv zu bleiben oder Unrecht einfach zu akzeptieren. Stattdessen fordert er mich auf, aktiv in Liebe zu handeln – durch Segen und Gebet. Und das macht mich nicht schwach, sondern stark. Es wäre gut, wenn ich mich darauf einlasse, Menschen mit den Augen Jesu zu sehen und gleichzeitig in einer tiefen Verbindung zu Gott zu leben. Das Gebet öffnet den Raum, in dem Gott arbeiten kann – sowohl in mir als auch in den Menschen um mich herum.

Praktische Umsetzung: Einfühlsame Kommunikation im Umgang mit schwierigen Menschen

Wenn wir den Text aus Lukas 6:28 praktisch umsetzen wollen, müssen wir verstehen, dass das Segnen und Beten für andere oft eine tiefere Verbindung zu ihrem Innenleben erfordert – und hier kommt einfühlsame Kommunikation ins Spiel. Steven R. Covey bietet uns hilfreiche Schritte, die uns dabei unterstützen können, besser zuzuhören und das Herz des anderen zu verstehen, bevor wir reagieren.

  1. Mit der Absicht zuhören, zu verstehen: Oft hören wir nur, um zu antworten, nicht um wirklich zu verstehen. Wenn uns jemand verletzt, fällt es schwer, offen zuzuhören. Es wäre gut, wenn wir bewusst innehalten und den Fokus darauf legen, dem anderen wirklich zuzuhören – ohne darüber nachzudenken, was wir als Nächstes sagen wollen. Hier hilft aktives Zuhören: Augenkontakt halten, Nicken oder eine offene Körperhaltung signalisieren dem anderen, dass wir präsent sind. Und ganz wichtig: Nicht unterbrechen! Gib der anderen Person Raum, ihre Gedanken zu Ende zu bringen.
  2. Gefühle und Inhalt zurückspiegeln: Wenn du die Person besser verstehen möchtest, versuche das, was sie sagt und vielleicht fühlt, in deinen eigenen Worten zu wiederholen – so zeigst du, dass du wirklich zugehört hast. Dies hilft, nicht nur die Worte, sondern auch die Emotionen des anderen zu erkennen und zu reflektieren. So fühlen sich Menschen gehört und verstanden, was oft schon viel Spannung herausnimmt.
  3. Bewertungen und Ratschläge vermeiden: Wir alle neigen dazu, Ratschläge zu geben oder schnell zu urteilen. Aber Covey empfiehlt, dass wir erst dann einen Rat geben, wenn der andere wirklich verstanden wurde. Manchmal ist es besser, einfach nur zuzuhören, anstatt sofort zu reagieren. Es wäre gut, wenn wir bewusst darauf achten, keine schnellen Urteile zu fällen. Statt „Das ist doch gar nicht so schlimm“ könnten wir sagen: „Ich verstehe, dass das für dich gerade wirklich schwierig ist.“
  4. Geduldig sein und Fragen stellen: Geduld ist entscheidend in der einfühlsamen Kommunikation. Bevor du antwortest, stelle vertiefende Fragen, um sicherzustellen, dass du den anderen wirklich verstanden hast. Offene Fragen wie „Wie hast du dich dabei gefühlt?“ oder „Kannst du mir mehr darüber erzählen?“ geben dem anderen die Chance, sich vollständig auszudrücken und möglicherweise auch seine eigenen Gefühle klarer zu erkennen.
  5. Deine eigene Geschichte zurückhalten: Es wäre gut, wenn wir darauf verzichten, unsere eigenen Erfahrungen sofort ins Gespräch einzubringen. Oft meinen wir es gut, wenn wir sagen: „Mir ist das auch mal passiert…“, aber das kann den anderen schnell das Gefühl geben, nicht wirklich im Mittelpunkt zu stehen. Es ist hilfreicher, sich zunächst auf das Gegenüber zu konzentrieren und deine eigenen Erlebnisse später zu teilen, wenn es dem Gespräch dient.
  6. Mit offenem Herzen zuhören: Einfühlsames Zuhören bedeutet, mit echtem Mitgefühl und Offenheit zuzuhören. Versetze dich in die Lage des anderen, auch wenn du vielleicht nicht alle seine Erfahrungen teilst. Stelle Fragen wie „Was bedeutet das für dich?“ oder „Wie fühlst du dich wirklich dabei?“ – das zeigt, dass du nicht nur die Worte, sondern auch das emotionale Erleben deines Gegenübers verstehen möchtest.

Die Prinzipien der einfühlsamen Kommunikation geben uns Werkzeuge an die Hand, um den tiefen Herausforderungen, die uns Lukas 6:28 stellt, mit einer neuen Haltung zu begegnen. Sie helfen uns, nicht nur zu segnen und zu beten, sondern auch die Perspektive des anderen zu verstehen und so ein Klima der Vergebung und des Friedens zu schaffen.


*Die SPACE-Analyse im Detail:

Sünde (Sin): In diesem Schritt überlegst du, ob der Bibeltext eine spezifische Sünde aufzeigt, vor der du dich hüten solltest. Es geht darum, persönliche Fehler oder falsche Verhaltensweisen zu erkennen, die der Text anspricht. Sprich, Sünde, wird hier als Verfehlung gegenüber den „Lebens fördernden Standards“ definiert.

Verheißung (Promise): Hier suchst du nach Verheißungen in dem Text. Das können Zusagen Gottes sein, die dir Mut, Hoffnung oder Trost geben. Diese Verheißungen sind Erinnerungen an Gottes Charakter und seine treue Fürsorge.

Aktion (Action): Dieser Teil betrachtet, welche Handlungen oder Verhaltensänderungen der Text vorschlägt. Es geht um konkrete Schritte, die du unternehmen kannst, um deinen Glauben in die Tat umzusetzen.

Appell (Command): Hier identifizierst du, ob es in dem Text ein direktes Gebot oder eine Aufforderung gibt, die Gott an seine Leser richtet. Dieser Schritt hilft dir, Gottes Willen für dein Leben besser zu verstehen.

Beispiel (Example): Schließlich suchst du nach Beispielen im Text, die du nachahmen (oder manchmal auch vermeiden) solltest. Das können Handlungen oder Charaktereigenschaften von Personen in der Bibel sein, die als Vorbild dienen.

Diese Methode hilft dabei, die Bibel nicht nur als historisches oder spirituelles Dokument zu lesen, sondern sie auch praktisch und persönlich anzuwenden. Sie dient dazu, das Wort Gottes lebendig und relevant im Alltag zu machen.